Das Humanistische Manifest

Ist Frieden …

… wünschenswert und möglich?, … und zeitgemäss und modern?

Frieden hat für manche Menschen und Gruppen auf den ersten Blick etwas weltfremdes, gar `spinnertes´ und unglaubwürdiges, wird als `esoterisch´ und „Friede, Freude, Eierkuchen“ empfunden.
Einige glauben noch an Frieden und halten ihn für möglich, andere nicht mehr: „Wann hat es je Frieden gegeben?“, „Das wird nie was!“

Die allgemeinen menschlichen Erfahrungen zeigen, dass Frieden schwierig zu haben ist, sowohl im einzelnen Menschen, innerer Frieden, wie zwischen den Menschen,
zwischen Generationen, Gesellschaften und Nationen, äusserer Frieden.

Weil verborgene Gewalt in Familien und öffentliche Gewalt auf Strassen und Gewalt und Krieg und Terror in und zwischen Gesellschaften als Normalität wächst,
ist es an der Zeit `Das Prinzip Frieden´ zu erfahren, – von der Frühgeschichte und Antike, über das Mittelalter und die Neuzeit bis in die Moderne und Gegenwart,
– und zu kommunizieren als Trend.

Die Trends und Megatrends Alkoholfrei, Gesundheit, Tierwohl, Bildung/New Learning, Freiheit, Natur, Neoökologie, Selbstverwirklichung, Individualisierung,
Frauen (Female-Shift), Mobilität, Senioren (Silver-Society), New Work etc. etc. werden erweitert durch die Grundkategorie „Frieden“, und zeitgemäss modern: PEACEing.

… aber wäre Frieden wettbewerbstauglich und profitabel?, … innovativ und nachhaltig?

„Kaufen, wenn die Kanonen donnern, verkaufen, wenn die Violinen spielen“, schrieb der Bankier und Finanzier der Armeen des Duke of Wellington und der Österreichischen Armee,
Carl Meyer von Rothschild.

„Aus Sicht von Thomas Böckelmann, Geschäftsführer der Veitsberg Gesellschaft für Vermögensbetreuung in Ravensburg, führt es zu nichts,
sich gegen geopolititische Katastrophen absichern zu wollen. `Für mich sind Kriege Black-Swan-Ereignisse, also unbekannte Unbekannte´, sagt der Portfolio-Manager.
Regeln gebe es da nicht. Der beste Vermögensschutz ist nach Meinung von Böckelmann ein intelligenter und ausgewogener Mix aus mehreren Anlageklassen.
Im übrigens hoffe er, `… dass die Menschheit Umgangsformen entwickelt, die militärische Konflikte weniger wahrscheinlich machen´“, Artikel von Daniel Eckert,
Autor und Wirtschafts- und Finanz-Journalist, in Tageszeitung DIE WELT, Mai 2014.

„Krieg ist aller Dinge Vater, …
aller Dinge König. Die einen erweist er als Götter, die anderen als Menschen, die einen macht er zu Sklaven, die anderen zu Freien“,
Heraklit, Fragment B 53

Zu Zeiten Heraklits von Ephesos, um 520 – 460 vuZ., waren Kriege zwischen Städten, Dörfern, Landstrichen, Inseln, Ländern/Staaten, Königreichen,
Stadtstaaten in Griechenland, Italien, Kleinasien, Vorderasien, Persien, Nordafrika etc. Normalzustand – wie heute.
Nach dem fast dreissigjährigen Peloponnesischen Krieg zwischen Athen und Sparta, 431 v. Chr. bis 404 v. Chr., begann man die Kriegszustände anzuzweifeln,
durch die Kriege war die Demokratie in Gefahr geraten und es gab mehrere Versuche die Idee des „Allgemeinen Friedens“ in eine andauernde „Friedensordnung“ zu wandeln:

„Dies, Athener, ist also die Unterscheidung, die ich treffe zwischen den beiden: Friede bedeutet Sicherheit für das Volk, Krieg unvermeidlichen Verfall“,
Thukydides, 460 – 395 v.u.Z., Athenischer Historiker, „Geschichte des Peloponnesischen Krieges.

„Alle Kriege entstehen um den Besitz von Geld und Gut“,
Platon, 427/8 – 347/8 v.u.Z., Athener Philosoph, „Politeia“/“Nomoi“.

„Denn niemand ist doch so unvernüftig, dass er , vor die Wahl gestellt, den Krieg dem Frieden vorzöge, denn im Frieden begraben die Söhne ihre Väter,
im Krieg aber die Väter ihre Söhne“
Lydische König Kroisos zu Perserkönig Kyros, Herodot, 1, 87, 2ff zitiert Homer, „Illias“ 24, 483 f

Mit „Krieg ist aller Dinge Vater …“ hatte Heraklit keineswegs für Krieg plädiert. Vielmehr weil das Schöpferische nur durch Gegensätze möglich ist,
Gegensätze in Spannung zu- und miteinander, Dialektik, Werden, Bewegung, Prozess-Denken, Widerspruch in sich … tritt sein Philosophieren als Selbstsuche
des Menschen nach Harmonie auf … weil „seine eigene Art ihm sein Dämon“ ist.
Daher das Wort von Willi Brand: „Nicht ist Krieg Vater aller Dinge sondern Frieden“.

So der Frieden der inneren Ruhe und der Friedfertigkeit mit anderen Menschen im Christentum: „Friede sei mit euch!“, „Selig sind die Friedfertigen“,
„Selig sind die Friedensstifter, sie werden Gottes Söhne heißen“, und im Johannesevangelium (20,19-29) heißt es zu Jesus von Nazareth:
„Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus,
trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!“

„Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen“
Albert Einstein, 1879 – 1955

„Aggressionen waren zu der Zeit, als wir in Höhlen lebten vermutlich ein Vorteil. Wir brauchten sie, um mehr Nahrung zu bekommen, um unser Territorium zu verteidigen
oder mehr Partner zu gewinnen, mit denen wir uns fortpflanzen konnten. Doch jetzt drohen unsere Aggressionen uns alle zu zerstören.
Wir müssen unsere Aggressionen durch Mitgefühl ersetzten.“
Stephen Hawking, 2015

… ist Frieden innerlich oder äusserlich zu verwirklichen?, … und überhaupt intelligent und vernüftig?

Immanuel Kant trennt Freiheit in psychologische Freiheit, die abhängig ist von inneren Zwängen und niedrigen Affekten, und in transzendentale Freiheit,
welche dem Menschen selbständiges Handeln ermöglicht, und schliesslich praktische Freiheit, das moralische Gesetz, welches notwendig einen freien Willen setzt,
als autonome Selbstgesetzgebung: Vernunft und Verantwortung.

„Zur inneren Freiheit werden zwei Stücke erfordert: seiner selbst in einem gegebenen Falle Meister und über sich selbst Herr zu sein, d. i. seine Affekte
zu zähmen und seine Leidenschaften zu beherrschen“,
Immanuel Kant, „Die Metaphysik der Sitten“, §539; 1797.

„Das praktische Gesetz ist die Gesetzmäßigkeit, die herrschen würde, wenn bei allen vernünftigen Wesen die Vernunft die volle Gewalt über den Willen hätte,
und nicht unsere Neigungen.“ … „Der gute Wille ist allein durch das Wollen gut.“
Immanuel Kant, „Was ist Aufklärung?“.

Blaise Pascal lehrte, dass der Gebrauch des Verstands nur mit einer „Logik des Herzens“ möglich wäre.

Adam Smith erklärte zu Tugenden: Klugheit, Gerechtigkeit und Güte. Mitmenschlichkeit, Sympathie ist seine sittliche Grundlage,
derart für einen wirtschaftlichen Markt mit einer Harmonie zwischen Produktion, Lohn, Preis, Konsum.

