„Tu einem Kind Ehre an und es wird auch dir Ehre antun“
Vortrag und Traktat von Rolf Horst und Claudia Bölling zur öffentlichen Veranstaltung „Debatten Experimentum Mundi“,
Pfingstsonntag den 15. Mai 2005,
in Zusammenarbeit mit NDR,
Veröffentlichung in „Kinderkultur und Kirche“, Prof. Dr. Roland Rosenstock
Weitere Teilnehmer:
Christina Rau
Mitglied im Stiftungsrat der Kindernothilfe-Stiftung
Beauftragte der Bundesregierung für die Koordination der deutschen Fluthilfe für Südostasien: „Partnerschafts-Initiative Fluthilfe“
Bundespräsident a. D. Johannes Rau
Dr. Marjaliisa Hentilä
Leiterin des Finnland-Instituts Deutschland
„Bildungsmodell Finnland“
Gerd Schneider
Direktor NDR-Landesfunkhaus
Dr. med. Hans-Joachim Maaz
Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychoanalyse,
Chefarzt des Diakoniekrankenhauses, Akademisches Lehrkrankenhaus der Mar-tin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,
Buchautor: „Der Gefühlsstau“; „Der Lilith-Komplex“; „Die Einheit beginnt zu zweit“; u. a.
Prof. Dr. Roland Rosenstock
Theologe, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Buchautor, Forschungsprojekt „Kinderkultur im Internet“
„Tu einem Kind Ehre an und es wird auch dir Ehre antun“
Mehr noch als üblicherweise bietet es sich im Schillerjahr (2005) an, einen Text zu einer Debatte über das Thema Kinder und Bildung und die Ehre des Kindes mit Friedrich Schiller zu beginnen. In seiner Schrift „Über das Erhabene“ schreibt er ganz kantisch: „Der Wille ist der Geschlechtscharakter des Menschen, und die Vernunft selbst ist uns die ewige Regel desselben. Eben deswegen ist des Menschen nichts so unwürdig, als Gewalt zu erleiden, denn Gewalt hebt ihn auf. Wer sie uns antut, macht uns nichts Geringeres als die Menschheit streitig; wer sie feigerweise erleidet, wirft seine Menschheit hinweg“.
Schiller spricht hier auch von der Erhabenheit („Über das Erhabene“), der menschli-chen Würde und Ehre:
Ehre – Respekt, Achtungswürdigkeit – gilt einzelnen Menschen, Kollektiven, Ideen und Taten: Ehre des Wissenschaftlers Albert Einstein und Ehre des Bergarbeiters, Ehre der Frauen, Ehre des Handwerks und Ehre des Kindes, Ehre des Wahren, des Guten, des Schönen, und Ehre des Angeklagten, Ehre der Opfer und Ehre der Toten, und „Ehre sei Gott in der Höh“ (das Neuen Testament zeigt, dass Jesus höchsten Wert auf die Ehre (doxa) dessen legt, der ihn gesandt hat (Joh, Röm), der Sohn verherrlicht den Vater (Joh). Im kultischen Sinn erscheint Christus als der Gott ehrende Hohepriester im Hebräerbrief. Und auch die Christen sind darauf bedacht, Gott die Ehre zu geben (Röm, 2 Kor). Christus fordert seine Jünger auf, Gott zu verherrlichen (Joh). „Möget ihr also essen oder trinken oder sonst etwas tun: tut alles zur Ehre Gottes“ (1 Kor). Das Neue Testament lehrt ausdrücklich Gott zu ehren: Doxologien (Apg, Röm, 2 Kor, Gal, 2 Thess, 1 Petr, Offb, 1 Tim). Und schliesslich gibt das Neue Testament eine Steigerung, oder Vertiefung, wenn es predigt, dass Gott Christus, sein Kind verherrlicht (Joh, Apg, 2 Thess, Hebr), und auch den Menschen verherrlicht (Röm, 1 und 2 Kor, 2 Thess): Gott setzt Christus und den Menschen in Eines mit seiner Doxa (wie umgekehrt Christus sagt: „Ich und der Vater sind eins“), mit der Herrlichkeit Gottes.
Die menschliche Ehre und Würde, die Menschenwürde gilt als unantastbar. In Deutschland ist die Verletzung der Ehre ein juristischer Begriff, der die Straftatbe-stände „Üble Nachrede“, „Verleumdung“ und „Beleidigung“ führt. Die Strafen hierfür können mit bis zu fünf Jahren Haft betragen.
Schiller spricht von „Wille“ als „Geschlechtscharakter des Menschen, und von „Ver-nunft“ als „die ewige Regel desselben“:
Kant definiert drei Elemente: Das sittlich Gute, die Freiheit des Willens und die Ma-xime des kategorischen Imperativs.