„Der Freund des Gesprächs aber ist der Freund des Friedens, der nur auf dem Gespräch der Menschen miteinander ruhen kann“,
Richard von Weizäcker, Rede auf dem Weltkongress der Germanisten in Göttingen 1985

„Da Krieg in den Köpfen der Menschen entsteht, muss auch der Frieden in den Köpfen der Menschen verankert werden …
„Frieden entsteht in den Köpfen der Menschen“, UNESCO, „Die Natur des Konflikts“

Frieden, Peaceing soll nicht nur, wie vom Philosophen Baruch de Spinoza um siebzehnhundert erstmals angesprochen als „Abwesenheit von Krieg“, Gewalt,
erfahren werden, vielmehr Friedlichkeit, PEACEing „die aus der Stärke der Seele entspringt“ (Spinoza),
in Familien, in öffentlichen Räumen, zwischen Gesellschaften und Völkern – ohne Zusammenhang mit Gewalt kommuniziert werden.

Die Geschichte friedlichen Geistes und Handels, Bewusstsein für inneren Frieden des einzelnen Menschen und für äusseren Frieden zwischen Menschen,
Gesellschaften, Völkern ist so alt wie die Geschichte von Gewalt und Krieg –
Immanuel Kant in: „Was ist Aufklärung?“

„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“,
„Wage zu Wissen“,
„Friede ist das Meisterstück der Vernuft“
Immanuel Kant, „Zum ewigen Frieden“,
2015/16 vor 220 Jahren.

… aber ist Frieden denn geil und fun?, … anregend und bildend? … lebendig und kommunikativ?

„Wer selbst keinen inneren Frieden kennt, wird ihn auch in der Begegnung mit anderen Menschen nicht finden“ … „innere Abrüstung“,
Tendzin Gyatsho 14. Dalain Lama

„Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden“,
Jimmi Hendrix, 1942 – 1970

„Ein guter Kopf und ein gutes Herz sind immer eine großartige Kombination“,
Nelson Mandela

„An den Frieden denken heißt, an die Kinder denken“,
Michail Gorbatschow

Aber nicht nur Macht und Ohnmacht und Gewalt und Krieg haben Geschichte,
auch Hoffnung, Phantasie, Vernunft und Frieden.

Seit tausenden Jahren machen Menschen Geschichte. Geschichte mit der sie sich selbst das Fürchten lehren. Macht und Ohnmacht,
Krieg und Gewalt und Kommunikation derselben zwischen Menschen, Gesellschaften, Völkern zieht sich durch die Geschichte.
Und:
Weil gegenwärtig das Zivilisationsniveau und der Lebenssinn sinkt, ist es an der Zeit die Geschichte des bisher ungeläufigen Prozesses
von Jahrtausende Kultur- und Zivilisations-Geschichte der Friedensbemühungen von Menschen und Menschengruppen und Völkern und ihre nie
geendeten Wünsche und Gedanken, Worte und Schriften, Künste und Taten … für Frieden zu erfahren und zu kommunizieren:

… das menschliche Geschlecht im Fortschreiten zum Besseren immer gewesen … und so fernerhin fortgehen werde“,
Immanuel Kant, „Streit der Fakultäten“.

 

Anhang (in Arbeit)

Die Geschichte des Erinnerns ist die Zukunft der Geschichte

Seit tausenden Jahren machen Menschen Geschichte. Geschichte mit der sie sich selbst das Fürchten lehren. Macht und Ohnmacht, Krieg und Gewalt
und Kommunikation derselben zwischen Menschen, Gesellschaften, Völkern zieht sich durch die Geschichte.

Diese Geschichte wird verwaltet, erforscht und präsentiert, gelehrt, verschiedentlich ritualisiert, in Büchern, Archiven, Museen, Ausstellungen.
Derart wird Geschichte auch definiert als Produkt von rückbesinnender Geschichtsforschung und belebt tote Materie. Diese Art Wissensspeicherung
birgt die Gefahr von Identitätszwang der Archive in sich.

Das Leben der Menschen wird in der gegenwärtigen Epoche des Befremdens angesichts ekstatischer Langeweile und Überdruss bis zu Sinnlosigkeitserregungen
selbst zur musealen Ausstellung, fremd (xenologisch) wie das Da-sein.

In den alten Zeiten des beginnenden Denkens und Dichtens verliessen sich die Denker und Dichter hinsichtlich des gesprochenen Wortes und der mündlichen
Überlieferungen auf ihr Gedächtnis. Es gab keine Bücher, keine Ton- und Filmkommunikation.
Das „Erinnernde“ und „Sinnende“ erfuhr höchsten Respekt in der mythologischen Konstruktion der Musen als Göttinnen der schönen Künste, der Musik, Literatur,
Philosophie, der Astronomie und der Geschichte, die durch den höchsten Gott Zeus selber mit der Titanin Mnemosyne als deren Töchter gezeugt wurden.
Der Welt den Kopf gerader rücken helfen ist Aufgabe mit der „Weisheit für Übermorgen“, wie Nietzsche in seinem Nachlass schreibt, – für das Wohl der Menschheit.

Reflexion über Geschichte der Gesellschaften ebnet einen Kontext der individuellen Lebensgeschichten und Einsichten in Wesen von Existenz eröffnet Geschichtsbewusstsein,
welches das selbständige Denken und autonome Handeln befördert.

Der Begriff „autonom“ steht für Willensfreiheit, Freier-Wille. Während „alle Dinge müssen, ist der Mensch das Wesen, welches will“,
schreibt Schiller in, „Über das Erhabene“.
Die erste historisch bekannte Reflexion über Wollen, Wille, Freier-Wille leistete der antiken Dichter Homer, welcher um etwa 700 vuZ. den Begriff „hekóon“ einführte,
der soviel wie freiwillig, aus eigener Absicht, nach seiner Natur handelnd bedeutet. Der Philosoph Platon schreibt, dass der freiwillig Handelnde nichts Schlechtes tun kann,
da der Begriff freiwillig keine relevante Unwissenheit voraussetzt, oder, wie sein Schüler Aristoteles ergänzt, auch keinen Zwang. Freiwillig ist freier Wille aufgrund von Wissen
um dasjenige, wofür man freiwillig eintritt und handelt.

Der Atomist Demokrit entwickelt um 400 vuZ. über die indifferenten Triebe hinaus ein Sollen als gesellschaftlich zwischenmenschlich Wahres und Gutes, Einsicht in sittliche Gesinnung,
und zwar unabhängig davon, ob es angenehm, erfreulich, fun und einträglich, profitabel ist oder nicht.

Sokrates dann setzte Freiheit als Begriff, in dem diese als das beste Tun gelten sollte. Der Mensch wurde bestimmt als freies Wesen, welches seine Entscheidungen für oder
gegen sittliches Handeln selbstständig treffen kann, in dem er durch Selbstforschung – „Erkenne dich selbst“ – und Selbstbeherrschung zur Autonomie gelangt.
Jedoch ist es nicht das Wissen des Menschen, welches zur Wahl des Wahren führt, sondern vielmehr das Wissen um das Nichtwissen, „denn unser Wissen ist Stückwerk“, Bibel, 1. Korinther.

Das altgriechische Wort „autónomos“ führte um 450 vuZ. der Dichter Sophokles ein. Autonomie charakterisiert im gesellschaftlichen Zusammenleben höchste sittliche Freiheit,
Selbstständigkeit, Willensfreiheit.
Das Wahre, das Gute, Freiheit, Selbstbewusstsein, Ethik, Tugenden, das Wissen wurden zu gesellschaftspolitischen Idealen zwecks Zusammenlebenkönnen (Aristoteles) der Menschen.

Etymologisch stammt der Begriff Wissen von und bedeutet erblicken, sehen, erkennen, ich weiss, bewusst, weise, Gestalt, Urbild und Gewissen.
Der Begriff „Gewissen“ stammt von griechisch „syneidêsis“ und bedeutet ein verstärktes Wissen und Bewusstsein, nämlich „Mit-Wissen“.
Die antiken Griechen lehrten, dass es für jedes sittlich schlechte Verhalten gegenüber Göttern und Menschen einen „Zeugen“, den inneren „Mitwisser“ gäbe.
Und Sinn dieses Wissens, Bewusstseins, Mitwissens ist Verantwortung.

Wiederholung:
Immanuel Kant trennt Freiheit in psychologische Freiheit, die abhängig ist von inneren Zwängen und niedrigen Affekten, und in transzendentale Freiheit,
welche dem Menschen selbständiges Handeln ermöglicht, und schliesslich praktische Freiheit, das moralische Gesetz, welches notwendig einen freien Willen setzt,
als autonome Selbstgesetzgebung: Vernunft und Verantwortung.
„Zur inneren Freiheit werden zwei Stücke erfordert: seiner selbst in einem gegebenen Falle Meister und über sich selbst Herr zu sein, d. i. seine Affekte
zu zähmen und seine Leidenschaften zu beherrschen“,
Immanuel Kant, „Die Metaphysik der Sitten“, §539; 1797.
„Das praktische Gesetz ist die Gesetzmäßigkeit, die herrschen würde, wenn bei allen vernünftigen Wesen die Vernunft die volle Gewalt über den Willen hätte,
und nicht unsere Neigungen.“ … „Der gute Wille ist allein durch das Wollen gut.“ Immanuel Kant, „Was ist Aufklärung?“.
René Descartes hatte die Selbstständigkeit des Denkens als Selbstgewissheit konstatiert: Ich denke, also bin ich.
Blaise Pascal lehrte, dass der Gebrauch des Verstands nur mit einer „Logik des Herzens“ möglich wäre.
Für G. W. Leibniz war die Vernunft grösser als die Sinne. Dem Reichen schrieb er mehr Möglichkeiten zum freien Handeln zu, als dem Armen.
Adam Smith erklärte zu Tugenden: Klugheit, Gerechtigkeit und Güte. Mitmenschlichkeit, Sympathie ist seine sittliche Grundlage,
derart für einen wirtschaftlichen Markt mit einer Harmonie zwischen Produktion, Lohn, Preis, Konsum.
J. G. Fichte verstand Freiheit als Bewusstsein selbst und als Grundsatz, wovon sich Sein und Naturgesetze ableiten und die Sittengesetze.
Auch F. W. J. Schelling war der Auffassung, dass Freiheit den Naturgesetzen Wirksamkeit gebe, und dass Freiheit das Gute oder das Böse ermögliche.

Friedensbotschaften – europäisch und exotisch

Exotik, exotisch, griechisch εξωτικός exōtikós, lateinisch exoticus gleich „ausländisch“, „auswärtig“, „fremdländisch“, „fremdartig“ – und so werden Menschen, Ideen, Kulturen, Sitten bezeichnet die als fremd, aussergewöhnlich, auch kurios, dubios und verdächtig wahrgenommen werden – von der europäischen, der deutschen Bürgerlichen Gesellschaft.

 „Frieden entsteht in den Köpfen der Menschen“
UNESCO, „Die Natur des Konflikts“

In den neunzehnhundertsechziger und -siebziger Jahren

verbreiteten sich weltweit Friedensbewegungen. Es ging um Selbsterkenntnis, Selbstverwirklichung, sich selbst finden, inneren Frieden erreichen und äusseren Frieden schaffen innerhalb der Gesellschaften und zwischen den Staaten. Nicht wenige westliche Identitätssucher missverstanden ihre eigene Suche bei „Gurus“ und in „Ashrams“ und bei Psychotherapien etc. und manche machten später für ihre Enttäuschungen über mangelnde `Erleuchtung´ und mangelnden Seelenfrieden Gurus, Maharishis, Maharajis, Jogis, MeisterInnen, Master, LehrmeisterInnen, ExpertenInnen, Autoritäten, ProfessorenInnen, Weise und PhilosophenInnen, PsychologenInnen, PsychotherapeutenInnen, PsychoanalytikerInnen verantwortlich. Andere fanden ihr Heil und hüteten es lebenslang.

Sie erkannten nicht, dass es in allen Bereichen einzelne „Schwarze-Schafe“, „Spinner“ und „Quaksalber“ gibt und sie selbst dazugehören.

„Frieden beginnt im Kopf“, schreibt die Katholische-Friedensstiftung und „Erziehung zur Friedfertigkeit“ in der Pädagogik und Friedfertigkeit in der Familie und in der Schule und entsprechende Gesetzgebung wurde geschaffen, zahlreiche staatliche, kirchliche und private Institute und Verbände sowie Initiativen für Friedensforschung (jedoch erst im Jahr 2000 wurde dann das „Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung“ erlassen).

Unbekannte und berühmte MusikerInnen und SchauspielerInnen und KünstlerInnen und Intellektuelle und UnternehmerInnen … Menschen unterschiedlicher Herkunft und Bildung und Einkommen entdeckten in den neunzehnhundert sechziger und -siebziger Jahren neue Kulturen ausserhalb der westlichen, ein Vorbild war Hermann Hesse mit seinem „Siddharta“ und dem geheimnisvollen Indien, in den achtziger Jahren lebte Günter Grass in Kalkutta; der Philosoph Peter Sloterdijk erntete Abwehr in der akademischen Welt, weil er sich ernsthaft mit ostasiatischen Geisteswelten befasste; ähnlich erging es dem Sozialphilosophen und Psychoanalytiker Erich Fromm u.v.a. …

Bereits der deutsche Dichter Gottfried Herder schwärmte Ende des 18. Jahrhunderts von den Hindus als „den sanftmütigsten Stamm der Menschen“.
Der Philosoph Friedrich Schlegel sah Indien als Inbegriff des Poetischen.
Der französische Schriftsteller Romain Rolland schrieb: „Wenn es einen Ort gibt, wo alle Träume seit den ersten Tagen, da der Mensch zu träumen begann, eine Heimat gefunden haben, dann ist es Indien“.

Das geheimnisvolle Indien war schon in der Antike Mythos und Sehnsuchtsland: Fakire auf Nagelbetten, Schlangen die durch Flötenspiel hypnotisiert wurden, meditierende Mönche, Gurus die in Höhlen lebten und über Gott und das Universum philosophierten, Hinduismus und Buddhismus entwickelten. Wissenschaftler erfanden die Zahl „Null“ und Rechenversionen, das Schachspiel, und sie entwickelten Philosophie und Dichtung in Upanishaden, Bhagavadgita und Kamasutra, und sie schufen neue Erkenntnisse in Astronomie und Höchstleistungen in Architektur, Tempel und das Taj Mahal … Händler und Eroberer kamen nach langen Reisen und Märschen über Bergketten und asiatischen Steppen und über Meere aus Europa und China und anderswo: Griechen, wie Alexander der Große, Mongolen und Hunnen, Seefahrer wie Vasco da Gama … und in der Neuzeit kamen die Kolonialmächte.

Kolonialherr Winston Churchill nannte den Friedensstifter Mahatma Gandhi einen „halbnackten Fakir“, und sagte: „Indien ist nur ein geografischer Ausdruck, es ist so wenig ein Land wie der Äquator“.

Heute strebt Indien zur Weltmacht. Die deutsche Bundesregierung und der Bundespräsident holen hochqualifizierte indische Fachkräfte als „Gastarbeiter“ nach Deutschland.
Wegen des Pristermangels in der katholischen Kirche kommen sonntags in Kirchen ausländische Priester zum Einsatz, davon über dreihundert indische Priester.

Der Philosoph Friedrich Nietzsche spricht von der „Weisheit für Übermorgen“. Und der Philosop Peter Sloterdijk schreibt aktuell in, „Der Denker auf der Bühne“: „Wer einen Weg zu sich selbst sucht, träumt von einem Zustand, in dem er sich selbst ertrüge. Daher ist keine Suche nach dem wahren Selbst eine theoretische; die Suche entspringt dem Drang des Lebendigen nach einer `Wahrheit´, die unerträgliches Leben erträglich machte“. Und der von Churchill verkannte Friedensstifter Mahatma Gandhi konkretisiert: „Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg“.

Hatten die antiken Völker die Welt noch gedanklich sphärisch umrundet und transzendiert, umrundeten im Mittelalter die Entdecker mittels Weltumseglungen mit Schiffen in persona den Globus und machten sich die Erde untertan. Und schliesslich wird der Globus in der Moderne durch Flugzeuge und Schiffe, Kapitalströme und Signale, Informationen, elektronische Kommunikation, dem Internet in einer Weise umrundet, das diese gleichsam eine zweite Erdatmosphäre bildet.
Und in der nun globalisierten Welt sind menschliche Gefühle und geistige Anstrengungen, Arbeitsprozesse und Lebensverhältnisse, Kommunikationsprozesse und Konsumverhältnisse, Kulturentwicklungen und Zivilisationsprozesse tief greifenden Veränderungen unterzogen.
Der Zeitgeist fühlt sich nicht wohl. Als gesunder Menschenverstand enthält er die Maximen seiner Zeit, in der alle Vorurteile seiner Zeit enthalten sind, und die Denkbestimmungen regieren ihn, ohne dass er ausreichend Bewusstsein, Reflexion darüber hat.