Und zwar bestimmt Kant seine Ethik als Pflicht, im Unterschied zu Aristoteles, der eine Ethik der Tugend lehrte.
Der kategorische Imperativ gebietet, Handlungen zu vollbringen, die nicht Mittel zu einem Zweck, sondern an sich gut sind. Wille und Vernunft zum Wahren, Guten und Schönen ist seit der Aufklärung nicht mehr nur Tugend, sondern Pflicht. Nach Schil-ler als „Geschlechtscharakter“ des Menschen und nach Kant: „Der Mensch ist unhei-lig genug, aber die Menschheit in seiner Person muss ihm heilig sein.“
Und der praktische Imperativ: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloss als Mittel brauchst.“
Schiller fährt dann fort:
„Eben deswegen ist des Menschen nichts so unwürdig, als Gewalt zu erleiden, denn Gewalt hebt ihn auf. Wer sie uns antut, macht uns nichts Geringeres als die Menschheit streitig; wer sie feigerweise erleidet, wirft seine Menschheit hinweg“.
Der Mensch ist eben nicht nur ein Vernunftwesen mit „biophilem“ Charakter, wie Erich Fromm schreibt, oder folgt nicht nur seinem „Herzklopfen für das Wohl der Menschheit“, wie Hegel schreibt, und wie er weiter ausführt, kann dies Herzklopfen für das Wohl der Menschheit in das „Toben des verrückten Eigendünkels“ überge-hen, welches Erich Fromm auch „Impotenz des Herzens“ nennt.
Der Mensch ist ein nur partielles Vernunftwesen, mit einem sinnlichen Willen ausge-stattetes Wesen. Sein Wille wird, nach Kant noch von Neigungen, die auf dem „Ge-fühl der Lust und Unlust beruhen“ bestimmt.
Sigmund Freud:
„Wir wissen, dass die Aufforderung zum Triebverzicht und die Durchsetzung des-selben Feindseligkeit und Aggressionslust hervorruft, die sich erst in einer späteren Phase der psychischen Entwicklung in Schuldgefühl umsetzt“ (deren Folge auch Gehorsam ist, d. Aut.), schreibt Sigmund Freud in „Zur Gewinnung des Feuers“. Und „wenn Freud sich die Frage stellt, ob es beim Menschen etwas dem `Instinkt der Tiere´ Vergleichbares gebe, so findet er dieses Äquivalent nicht in den Trieben, sondern eben in den Urphantasien“, Jean Laplanche, J.-B. Pontalis, „Urphantasie, Phantasien über den Ursprung, Ursprünge der Phantasie“.
Menschenopfer müssen zur Entspannung der Lage, zur Erleichterung des kollektiven Unbewussten her. Die Gründungsmorde, Urmorde sind die Opferungen von Sündenböcken, Sühneopfern, die als Symbole für das Böse das Böse austreiben sollen.
„Sind nicht die meisten Ehen der Art, dass man keinen Dritten als Zeugen wünscht? Und gerade dieser Dritte fehlt fast nie – das Kind – und ist mehr als ein Zeuge, näm-lich der Sündenbock“, schreibt Friedrich Nietzsche in „Morgenröte“.
„Es ist ein menschliches Bedürfnis, sich der eigenen Gewalt und der eigenen Span-nungen auf Sündenböcke zu entladen … In unserer Zeit wird der Mimetismus durch die augenblicklichen Kommunikationsmöglichkeiten und den Sensations-hunger der Medien verstärkt. Von daher wird dem Politischen soviel Bedeutung beigemessen, und von daher kommt fast immer seine grosse Feigheit, seine Neigung mit dem Strom zu schwimmen, wie Pilatus es tat, um der Wählerschaft willen und aus der Unfähigkeit heraus, sich seine eigene Meinung zu bilden … Der Glaube an die na-türliche Güte des Menschen endet, weil die Realität ihn immer enttäuscht, unweiger-lich mit der Jagd nach Sündenböcken“, sagt René Girard in „Wenn all das beginnt“.
Wenn das Kind nicht „pariert“, im Notfall hilft eine „Ohrfeige“, oder „eins hinten drauf“, „hat noch niemandem geschadet“, sagen laut einer Umfrage von 2004 56 % der Bundesbürger. Auch „Stubenarrest“ und „heute gibt es kein Abendessen“, ist beliebt.
Seit der Enttabuisierung der Kindesmisshandlung in den siebziger Jahren wurde im Jahr 2000 das Schlagen von Kindern gesetzlich verboten.
Aber nicht nur die körperliche Gewalt, gemäss des Themas, gegen Kinder, ist von Schiller gemeint, sondern wesentlich die Gewalt, welche sich gegen die an sich au-tonom-individuelle psychische und geistige Entwicklung des Kindes richtet, mittels autoritärer Gehorsams-Erziehungsmodelle, denen Schiller selber im Preussenstaat ausgesetzt war.
In Schillers Zeit der Aufklärung wurde Verstandesbildung als sittliche Bildung gefor-dert, Erziehung sollte in der Hand des Menschen liegen, das Kind als Kind gesehen werden, und die Schule sich aus der Bevormundung der Kirche lösen.
Kants berühmte Botschaft: „Aufklärung ist Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit … Sapere aude! Habe den Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“.
Jean Jacques Rousseaus „der Mensch ist von Natur aus gut“. Pestalozzis Erziehung zur Liebe, Sittlichkeit und Lebensbefähigung.
Und in der deutschen Klassik des Neuhumanismus und Bildungsidealismus war Menschenbildung, Humanität, der Weg zu sich selbst und die Universalität des Menschen höchstes Ziel.
Wilhelm von Humboldt wandte sich gegen ständisches Ausbildungswesen und staatlichen Einfluss, vertrat als Weg des Individuums die Selbstbestimmung.
Und der Philosoph Johann Friedrich Herbart forderte „Sittlichkeit durch Wissen“.
Maria Montessoris Modell heisst: „Hilf mir es selber zu tun“ mit eigenständigem Spiel, Unabhängigkeit und Selbständigkeit.
Janusz Korczak vertrat eine Pädagogik der Achtung, der Akzeptanz und des Ver-trauens.
Schliesslich priess die Reformpädagogik eine Reform der Schulen, weg von der Formalisierung mit hohem sozialen Engagement: Eigenständigkeit der Jugendzeit, verändertes Schulsystem um Schule und Beruf zusammenzuführen. So Gustav Wynekens „freie Schulversuche“, Ganztagsschulen, zusammen leben und arbeiten in den fünfziger und sechsziger Jahren des 20. Jahrhunderts.
Alexander Neil praktizierte mit „Summerhill“ eine Weiter-entwicklung der Reformpä-dagogik, bis hin später zur antiautoritären Erziehung.
Die reformpädagogische Bewegung von Peter Petersen mit der Jena-Plan-Schule, die heute in Holland um die zweihundert Schulen betreibt.
Anton Makarenkos Sozialistische Pädagogik praktizierte die Kollektiv-Methode, die individuelle Bedürfnisse im und durch das Kollektiv befriedigen (ähnlich Otto Rühle).
Schliesslich die pädagogischen Modelle von Rudolf Steiner der Waldorfpädagogik (Dreiheit des Menschen Geist, Seele, Leib; Entwicklung in 4 Stufen, alle 7 Jahre; Eurythmiebewegung); ähnlich Karl Königs „Camp-Hill-Bewegung“.
Im Nationalsozialismus wurde Erziehung im Sinne von Entfaltung der Persönlichkeit verworfen, statt dessen „Soldatische Tugenden“, Pflicht und Gehorsam bis in den Tod, Ideologisierung des Schulwesens und Jugend in Parteiverbände, durch Selektion.
Dazu Theodor W. Adorno: „Es hat das oberste Ziel aller Erziehung zu sein, dass Auschwitz nicht noch einmal sein kann“.
Franz Böhm schreibt 1954 in seinem Geleitwort der Studie des Frankfurter Instituts für Sozialforschung über die öffentlichen und nichtöffentlichen Meinungen im Nach-kriegsdeutschland:
„Die Bekenner nicht-öffentlicher Meinungen sind alles andere als schüchtern und verschwiegen. Sie sind durchaus geneigt, einem diese Meinungen sogar höchst herausfordernd oder aber mit sanft bohrender Eindringlichkeit ins Gesicht zu sagen … Die Leute wollen nicht wissen, wie Franzosen, Amerikaner, Russen usw. sind oder denken, was die Besatzungsmächte getan haben, was in den Konzentrationslagern Hitlers vorgegangen ist usw., sondern sie haben eine vorgefaßte und zwar durchgängig falsche Meinung davon und wehren sich mit Händen und Füßen dage-gen, die schlichte Wahrheit zu erfahren. Sie nehmen Belehrungen über diese Fakten auch gar nicht an. Sie bilden sich überhaupt ihre Urteile nicht von den Fakten her, sondern sie verbiegen die Fakten solange, bis sie zu den bereits vorgefassten Urtei-len passen … Ein sehr großer Teil von ihnen hat … eine Denkweise, die ursprünglich keineswegs volkstümliche Lehren und Denkweisen waren, sondern die Denkweise von Renaissance-Höfen, Herren und Überlagerern, die sich den Teufel um individu-elles Leid und um das Schicksal von Menschen kümmerten, die sich in den sozialen Sphären unterhalb der Regentenschicht herumtrieben. Hier ist in ganz großem Um-fang Herrendenken, und zwar schikanösestes und herzlosestes Herrendenken im Zuge der Jahrhunderte bei Müller und Schulze angelangt … Kanäle geben, auf de-nen die Meinungen der nicht-öffentlichen Meinung kursieren. Wahrscheinlich beste-hen diese Kanäle in Familien-, Bahn- und Kollegengesprächen … Denn das Denken der Eltern prägt sich den Kindern unauslöschlich ein, und die am Tisch mit Nach-druck geäußerten Vorurteile der Väter haben im Ohr der Kinder den Klang ehrwür-diger Weisheiten …
In diesem Zusammenhang stellen sich zwei Probleme: Welche Aussichten haben die besser geläuterten Ansichten der öffentlichen Meinung, sich gegen die schlecht gewaschenen und vielfach ausgesprochen übelriechenden Ansichten der nicht-öffentlichen Meinung durchzusetzen? Und welche Chancen haben umgekehrt die schlecht gewaschenen Ansichten der nicht-öffentlichen Meinung, der besser ge-läuterten öffentlichen Meinung mitsamt der Schicht, die redlich an ihrem Bestand und ihrer weiteren Läuterung arbeitet, den Garaus zu machen?“
Was ist Meinung?, Meinungs-Freiheit, Freiheit der eigenen Meinung?, Bildung der eigenen Meinung? „Die Wahrheit ist es“, schreibt Hegel, „vor der die Meinung er-bleicht… An diesem, woran dem Geiste genügt, ist die Grösse seines Verlustes zu ermessen“.