Wie es in den neunzehnhundertsechziger und -siebziger Jahren
Gurus, Maharishis, Maharajis, Jogis, MeisterInnen, Master, LehrmeisterInnen, ExpertenInnen, Autoritäten, ProfessorenInnen, Weisen und PhilosophenInnen, PsychologenInnen, PsychotherapeutenInnen, PsychoanalytikerInnen und ihre Drogendealern erging, erging es anfangs und teilweise und auch `hinter´ populär so genannter `vorgehaltener Hand´ aktuellen `Spitzen des Eisbergs´ der Friedensbotschaften – von den verstorbenen im 20. Jahrhundert zu schweigen – , Männer und auch Frauen!, Weisse und alle anderen Hautfarben!, Östliche: China, Japan, Indien etc., Afrikanische, Islamische, Jüdische, Buddhistische, Hinduistische, Taoistische Philosophien, Religionen, Weltanschauungen, Mentalitäten …….

Aktuelle Friedens-Stifter, -Lehrer, -Propheten, -Botschafter, -Förderer, -Freunde als `Spitzen des Eisbergs´ Frieden sind –
etwa 300 wichtige aktuelle Spitzen des Jahrtausende wachsenden Eisbergs „Geschichte des Friedens“ …, u.a.:

Liu Xiaobo
Jane Goodall
Yo Yo Ma
Midori
Dieter Senghaas
Jakob von Uexküll
Ekkehart Krippendorff
Muhammad Yunus
Kofi Annan
Jeremy Gilley
Desmond Tutu
Prem Rawat
Tendzin Gyatsho 14. Dalain Lama
Sri Sri Ravi Shankar
Sri Chinmoy
Kailash Satyarthi
Uri Avnery
Jody Williams
Ellen Johnson Sirleaf
Leymah Gbowee
Tawakkol Karman
Aung San Suu Kyi
Malala Yousufzai
u.v.a.

Harmonie und Kontinuität mit der Vergangenheit

Die Dienstleistungen des Orakels zu Delphi wurden noch bis etwa 400 n. Chr. von Wissenschaft, Religion, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Militär, Kultur, Kunst, Medien in Anspruch genommen, und gleichzeitig dominierte längst griechische, römische, arabische, jüdische, orientalische, asiatische, christliche Begriffs-Logik.
Kulturvölker Nordafrikas, Asiens, Chinas, Indiens uva. lehrten inneren und äußeren Frieden:

– im fünftausend Jahre alten chinesischen Taoismus der „Harmonische Ausgleich“: „Andere erkennen ist weise. Sich selbst erkennen ist Erleuchtung“, Lao-tse um 600 vuZ.,

– der „Weg der Mitte“ des Buddhismus und der „inneren Abrüstung“, wie es der 14. Dalai Lama formuliert,

und Siddhartha Gautama Buddha, um 500 vuZ.: „Nicht außerhalb, nur in sich selbst soll man den Frieden suchen. Wer die innere Stille gefunden hat, der greift nach nichts, und er verwirft auch nichts“,

– das friedenstiftende „Schalom“ im Judentum, das versöhnende arabische „Salam“ im Islam, und eben der Frieden der inneren Ruhe und der Friedfertigkeit mit anderen Menschen im Christentum: „Friede sei mit euch!“, „Selig sind die Friedfertigen“, „Selig sind die Friedensstifter, sie werden Gottes Söhne heißen“,

– der etwa viertausend Jahre alte Hinduismus nennt die „Notwendigkeit des Friedens“ mit sich selbst und mit anderen Menschen.

Der Apostel Johannes (8,7) fügt hinzu „Derjenige von euch, der ohne Sünde ist, soll als erster einen Stein auf sie werfen“.

Und der Apostel Markus (12,31): „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“.

Im Johannesevangelium (20,19-29) heißt es zu Jesus von Nazareth: „Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!“

 

Zur harmonischen Kontinuität mit der Vergangenheit sagt der Friedensbotschafter Prem Rawat:

„Du musst erkennen, wer Du wirklich bist. ‚Erkenne Dich selbst‘. Es wird Dir Freude geben, es wird Dir Klarheit verschaffen, es wird Dich verstehen lassen. Du wirst wissen, wer Du bist und wie gesegnet Du bist. Das ist es, was ‚Erkenne Dich selbst‘ bedeutet.“ – „… lautet meine Friedensbotschaft, dass Frieden in uns ist. In Wirklichkeit ist es gar nicht „meine“ Botschaft … das haben schon viele gesagt“,
Prem Rawat über seine Friedensbotschaft im Gespräch mit Jeremy Gilley.

„Frieden ist kein Luxus. Für Frieden gibt es keine Alternative. Frieden ist elementar für das Leben und das Wohlbefinden eines Menschen“ … „Frieden beginnt bei jedem von uns“ …

„Wenn wir die Macht haben, ein derartiges Chaos auf dieser Erde anzurichten, dann steht es sicherlich auch in unserer Macht, der Welt Frieden zu bringen.“

„Manche Menschen sagen, Frieden sei die Abwesenheit von Krieg; manche sagen, Frieden sei die Befreiung von allen Problemen der Welt. Frieden ist mehr als politischer Frieden. Frieden ist eine grundlegende Lebenserfahrung, die jedem Menschen innewohnt … Ich glaube, Frieden wird die größte Errungenschaft der Menschheit sein“.
Prem Rawat

„innere Abrüstung“ … „am Ende werden Frieden, Vernunft und Freiheit die Oberhand gewinnen“,
Tendzin Gyatsho 14. Dalai Lama

„Wenn du dich in Situationen der Ungerechtigkeit neutral verhältst, hast du dich auf die Seite des Unterdrückers gestellt“.
„Ohne Vergebung kann es keine Zukunft in der Beziehung zwischen Individuen oder zwischen Nationen geben“.
„Sei nett zu den Weißen sie brauchen dich, um ihre Menschlichkeit wieder zu entdecken“.
Desmond Mpilo Tutu

„Wirklicher Friede bedeutet auch wirtschaftliche Entwicklung und soziale Gerechtigkeit, bedeutet Schutz der Umwelt, bedeutet Demokratie, Vielfalt und Würde und vieles, vieles mehr“.
Kofi Atta Annan

„Ein Traum, den du alleine träumst, bleibt nur ein Traum. Ein gemeinsamer Traum ist Realität.“
„Wir sind an einem Punkt in der Menschheitsgeschichte angelangt, an dem wir aufwachen und erkennen müssen, daß die einzigen Menschen, die die Welt retten können, wir selbst sind“
Yoko Ono, Imagine Peace Manifesto“, 2011

„Globalisieren wir das Mitgefühl. … Demokratisieren wir die Bildung“
Kailash Satyarthi

„Ich sehe eindeutig das Ende einer grausamen, dunklen Geschichte, die so vielen Völkern und Nationen Horror, Tragödien, Zerstörung und Unglück gebracht hat“
Tawakkol Karman

„Lasst uns genau hier, genau jetzt eine bessere Zukunft bauen“ – „Ein Kind, eine Lehrkraft, ein Stift und ein Buch können die Welt verändern“
Malala Yousafzai

„Du kommst mit jenem nicht zurecht? Schließe Frieden mit ihm! Zuhause? Schließe Frieden! In der Gemeinde? Schließe Frieden! An der Arbeit? Schließe Frieden! Wir alle sind zu konkreten Gesten der Brüderlichkeit aufgerufengegenüber dem Nächsten, besonders denen gegenüber, die unter familiären Spannungen oder anderen Konflikten zu leiden haben. Diese kleinen Gesten haben einen großen Wert: Sie können Samenkörner der Hoffnung sein, die neue Wege und Perspektiven für den Frieden eröffnen.“
Papst Franziskus