Das Wesen der Meinung ist das Nichtwissen, fehlende Reflexion über und um den „Gegenstand“. Meinung ist anstatt Wissen, der Ersatz. Deswegen sind viele über-zeugt von ihrer Meinung und sprechen dann von „das ist meine feste Überzeugung“.
Oder, um einen Zeitzeugen vor 2.000 Jahren zur Zeit Christi sprechen zu lassen, den Stoiker Epiktet:
„Nicht Tatsachen, sondern Meinungen über Tatsachen bestimmen das Zusammen-leben“.
Aus dem Altgriechischen bedeutet Meinung, schon bei Homer, vor ca. 2.800 Jahren, „Vermutung, Erwartung“, bei Aristoteles bestenfalls „was wahr scheint“, und von seiner etymologischen germanischen, keltischen, aslawistischen Wurzel her „wäh-nen“, „Wünschen“, „Verlangen“.
Und in einer weiteren altgriechischen Bedeutung wird Meinung erhoben zu „mass-geblicher Meinung“, und zwar als „Brauch, Konvention, Übereinkunft, Gesetzt“, näm-lich um etwa 500 v. Chr., zur Zeit der Entwicklung der griechischen Demokratie und damit erster Gesetzgebung, bekanntlich eine Demokratie die sich Sklaven hielt und diese von der Demokratie ausschloss, wie auch Frauen und Fremde, und die sich auf kolonialistische Ausbeutung stützte, Sündenböcke, Opfer (schöne Kunst hin, schöne Kunst her).
Bereits im Mutterbauch geht es nicht ganz so harmlos und paradiesisch zu. Zwar gibt es noch keine Objekt-Fixierungen, aber ins Blaseninnere strömt die kulturelle Ekstase-Kommunikation der Mediengeneration, infiltriert das Leben in der Blase: Innenwelt – Aussenwelt.
Der Mutterbauch ist für den Embryo in etwa das, was der Bunker für Menschen im Krieg ist. Die Präsenz der Aussenwelt bestimmt das atmosphärische Innenleben.
Hitler sagte 1934 in einer Rede vor der NS-Frauen-schaft: „Jedes Kind ist eine Schlacht“.
Arno Gruen schreibt in „Der Fremde in uns“ weiter:
„… dass es eine natürliche Feindschaft zwischen Säugling und Eltern gibt. Im Kampf der sogenannten Sozialisation muss das Kind dazu gebracht werden, sich dem Wil-len der Eltern zu unterwerfen, und daran gehindert zu werden, seinen eigenen Be-dürfnissen und Genüssen nachzugehen … eine Ideologie, die … typisch für alle grossen Zivilisationen ist. Diese besagt: Die Natur der Beziehung zwischen Kindern und Eltern ist die eines Machtkampfes, in dem verhindert werden soll, dass sich der `unreife´ Wille des Kindes durchsetzt. Verschleiert wird dabei aber, dass es nicht um `Zivilisieren´, sondern um die Festschreibung von Herrschaft geht. Die so geartete Sozialisation des Kindes soll dafür Sorge tragen, dass die Motivation zum Gehorsam gegenüber den Mächtigen tief in der menschlichen Seele verankert wird. Das geht aber nur, indem man die Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle, die dem Kind eigen sind, zum Schweigen bringt … Der Ursprung des Gehorsams ist also in den Prozes-sen zu suchen, die den Fremden in uns erzeugen“.
„Im NAMEN-DES-VATERS müssen wir die Grundlage der symbolischen Funktion erkennen, die seit Anbeginn der Geschichte seine Person mit der Figur des GE-SETZES gleichsetzt“, schreibt Jacques Lacan.
Der symbolische Vater ist der URSCHULDAHNE seit der Urhorde, den seine Söhne ermordeten und mit der Mutter inzestuös Nachkommen zeugten.
Der imaginäre Vater sind die Phantasie-Konstrukte, die das Subjekt um die Vaterfi-gur spinnt: als idealer Vater ist er der mächtige und gütige Beschützer, die prototy-pische Gott-Helden-Gestalt, und als bedrohlicher, gefürchteter Vater ist er das GROSSE NEIN.
„Identifizierung mit dem Angreifer“ heisst selber wie Vater werden und später sein – und auch das Leiden und die Ambivalenzen des Vaters tragen.
Und Jean Paul Sartre schreibt in „Die Wörter“:
„Es gibt keine guten Väter, das ist die Regel; Schuld daran soll man nicht den Men-schen geben, sondern dem Band der Vaterschaft, das faul ist. Kinder machen, aus-gezeichnet; Kinder haben, welche Unbill! Hätte mein Vater weitergelebt, er hätte mich mit seiner ganzen Länge überragt und dabei erdrückt. Glücklicherweise starb er sehr früh; inmitten so vieler Männer, die gleich dem Äneas ihren Anchises auf dem Rücken tragen, schreite ich von einem Ufer zum anderen, allein und voller Missachtung für diese unsichtbaren Erzeuger, die ihren Söhnen das ganze Leben lang auf dem Rücken hocken: ich liess hinter mir einen jungen Toten, der nicht die Zeit hatte, mein Vater zu sein, und heute mein Sohn sein könnte. War es ein Glück oder ein Unglück? Ich weiss es nicht; aber ich stimme gern der Deutung eines be-deutenden Psychoanalytikers zu: ich habe kein Über-Ich.“
Die antiken Sklaven waren keine freien, sich selbst eigenen Personen, die Marx-schen Arbeiter ebenfalls nicht, der „mündige, freie Bürger“ ist zum Ho-mo-Konsumismus geworden. Der Philosoph Hobbes sagte, eine Person gehört ent-weder sich selbst oder einem anderen. Und der Philosoph David Hume nannte den Menschen eine „Gespenstererscheinung“, der nach „Erlösung dürstende“ Mensch ist ständig „gestört“ und in „Angst“. Das Subjekt ist zwischen seinem Ich und seinem Anderen zerrissen.
Die wahre Seele ist die Gruppenseele, Weltseele in der der gesamte verfügbare Seelenstoff in Gruppenfunktionen aufgeht. Soziale Gruppen agieren wie Theater-gruppen, als Gruppentherapie. Menschen arbeiten ihre verlorene Zweiheit in Einheit mit der Mutter (die ganze Welt ist die Mutter, schreibt der Psychoanalytiker Geza Róheim; wir sprechen von die „Mutter Erde“, nicht von der Vater Erde; wir sprechen patriotisch-nationalistisch vom „Vaterland“, aber aus heimatliebe vom „Mutterland“ und von der „Mutter Heimat“; auch von Alma Mater, Mutterschiff, „Mutter-Konzern“ und „Tochterfirmen“) an den anderen als einverleibende „Personenverwechslung“ verzweifelt-aggressiv ab, indem sie diese zu Sündenböcken machen. „Der Schatten des verlorenen Objekts wird zum Kern des Ichs; ein Schatten, ein Gespenst“ (Nor-man O. Brown, „Love´s Body“).
Am Schlechtesten kommen dabei die Schwächsten der Gesellschaft weg – Kinder.
Schiller und Kant haben also insgesamt über Gewalt, Unterdrückung des freien Wil-lens, des Geistes und der Psyche, dieserart Gewalt gegen Schwächere, Abhängige, die Unterdrückung der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit, sowie die sogenannte „körperliche Züchtigung“ den Stab gebrochen:
„Wer sie uns antut, macht uns nichts Geringeres als die Menschheit streitig …“
Grundvoraussetzung der freien Entfaltung der Persönlichkeit ist Bildung, „Bildung des Herzens“ (Hegel), Bildung und Ausbildung des Geistes und Bildungsanleitung des praktischen Handelns.
Drei gesellschaftliche Gruppen sind zuständig: Eltern und staatliche und kirchliche Unterstützung, dann Kindergarten und Schule, und Öffentlichkeit (Politik, Medien, Wirtschaft, Kultur).
Wie steht es nach der Epoche der generellen Restauration in den 50ern, der 60er- und 70er-Epoche der Modernisierung und Hinterfragung von Erziehung, und dem „Diktat der leeren Kassen“ der 80er, heute mit den Chancen im Schul- und Bil-dungswesen? Wurde eine Neugestaltung nach der Wiedervereinigung verpasst?