„An den Frieden denken heißt, an die Kinder denken“
Michail Gorbatschow

„Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg“
Mahatma Gandhi

„Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden“
Jimmi Hendrix

„Frieden beginnt im Kopf“
Katholische-Friedensstiftung,

„Ein guter Kopf und ein gutes Herz sind immer eine großartige Kombination“
Nelson Mandela

„Da Krieg in den Köpfen der Menschen entsteht, muss auch der Frieden in den Köpfen der Menschen verankert werden“
UNESCO

„Der Guru, so viel verstehe ich, hat eine schöne Schrift. Und das sind schöne Wörter. Das ist Sanskrit. Das Latein Indiens. Die alte Sprache. ‚Mantras‘, sagt er. ‚Du weißt, was das ist?‘ Mantras sind Wörter, die doppelt wirken. Inhaltlich wie akustisch. Sanskrit hat es fertiggebracht, dass der Klang des Wortes genau das mit dir macht, was es bezeichnet.
‚Shanti‘ etwa heißt Frieden. Wenn du hundertachtmal hintereinander ‚Shanti‘ sagst, fühlst du den Frieden.
Es ist ähnlich wie mit der Musik. Ein Ton hat Macht. Er verändert Stimmungen. Erzeugt Schwingungen. Er kann entspannen, erregen, Angst auflösen. Ich kann das bestätigen. Ich habe vor etwa drei Jahren von einem Sadhu in Nepal ein Mantra gegen Angst bekommen. Kleines Geschenk mit großer Wirkung. Was immer mich ängstigt, ob Mensch, Tier oder Türsteher, ich brauche nur dieses Mantra zu murmeln, und die Angst löst sich wie Brausepulver auf.“
Helge Timmerberg

„Aggressionen waren zu der Zeit, als wir in Höhlen lebten vermutlich ein Vorteil. Wir brauchten sie, um mehr Nahrung zu bekommen, um unser Territorium zu verteidigen oder mehr Partner zu gewinnen, mit denen wir uns fortpflanzen konnten. Doch jetzt drohen unsere Aggressionen uns alle zu zerstören. Wir müssen unsere Aggressionen durch Mitgefühl ersetzten.“
Stephen Hawking

 

Exotik, exotisch,
griechisch εξωτικός exōtikós, lateinisch exoticus gleich „ausländisch“, „auswärtig“, „fremdländisch“, „fremdartig“ – und so werden Menschen, Ideen, Kulturen, Sitten bezeichnet die als fremd, aussergewöhnlich, auch kurios, dubios und verdächtig wahrgenommen werden – von der europäischen, der deutschen Bürgerlichen Gesellschaft.
Auch Inder, Araber, Chinesen und andere Völker können über Wissen verfügen, nicht nur vortragende, redende, lehrende, schreibende Europäer der gescheiterten Tradition der „Aufklärung“.

Und Guru? Im europäischen Sprachgebrauch MeisterInnen, Master, LehrmeisterInnen, ExpertenInnen, Autoritäten, ProfessorenInnen, Weise und PhilosophenInnen, PsychologenInnen, PsychotherapeutenInnen, PsychoanalytikerInnen und PriesterInnen, ProphetenInnen, MissionareInnen, SchriftstellerInnen etc. etc.
Im Tibet des 14. Dalai Lama steht der Titel „Lama“ für den Sanskrit-Titel „Guru“ („gewichtig“).
Der 14. Dalai Lama sagt über die Bedeutung des Gurus: „Bringt ihnen keinen blinden Glauben entgegen, aber auch keine blinde Kritik“.

Und Ashram? Kein Ort für wilde Phantasien, vielmehr „Ort der Anstrengung“, ähnlich wie Internat, Universität, Schulungs-Seminar-Centren, christliche Ashrams in Indien … Ashrams sind auch Wohnsitze, u.a. von Mahatma Gandhi, Ravi Shankar, Sri Chinmoy …

Der Begriff Guru wird in Deutschland u.a. für tatsächlich oder vermeintlich bedeutsamen Personen und Leistungen, Berufen, Tätigkeiten benutzt … so gibt es von Statistik-Gurus über Fitness-Gurus und Musik-Gurus bis Wirtschaft-Gurus und Polit-Gurus zu allem und jedem ein „Guru“, – oder auch „Häuptling“ und „Oberindianer“, auch „Obermufti“, „Großer-Meister“ etc.

Der also von Churchill verkannte „Guru“ Friedensstifter Mahatma Gandhi konkretisiert:

„Es gibt keinen Weg zum Frieden,
denn Frieden ist der Weg“.

 

Urphantasien

„Regel:
1. Leiste dem Alarm sofort Folge.
2. Lege rasch Feuer.
3. Verbrenne alles.
4. Melde dich sofort zurück.
5. Stehe für den nächsten Alarm bereit.
Der Alarm ertönte.“
Ray Bradbury, „Fahrenheit 451“

Zum Jahreswechsel präsentierte Der Spiegel am 21.12.2002 einen Artikel von Reinhard Mohr und Henryk M. Broder in der Abteilung „Kultur“, unter der Rubrik „Zeitgeist“, über Peter Sloterdijk mit dem Titel: „Herr der Blasen“.
Mohr/Broder spielen damit sowohl auf das aus drei Bände bestehende, mit ca. 2.500 Seiten umfängliche Werk „Sphären“ von Sloterdijk an, dessen erster Band den Titel „Blasen“ trägt, als auch auf jahrelange Vorwürfe gegen Sloterdijk, seine Philosophie, seine Sprache seien „Sprechblasen“, nämlich unverständlich.
In „Der Spiegel“ 2/2003 schreibt Harald Fauska als Leserbrief: „Ihre Redakteure spitzen ihren Bleistift nicht gegen die Mächtigen, sondern kritisieren den Kritiker. Ob man Sloterdijk mit Verleumdung, Schmähung und bewusstem Falschlesen gerecht wird, ist fraglich.“
Robin Kenius schreibt als Leserbrief über Sloterdijk: „… Seine Rede ist dunkel, die Sprache unverständlich“.
Anläßlich des „Alarmismus“ wegen der Elmauer-Rede von Sloterdijk 1999 zur Gentechnik, gesteht der Philosoph Ernst Tugendhat in der berühmten Ausgabe von „Die Zeit“ Nr. 39, vom 23.9.1999, „dass ich nicht verstanden habe, worum es dem Autor überhaupt geht. Was will er eigentlich? Und gibt es irgendetwas an diesem Aufsatz, was wir jetzt besser verstehen würden? Irgendetwas, das er geklärt hätte? Ich habe nichts gefunden“.
Und in der gleichen Ausgabe mahnt der Philosoph Manfred Frank: „Ist nicht gerade der Philosoph eine Antwort auf diese Herausforderung“ (gentechnisches Know-how) „schuldig?“