Geht die sogenannte „Wissensgesellschaft“ den Weg humanistischer Bildung, oder wird diese durch technizistisches, instrumentelles Faktenwissen abgelöst?
Und wie ist es mit den momentanen ökonomischen und sozialen Verhältnissen der Familien? Nicht die Arbeit erhält ihr verdientes Äquivalent, sondern das Kapital streicht die Profite ein. Die Profite gehen nicht in den gesellschaftlichen Umlauf, sondern das Kapital macht sich damit ständig reicher, entlässt die am Erfolg des Unternehmens beteiligten MitarbeiterInnen und steigert Profit und Reichtum für sich selbst darüber hinaus.
Die „Involutionstendenz/Rückentwicklung demokratischer Systeme und Formen in vor- oder antidemokratische“ (Johannes Agnoli, „Die Transformation der Demokra-tie“) der komplexen politischen, gesellschaftlichen und ideologischen Prozesse in demokratischen Staaten, Parteien, Theorien/Ideologien und Bewusstseine seit dem 2. Weltkrieg ermöglicht es, die Planung der Warenproduktion, deren Distribution, deren Kommunikation und die Reglementierung der weltweiten Arbeitsmärkte oligo-pol zu organisieren, rechts-staatlich abgesichert und parlamentarisch-politisch kommuniziert von den politischen Moderatoren der Nationalstaaten.
Info von Unicef 3/2005:
„Kinderarmut in reichen Ländern steigt
Internationale UNICEF-Vergleichsstudie: Zunahme in Deutschland höher als in den meisten OECD-Staaten“
In den meisten reichen Nationen wächst der Anteil der Kinder, die in Armut leben. Eine neue UNICEF-Studie zeigt, dass sich die Situation von Kindern in 17 von 24 OECD-Staaten verschlechtert hat. Mit 2,7 Prozentpunkten ist Kinderarmut in Deutschland seit 1990 stärker gestiegen als in den meisten anderen Industrienatio-nen. Jedes zehnte Kind lebt hierzulande in relativer Armut, das sind mehr als 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. In den OECD-Staaten insgesamt wachsen über 45 Millionen Kinder in einer Familie auf, die mit weniger als 50 Pro-zent des Durchschnittseinkommens auskommen muss.
Deutliche Unterschiede zwischen den reichen Ländern
Der UNICEF-Vergleich zeigt krasse Unterschiede zwischen den reichen Ländern auf. Am niedrigsten ist die Kinderarmut in Dänemark und Finnland (unter drei Pro-zent). Besonders hoch ist der Anteil armer Kinder in den USA (über 20 Prozent). Deutschland liegt im Mittelfeld auf Platz 12. Vergleicht man die Entwicklung der Kin-derarmut seit 1990, fällt Deutschland aber auf Platz 18 von 24 OECD-Staaten zurück. Die Rate der Kinderarmut wächst hierzulande schneller als unter Erwachsenen und Kinder sind häufiger von Armut betroffen. Vor allem Kinder aus Zuwandererfamilien und Kinder Alleinerziehender leiden unter Armut. 40 Prozent der Kinder Alleiner-ziehender sind arm.
„Kinder sind in Deutschland kein Armutsrisiko. Alarmierend aber ist die überdurch-schnittliche Armut von Kindern Alleinerziehender und aus Zuwandererfamilien“, sagte Reinhard Schlagintweit, Vorsitzender von UNICEF Deutschland. „Die Bun-desregierung sollte mehr tun, um ein Auseinanderdriften der Gesellschaft zu verhin-dern – auch auf dem Gebiet der Bildung.“
„Die Regierungen haben es selbst in der Hand, ob Kinder in Armut aufwachsen müssen. Sie können ihre großen Probleme wie Arbeitslosigkeit nur in den Griff be-kommen, wenn sie Kinder vor Ausgrenzung und Benachteiligung insbesondere bei der Ausbildung bewahren“, sagte Peter Adamson, der Autor der internationalen UNICEF-Studie.
Die UNICEF-Studie zeigt einen klaren Zusammenhang zwischen der Höhe staatli-cher Aufwendungen und der Kinderarmut. In Ländern wie den USA und Italien, die weniger als fünf Prozent ihres Bruttosozialprodukts in Sozialleistungen investieren, leben über 15 Prozent der Kinder in relativer Armut. Staaten, die wie Dänemark, Schweden, Finnland oder Belgien mehr als zehn Prozent ihres Bruttosozialprodukts für Sozialleistungen ausgeben, schaffen es durchweg, Kinderarmut auf unter zehn Prozent zu drücken.
Doch die Höhe der Sozialausgaben entscheidet nicht allein über das Ausmaß von Kinderarmut. So geben zehn OECD-Länder, darunter auch Deutschland, einen un-gefähr gleich hohen Teil ihres Bruttosozialprodukts – zwischen sieben und zehn Prozent – für die soziale Absicherung von Familien aus. Trotzdem gibt es zwischen diesen Ländern beträchtliche Unterschiede bei der Armutsrate: Sie variiert von 3,4 Prozent in Norwegen über 10,2 Prozent in Deutschland bis zu über 15 Prozent in Neuseeland und Großbritannien. Oft fließen Sozialausgaben aber vorwiegend in Alters-vorsorge und das Gesundheitssystem.
Die vom RWI für UNICEF erstellte Teilstudie für Deutschland liefert erstmals eine Analyse der langfristigen Veränderungen von Kinderarmut auf der Basis von Haus-haltsdaten. In Westdeutschland hat sich Kinderarmut seit 1989 demnach mehr als verdoppelt – von 4,5 Prozent auf 9,8 Prozent in 2001. In Ostdeutschland hat sich der Anteil armer Kinder auf 12,6 Prozent in 2001 erhöht. Zwar reduziert die Bundesre-gierung durch Kindergeld, Steuererleichterungen und andere sozialpolitische Maß-nahmen die Kinderarmut erheblich. Doch sie tut weniger als andere Staaten und das mit nachlassender Wirkung. Die Folge: Kinderarmut steigt in Deutschland schneller als die Armutsrate im Schnitt der Bevölkerung und Kinder sind häufiger arm als Er-wachsene.
Unter Kindern aus Zuwandererfamilien verdreifachte sich in den neunziger Jahren die Armutsrate von fünf auf 15 Prozent. Dieser Zuwachs trägt maßgeblich zum Ge-samtanstieg bei.
Am häufigsten von Armut betroffen sind die Kinder Alleinerziehender. Kinder Allein-erziehender sind nicht nur häufiger arm, sondern bleiben es auch über längere Zeit-räume. Ihre Chance, der Armut wieder zu entkommen, liegt deutlich niedriger als bei allen anderen untersuchten Bevölkerungsgruppen. Zum Vergleich: Paare mit bis zu zwei Kindern sind nur zu etwas mehr als drei Prozent von Armut betroffen.
Kinderarmut lässt sich nicht nur am Einkommen festmachen. Kinder aus armen Fa-milien sind in vieler Hinsicht benachteiligt und ausgegrenzt. Neben dem Mangel an materiellen Dingen fehlt es oft an Zuwendung, Erziehung und Bildung. Kinder aus armen Familien haben häufiger gesundheitliche Probleme – verursacht durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel. Sie können sich im Unterricht nicht konzentrie-ren und brechen öfter die Schule ab. Bei Kindern ausländischer Eltern kommen Sprachprobleme hinzu. Sie leben häufiger in beengten Wohnverhältnissen, in ver-nachlässigten Stadtteilen mit schlechten Schulen und unzureichenden sozialen An-geboten. Mangelhafte Ausbildung und folglich schlechte Berufschancen sowie Tee-nagerschwangerschaften zementieren Armutsbiografien.
Was getan werden muss: Der UNICEF-Bericht gibt den Regierungen klare Empfeh-lungen, was sie tun sollten, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen.
Jede Regierung muss ihre Haushalts- und Sozialpolitik nach den Bedürfnissen von Kindern ausrichten und dabei vor allem auf das Zusammenwirken der Faktoren achten, die das wirtschaftliche Wohlergehen von Kindern bestimmen: Familie, Markt und Staat.
Für die Reduzierung von Kinderarmut muss jede Regierung Ziele und Zeitvorgaben festsetzen: Eine ähnliche Ausgangslage wie in Deutschland gibt es in Schweden. Mit seiner Sozialpolitik schafft es der Staat dort, Kinderarmut auf nur 3,4 Prozent zu senken, das ist ein Drittel der Rate in Deutschland.“
DIE ZEIT, 4.5.2005, Günter Grass:
„Bei gleichzeitigem Gejammer über drohende Vergreisung und papageienhaft wie-derholten Forderungen, mehr für Jugend und Bildung zu tun, leistet sich die Bun-desrepublik – das immer noch reiche Land – einen Zuwachs von beschämendem Ausmass, `Kinderarmut´ genannt.“
Willkür und Macht über, und das Gefühl des Besitzens von Menschen, ekstatisiert das Selbstwertgefühl des Ausübers. Arno Gruen schreibt: „Dieser Art von Magie verfällt ein Täter ohne Person, und er muss seine Opfer zu Unpersonen machen“. … „Hinter dem Trieb nach Grösse steht jedoch die Unfähigkeit, mit Hilflosigkeit umzu-gehen. Und diese Unfähigkeit lässt das Schamgefühl verkümmern. Menschen, die fähig sind, sich zu schämen, werden aus Grossmanssucht weder die Natur noch das Leben missachten. Der Schlüssel zur menschlichen Natur liegt deswegen nicht im Schuldgefühl, sondern in der Scham darüber, dass Menschen im Namen des Menschseins das Leben zerstören. … Dieses unheilvolle Bündnis zwischen Ver-zweiflung, die nicht eingestanden werden kann, und Machttrieb, verbunden mit der Notwendigkeit, andere zu verachten und zu demütigen, ist wohl so alt wie die Ge-schichte der Menschen … Aber was ist Geschichte, wenn nicht Glorifizierung von Gewalt, Mord, Diebstahl und Vergewaltigung?“
Weiter Günter Grass:
„… die Zukunft von mehr als einer Million Kindern, die in verarmten Familien auf-wachsen, bleibt weiterhin verhängt. Wer auf diesen Missstand und auf weitere ins soziale Abseits gedrängte Menschen hinweist, wird von alerten Jungjournalisten günstigstenfalls als `Sozial-romantiker´ verspottet, in der Regel jedoch als `Gut-mensch´ diffamiert. Fragen nach den Gründen für die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich werden als `Neiddebatte´ abgetan. Das Verlangen nach Gerechtigkeit wird als Utopie verlacht. Der Begriff Solidarität findet sich nur noch in der Rubrik Fremdwörter“.