In der besagten Ausgabe Der Spiegel vom 21.12.2002 schreiben Reinhard Mohr und Henryk M. Broder:
„… Denker spricht und schreibt: prätentiös, umständlich, verquast … megalomanem Wortausstoss …“
Nachdem Hegel seine Vorlesungen in Berlin angetreten hatte, schrieb der Philosoph und Rektor Schleiermacher schon nach ein paar Wochen: „… man muss sehen, wie er sich auf die Länge hält; Klagen über seine Unverständlichkeit werden freilich schon gehört …“  (auch Schiller wurde Unverständlichkeit wegen seiner „Ästhetische Briefe“ vorgeworfen).
Und Goethe schrieb in einem Brief an Graf von Reinhard: „… dieser wundersam scharf und fein denkende Mann ist seit geraumer Zeit Freund meiner physischen Ansichten … hat er sich so durchdringend geäussert, dass mir meine Arbeit wirklich durchsichtiger als vorher vorkommt …“.
Und in einem Brief an Staatsrat Christoph L. F. Schultz schreibt Goethe: „Eine besondere Freude jedoch, die mir in diesen Tagen geworden, darf ich nicht verschweigen. Ich erhielt einen Brief von Professor Hegel, der mir höchst wohltätig zustatten kam. Er bezog sich auf mein letztes naturwissenschaftliches Heft, besonders auf die entopischen Farben. Dieser merkwürdige geistreiche Mann hat, wie meine Chroagenesie überhaupt, so auch dieses Kapitel dergestalt penetriert, dass meine Arbeit mir nun selbst erst recht durchsichtig geworden.“
Und in einem Brief an Hofmeister von Knebel berichtet Goethe über ein Gespräch mit Hegel: „… denn was bei gedruckten Mitteilungen eines solchen Mannes uns unklar und abstrus erscheint, weil wir solches nicht unmittelbar unserem Bedürfnis aneignen können, das wird im lebendigen Gespräch alsobald unser Eigentum, weil wir gewahr werden, dass wir in den Grundgedanken und Gesinnungen mit ihm übereinstimmen und man also in beiderseitigem Entwickeln und Aufschliessen sich gar wohl annähern und vereinigen könne.“
Karl Rosenkranz schreibt in „Hegels Leben“: „Das offenbar beschwerliche in Hegels Sprache … dass er gewissermaßen in Hauptwörtern dachte, dass bei Betrachtung eines Gegenstandes ihm die Bezeichnungen gleichermassen wie Gestalten erschienen, die miteinander in Handlungen traten, und deren Handlungen er dann erst in Worte übersetzen müsse.“
Ernst Bloch nun schreibt in „Subjekt-Objekt – Erläuterungen zu Hegel“: „Doch ist der übliche Vorwurf, daß die deutschen Philosophen … schlecht schreiben, schon an Kant ein Unsinn, noch mehr an Hegel. Diesem Vorwurf wurde ein verdächtiger Teil der Aufmerksamkeit gewidmet; er ist ein Mittel, sich große Denker vom Hals zu halten. … Es ist Blut und Mark in Hegels Sprache, ein Korpus aus süddeutschem Erbgut, und das knorrige Wesen blüht, oft gotischer Zaubergarten, oft Weltfigur, in einem einzigen winkligen Detail.“
Hegel selber schrieb 1812: „Den Uneingeweihten muss jene ihrem Inhalt nach ohnehin als die verkehrte Welt erscheinen, als im Widerspruch mit allen iheren ungewöhnlichen Begriffen, und was ihnen sonst nach dem sogenannten gesunden Menschenverstand als gültig erschien“.
Bloch erging es selber ähnlich: Bekannt sind die Vorgänge um die Besetzung des Lehrstuhls für Philosophie Ende der vierziger Jahre in Leipzig, hinsichtlich Ernst Bloch; Kommentare: „…der allerdings nicht aus dem Geist der Sprache heraus denkt und schreibt, sondern diese höchst eigenwillig zum Instrument seiner subjektiven Wirkungssicht macht“,  Bernhard Schweitzer, Archäologe;
oder Dekan Walter Baetke: „Die Mehrheit der Fakultät vermochte jedoch nicht zu einem positiven Urteil darüber zu gelangen, daß Bloch ein Philosoph sei, der dasjenige Maß von Kenntnissen in den wissenschaftlichen Disziplienen und ihrer historischen Entwicklung sowie diejenige Vertrautheit mit den exakten Forschungs-methoden besitze, die für einen philosophischen Lehrstuhl dieser Bedeutung gefordert werden müßten“.
Und beide: Der Verleger von „The Living Thoughts Library“, Alfred Mendel beklagt sich 1946 in einem Brief an Bloch über dessen Hegel-Manuskript (später Band 8 der Gesamtausgabe, „Subjekt-Objekt, Erläuterungen zu Hegel“), es sei unverständlich und unübersetzbar, „Ihr Buch versucht keine Einführung zu Hegel, es ist Hegel selber, ohne Einführung … für hegelhungrige Laien wie mich bleibt nur das verständnislose Staunen.“

In „Der Spiegel“ 2/2003 heißt es in einem weiteren Leserbrief, von Bernhard Koch: „Was bei Sloterdijk für den Einsteiger häufig Befremden auslöst, ist, dass er die erwarteten Imperative nicht gibt, dass seine Analysen nicht `reicher´, sondern `ärmer´ machen. Ähnlich wie bei Niklas Luhmann rührt die Empörung linker Intellektueller einfach daher, dass sie es nicht hinnehmen wollen und können, wie da einer einfach nur betrachtet, `theoria´ betreibt.“
Walter Jens schreibt in seinem Beitrag „Ein Segel in eine andere Welt“, in „Denken heißt überschreiten – in Memoriam Ernst Bloch“, dass, wenn Ernst Bloch früher gestorben wäre, und seine großen Hauptwerke nicht erschienen wären, „… dann stünde er heute als sprachgewaltiger Essayist, als Meister der kleinen Form, als expressionistischer Literat und politischer Schriftsteller in den Lexika …“.
Hegel selber: „Wir müssen überzeugt sein, dass das Wahre die Natur hat, durchzudringen, wenn seine Zeit gekommen, und dass es nur erscheint, wenn diese gekommen, und deswegen nie zu früh erscheint, noch ein unreifes Publikum findet; auch dass das Individuum dieses Effekt bedarf, um das, was noch seine einsame Sache ist, daran sich zu bewähren und die Überzeugung, die nur erts der Besonderheit angehört, als etwas allgemeines zu erfahren. Hierbei aber ist häufig das Publikum von denen zu unterscheiden, welche sich als seine Repräsentanten und Sprecher betragen. Jenes verhält sich in manchen Rücksichten anders als diese, ja selbst entgegen-gesetzt. Wenn es gutmütigerweise die Schuld, dass ihm eine philosophische Schrift nicht zusagt, eher auf sich nimmt, so schieben hingegen diese, ihrer Kompetenz gewiss, alle Schuld auf den Schriftsteller. Die Wirkung ist in jenem stiller als das Tun dieser Toten, wenn sie ihre Toten begraben. Wenn jetzt die allgemeine Einsicht überhaupt gebildeter, ihre Neugierde wachsamer und ihr Urteil schneller bestimmt ist, so dass die Füsse derer, die dich hinaustragen werden, schon vor der Türe stehen, so ist hievon oft die langsamere Wirkung zu unterscheiden, welche die Aufmerksamkeit, die durch imponierende Versicherungen erzwungen wurde, so wie den wegwerfenden Tadel berichtigt und einem Teile eine Mitwelt erst in einiger Zeit gibt, während ein anderer nach dieser keine Nachwelt mehr hat“.

Wie sehen „Verleumdung, Schmähung und bewusstem Falschlesen“ aus, wie Harald Fauska es in seinem Leserbrief formulierte?
1999, anläßlich des „Alarmismus“ wegen der Elmauer-Rede von Sloterdijk zur Gentechnik, erschienen in Der Spiegel, Die Zeit und in Foilletons von Tageszeitungen Kritiken; Textzitate:
„Seine jüngste Rede über `Menschenzucht´ trägt Züge faschistischer Rhetorik“;
„Geiferwörter“;
„frivole Fascho-Semantik“;
„ … schon ganz im Tonfall Nietzsches“;
„Zu viel wurde bisher davon bekannt“ (die Elmauer Rede), „zu viele Hörer haben sich auch Notizen gemacht“;
„Auch wer wenig mehr verabscheut als klischeehafte ideologische Denunziationen und beim Begriff der `Selektion´ nicht nur an die `Eugenik´ der Nazis und die Rampe von Auschwitz-Birkenau denkt, sieht sich genötigt, in Argumentation und Sprache Sloterdijks faschistische Anklänge auszumachen. Sein Hinweis, über weite Strecken nur die Position seiner philosophischen Lehrmeister Platon, Nietzsche und Heidegger referiert zu haben, verfängt nicht …“;
„Sichtbar bleibt ein intellektueller Skandal: Der einst linke Vordenker Sloterdijk, Liebling erlesener Debattier-zirkel und zeitgeistsatter Fernseh-Talkshows …“;
„Medienerfahrene Modephilosoph“;
„Nach fast tausend Seiten“ („Kritik der zynischen Vernunft“), „die ihn mit einem Schlag berühmt machten“;
„Die zwei dicken, süffig geschriebenen Bände“ („Kritik der zynischen Vernunft“) „wurden rasch ein Bestseller und machten Sloterdijk zum Star“.