René Girard, „Wenn all das beginnt …“, ein Gespräch mit Michel Treguer:
„Am Anfang unseres Gesprächs sagten Sie, es würde in den mächstigsten Ländern nur einiger bedeutender Menschen guten Willens bedürfen, um `die Menschheit wieder auf die richtige Bahn zu lenken´, um die Reichen dazu zu bewegen, die Ar-men zu ernähren, etc. Die Schwierigkeit besteht darin, den Mimetismus umzudrehen, ihn in den Dienst des Guten und nicht weiterhin in den des Bösen zu stellen: mehrere Menschen, alle, müssten sich gleichzeitig ändern, gleichzeitig gut und barmherzig werden …
René Girard: Es gäbe nichts Leichteres, wenn wir nur wollten: wir wollen aber nicht. Die Menschen mit ihrem konstanten Paradox, ihrer Unschuld und ihrer Schuld zu verstehen, läuft darauf hinaus, zu begreifen, dass wir alle für diesen Zustand ver-antwortlich sind, da wir, im Unterschied zu Christus, nicht daran sterben“.
Holger Freiherr von Dobeneck über Peter Sloterdijk: „… möchte den Menschen aus den Systemzusammenhängen der Konkurrenz und des Neides nehmen, das den Weltnexus aller seelischen Verkrüppelungen darstellt … durch die kaputte Struktur unserer westlichen Familienform … Familien immer wieder ungeliebte Wesen in die Welt setzen, die in ihr dann nur destruktiv wirken. Eine unwillkommene Wahrheit, die die seit vier Generationen betriebene Psychoanalyse ergibt, dass wir uns in einer Welt der ungeliebten Kinder befinden. Dies ist ein Unheilskomplex, den man unter-brechen muss.“
Der vom Heiligen Geist `gezeugte´ Gottes-Sohn, der sich selbst auch „Men-schen-Sohn“ und „Sohn des Menschen“ nannte, sagte auf seinem Weg zum Kreu-zestod:
„Es folgte ihm aber eine große Menge des Volkes und viele Frauen, die ihn betrau-erten und beklagten. Jesus jedoch wandte sich zu ihnen um und sprach: Ihr Töchter Jerusalems, weinet nicht über mich; weinet vielmehr über euch und über eure Kin-der! Denn siehe, es kommen Tage, wo man sagen wird: Selig sind die Leiber, die nicht geboren haben, und die Brüste, die nicht gestillt haben. Dann wird man anfan-gen, zu den Bergen zu sagen: Fallet auf uns! und zu den Hügeln: Bedecket uns!“ (Lucas, 26)
Und wieder Schiller:
„Über die ästhetische Erziehung des Menschen“
„Der gebildete Mensch macht die Natur (psychische Natur, d. Aut.) zu seinem Freund und ehrt ihre Freiheit, indem er bloss ihre Willkür zügelt. Wenn also die Vernunft in die psysische Gesellschaft ihre moralische Einheit bringt, so darf sie die Mannigfaltigkeit der Natur nicht verletzen. Wenn die Natur in dem moralischen Bau der Gesellschaft ihre Mannigfaltigkeit zu behaupten strebt, so darf der moralischen Einheit dadurch kein Abbruch geschehen; gleich weit von Einförmigkeit und Verwir-rung ruht die siegende Form. Totalität des Charakters muss also bei dem Volke ge-funden werden, welches fähig und würdig sein soll, den Staat der Not mit dem Staat der Freiheit zu vertauschen.“
Rolf Horst und Claudia Bölling