Diese Sprache nun ist leicht verständlich. Sie enthält keine denkerische Tiefe, vermeidet es die Hegelsche „Anstrengung des Begriffs“ auf sich zu nehmen („an diesem, woran dem Geiste genügt, ist die Grösse seines Verlustes zu ermessen …, “Phänomenologie des Geistes“), kommt ohne jede Zweifel an der eigenen Meinung aus, es fehlt jegliche inhaltliche Auseinandersetzung und Reflexion. Es ist die direkte Sprache des Reflexes und dies als Wiederholungszwang der Dramatisierung verdrängter Wünsche.
„Wenn Freud sich die Frage stellt, ob es beim Menschen etwas dem `Instinkt der Tiere´ Vergleichbares gebe, so findet er dieses Äquivalent nicht in den Trieben, sondern eben in den Urphantasien“, schreiben Jean Laplanche und J.-B. Pontalis in „Urphantasie, Phantasien über den Ursprung, Ursprünge der Phantasie“. Dieses „ursprüngliche Supplement“, Jacques Derrida, „urspringt“ … „mittels des Szenariums eines Imaginären“, Laplanche, Pontalis, über den Umweg nachträglicher „Repräsentanzen“, Freud, als sprechender Mensch und erzählt den `Urbruch´ seiner Geschichte, die seine Gründung ausmacht.

So heißt es 1999 anläßlich des „Alarmismus“ wegen der Elmauer-Rede von Sloterdijk bei Kritiken weiter:
„… so steht Sloterdijk für eine Gruppe ehemals linker Intellektueller, die ihre eigene Desillusionierung nicht aushalten und in den Wahn flüchten … Neu und unge-heuerlich ist die philosophisch drapierte Aggressivität …“
„… ihre eigene Desillusionierung nicht aushalten und in den Wahn flüchten … Neu und ungeheuerlich ist die philosophisch drapierte Aggressivität …“
„… fantasierte abstoßen der geleugneten psychischen Anteile einer Psyche in eine andere“
Es wird die Wirklichkeit zurück von den Füßen auf den Kopf gestellt. Die Dramatisierung verdrängter Wünsche der Schreiber toben sich hier als Projektion auf Sloterdijk aus, denn es wird sich nicht mit den Inhalten der Elmauer Rede, der „Kritik der zynischen Vernunft“ und der vielen Schriften von Sloterdijk auseinender gesetzt, sondern in aggressiver Sprache Neid, Eifersucht, Hass, Denunziation, Gerücht – das immer weiter geht als der Verdacht – und eigenes Elend des „zerrissenen Bewußtseins“ (Hegel) geradezu ekstatisch herausgeschleudert.
Das, wessen sie Sloterdijk bezichtigen, tun sie, nicht er.

Und weiter schreibt Reinhard Mohr in Der Spiegel, Nr. 39, 1999 über Sloterdijk:
„Schon vor einigen Jahren hat der geübte Provokateur des Zeitgeists in einem Bändchen unter dem Titel `Selbstversuch´ …“.
Ähnlich hatten Martin Walser und Botho Strauß, nachdem sie ähnlichen Angriffen ausgesetzt waren wie Sloterdijk, und auch Hans-Magnus Enzensberger, „innere Monologe“, „Selbstversuche“, veröffentlicht.
1977 wurde gegen Peter Brückner, Professor an der Universität Hannover, von der niedersächsischen Landesregierung ein Disziplienarverfahren eingeleitet, weil er sich als Beamter nicht von der anonymen Schrift eines Studenten, der sich „Mescalero“ nannte, und in der dieser von „klammheimlicher Freude“ in Zusam-menhang mit einem Mordanschlag der RAF schrieb, distanzierte, sondern darüber eine sozialpsychologische Studie schrieb, die als Untreue und Ungehorsam wider den Staat vom Staat gewertet wurde, und nicht als wissenschaftliche Freiheit.
Peter Brückner, „Die Mescalero-Affäre – Ein Lehrstück für Aufklärung und politische Kultur“; der Text beginnt mit dem Satz:
„Es ist an der Zeit, innere Monologe zu veröffentlichen.
Was ist ein Ereignis? Eine mögliche Antwort wäre: das pure Geschehen, das einer als `Ereignis´ definiert, indem er es für seine Zwecke verwertet. Also: Die herrschende Klasse hat aus dem `Mescalero´-Text ein Ereignis gemacht, indem sie ihn gemäß ihrer eigenen Strategien interpretiert hat; z.B. als einen Aufruf zur terroristischen Gewalt oder als Billigung eines Attentats, und den entstellten Text entsprechend nutzt. Die Fälschung einer Absicht und die Verwertung dieser Fälschung für den eigenen Zweck, das wäre das `Ereignis´ (und nicht der verwertete Text)“.
Zu dem „Brückner-Skandal“ schreibt Jürgen Habermas unter dem Titel, „Der Fall Brückner ist ein Fall Albrecht“ in „Zum Beispiel Peter Brückner“: „Was jeden, der sich mit der Republik, vor allem auch mit den Perspektiven, die diese für unser Land verkörpert, identifiziert, am Fall Albrecht erschrecken muß, läßt sich mit wenigen Sätzen sagen.
Der erste Aspekt betrifft das Persönliche. Peter Brückner hat die beste Analyse des Göttinger `Mescalero´-Artikels vorgelegt, die ich kenne. Er hat an diesem Beispiel im Detail den geistigen Zustand eines Teils der jüngeren Generation aufzuklären versucht, ohne zu denunzieren, aber auch ohne zu verharmlosen. … Spätestens bei der Lektüre hätten (oder haben?) Albrecht und seine Berater bemerken müssen, daß sie es hier mit einem nachdenklichen, vielleicht auch nachdenklich geword-enen Mann zu tun haben. Gleichwohl haben sie alles daran gesetzt, Brückners moralische und wissenschaftliche Existenz zu vernichten – und dies, wie man annehmen muß, aus Gründen schierer Opportunität“.

Reinhard Mohr:
„… so steht Sloterdijk für eine Gruppe ehemals linker Intellektueller, die ihre eigene Desillusionierung nicht aushalten und in den Wahn flüchten … Neu und unge-heuerlich ist die philosophisch drapierte Aggressivität …“
Und Peter Brückner schreibt:
„Das Neue, wo immer es warten mag, entzieht sich uns, soweit die unbewußte Herrschaft des Vergangenen reicht“.
Peter Brückner schreibt in seinem Buch, „Das Abseits als sicherer Ort“:
„Wie werden die `versunkenen Erfahrungen´ bewußt? Indem wir lernen, die Rätsel unserer Lebensgeschichte im Kontext der Geschichte unserer Gesellschaft zu lösen, und zwar im Detail … Das, vor allem, ist kritische Theorie“.
Klaus Briegleb zitiert Brückner im selben Buch:
„Auch dies, die reflexartige, affektive Ausgrenzung des Zweiflers, ist eine Seite des Gehorsams“.
Peter Brückner schreibt 1973 in „Kritik an der Linken“: „… die Linke kann daher, als ein Produkt dieser Gesellschaft, einen Teil ihres Selbstverständnisses aus den Händen ihrer Feinde entgegennehmen, solange sie sich nicht selbstkritisch als ihr Produkt begreift. Sie agiert dann, was sie zu reflektieren hätte.“
Fußnote: „Mit dem Erlöschen der (Selbst-)Reflexion ist bürgerliche Herkunft dann bei Genossen nur noch in der Aktionsform, als seiner Quellen nicht bewußtes Handeln, nicht mehr als Wissen nachweisbar“.
Adorno, „Theorie der Halbbildung“: „Die Kulturindustrie im weitesten Umfang jedoch, all das, was der Jargon als Massenmedien bestätigend einordnet, verewigt jenen Zustand, indem sie ihn ausbeutet, eingestandenermaßen Kultur für jene, welche die Kultur von sich stieß, Integration des gleichwohl weiter Nichtinte-grierten. Halbbildung ist ihr Geist, der mißlungenen Identifikation“.

In Der Spiegel, Nr. 38, 1999, schreibt der Philosoph Ludger Lütkehaus über Sloterdijk und seine Rede unter dem Titel: „Der Denker fällt vom Hochseil“, daß Sloterdijk sich „auf das riskante Hochseil“ des Themas wagt (ähnlich wie Manfred Frank lässt auch Lütkehaus erkennen, dass er eine Beschäftigung mit dem Thema für riskant hält, – riskant für den Beschäftiger – Selbstzensur?): „… die Gentechnologie, droht oder ermöglicht, dieses Hochseil zu knüpfen. Eine philosophisch kundig gemachte `Biopolitik´ soll sich ihren – im übrigen leider immer noch beschränkten – Kopf darüber zerbrechen, nach welchen Kriterien und zu welchen Zielen das geschehen kann. In Deutschland steht derlei aus evidenten historischen Gründen allemal unter NS-Verdacht“.
Und dann: „Der ausformulierte Vortragstext belegt diesen Verdacht nicht in dem Maße, wie man es nach den Frontalattacken der ersten Kritiker erwartet haben mochte … Vielleicht hat doch, wie Sloterdijk in seinem polemischen offenen Brief an Thomas Asseuer in der `Zeit´ vom 9. September unterstellt, etwas zu heftig die Glocke des – biopolitisch korrekten – `Alarmismus´ geschrillt“ … „Es ist Sloterdijk abzunehmen, daß seine Distanzierung von der NS-Eugenik und ihrer `gestiefelten´ Nietzsche-Lektüre keine leere Geste war. Und seine Heidegger-, Nietzsche- und Platon-Interpretation ist natürlich nicht umstandslos mit seiner eigenen Meinung kurzzuschließen. … Den allzu großzügig gewährten NS-Malus wird man zwar nach der Lektüre des Vortrags relativieren müssen. … Trotzdem ist die Fähigkeit des Textes und seines Autors gering, sich damit `Freunde zu machen´“.
Ein Philosoph soll denken und schreiben um sich Freunde zu machen?
Hans Mayer schreibt in „Zum Beispiel Peter Brückner“:
„Der `Fall Brückner´ – bzw. das, was die veröffentlichte Meinung … als `Fall´ plakatiert haben – wird in den Aufsätzen dieses Bandes in einer Weise analysiert, die an die Stelle von Verdächtigungen und Ahndung die Anstrengung des Begriffs und die Diskussion setzt. … Seit am Tun der Ärzte ebenso wie der Physiker der Konflikt einer praxislosen Wissenschaft als einer virtuell unmenschlichen erkannt wurde, kann praxislose Wissenschaft, ´interesseloses Wohlgefallen´ des Denkens am Denken gesellschaftlich nicht mehr toleriert werden. Ist dem aber so, dann hat Brückner als Lehrer und Forscher die Freiheit des Gelehrten erfüllt, nicht verraten“.
Reinhard Mohr wirft Sloterdijk vor: „In gleich zwei Antworten, die er als offene Briefe an die „Zeit“ schickte, ging Sloterdijk aber gar nicht erst auf die Substanz der Kritik ein …“ (die `Kritik´ der Journalisten).
Die nicht vorhandene sogenannte Substanz ist die inszenierte Denunziation – das Ekstase-Ereignis.

Alle Jahre wieder … holungszwang: 21.12.2002, „Der Spiegel“. – Einige Wochen früher war auch in „Die Zeit“ pünktlich ein Artikel von Thomas Asseuer erschienen, brav, gehorsam und kleinlaut. Thema: Linken Intellektuellen seien die Visionen, Utopien ausgegangen (mit seinem aktuellen Artikel über fünfzig Jahre „Das Prinzip Hoffnung“ gibt er womöglich endgültig auf). Man ahnte, das ist der „Vorschein“ der nächsten Panikattake, des nächsten Amok-Ereignisses.
Broder/Mohr nun titeln also ihren Artikel „Herr der Blasen“, Untertitel: „Peter Sloterdijk, philosophischer Jungstar der achtziger Jahre, wird durch abstruse Äußerungen über Terror, Gentechnik und Popkultur immer mehr zum Felix Krull der intellektuellen Szene.“

Textzitate:
„Seit 20 Jahren irrlichtert er durch die intellektuelle Szene …“
„… das gelichtete Haupthaar Gérard-Depardieuhaft länglich tragend …“ (schon wieder, die Haarpotenz macht der `Blase´ zu schaffen),
„… weshalb es nur einen gibt, der sich dem Mainstream verweigert und Verfolgung in Kauf nimmt? Was für Martin Walser die `Meinungspolizisten´ sind, die ihn bedrohen, das sind für Sloterdijk die `Feldprediger´ und `polemischen Manichäer´. Wie Walser nennt auch Sloterdijk keine Namen. Ross und Reiter bleiben im Zwielicht der Unterstellung.“ („Auch im Hasse gibt es Eifersucht: wir wollen unseren Feind für uns allein haben“, Nietzsche).
Weiter: „Keine zwei Wochen nach den Terroranschlägen begann er mit der philosophischen Relativierung des Massenmordes in einer Kälte und Mitleidlosigkeit, die an Doktor Frankensteins Schreckenskammer erinnern“. „Es ist diese Art intellektueller Verwahrlosung …“
„… ein Pastor Fliege der Philosophie“
„Bei Frauen und bei Juden hält sich Sloterdijk noch zurück …“
In „Die Woche“ vom 9.11.2001 erschien ein Interview des damaligen Woche-Herausgebers Manfred Bissinger mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zum Thema der Folgen des „11. Septembers“. Eine seiner Fragen betraf die Bemerkung von Peter Sloterdijk über Otto Schily, ob dieser „als deutscher McCarthy in die Geschichte des Ungeistes“ eingehen wolle.
Gerhard Schröder antwortete Bissinger: „Masslosigkeit ist das Vorrecht der übermässig Begabten“.
Und Broder/Mohr schreiben in ihrem Artikel:
„… ein unmässig belesenes Multitalent, ein Vielschreiber, Philosoph, Schriftsteller, Polemiker, Moderator und Zeitgeistfuzzi …“
Im Mai 1933 sagte Josef Goebbels: „Das Zeitalter des überspitzten jüdischen Intellektualismus ist vorbei“.
Fünf Jahre später, am 13.5.2004, schreibt der Philosoph Ludger Lütkehaus in Die Zeit über den dritten Band der Sphären-Trilogie, „Schäume“ (Band 1 „Blasen“ und Band 2 „Globen“) von Peter Sloterdijk.
Hatte Lütkehaus seinen Artikel wegen der Elmauer-Rede „Der Denker fällt vom Hochseil“ betitelt, titelt er jetzt „Schaumdeutung“. Und die Unterzeile: „Metaphern-delirien und höchste Komplexität“.
Als Blochs „Prinzip Hoffnung“ erschien, titelte Ludwig Markuse 1960 in der Stuttgarter Zeitung (aus „Ein Arbeitsbuch zum 90. Geburtstag“) seine Besprechung: „Bewunderung und Abscheu“;
„… ähnelt dieser Mann gewissen legendären rabbinischen Schlauköpfen … in märchenhaften Geschichten und Geschichtchen, in raffinierten Thesen, in Witzen voll Fussangeln und verspielten Wendungen …“,
„… eine one-man-show …“,
„… als philosophischer Schriftsteller ist Bloch ein echter Jünger Friedrich Nietzsches …“,
„… Ernst Bloch ist üppig im Illustrieren und Ausschütten von Worten … der Leser geht unter in der Flut von Material und Sätzen …“.
„… 1600 vollgepackten Seiten …“,
„… dieses Buch mit dem wärmenden Namen `Hoffnung´ ist eiskalt …“.

Ludger Lütkehaus:
„Der Sloterdijkerfahrene Leser nickt anerkennend: Auf Fremdwörterexzesse und Metapherndelirien als die herausragenden Merkmale eines Denk- und Sprachstils, der mit dem Autismus einer Privatsprache zwischen Mystik und Potpourri alles mit allem verbindet und selbst schlichteren Themen höchste Komplexitäts-grade abgewinnt, ist hier Verlass. Die Blasen platzen, die Globen rotieren, und die Schäume schäumen so, dass der Philosoph als Schaumdeuter gefordert ist. Das Werk leistet Erklecklichstes an unfreiwilliger Komik. Schwierig – zu schwierig – ist es, keine Satire zu schreiben … Ein Monsterwerk von 2.500 Seiten, überbordend an allem“.
„… die von Selbstironie freie herrische Geste …“,
„… konvertiert er hier vollends vom Kritiker zum Propagandisten der zynischen Vernunft …“,
„… im monströsen Schlussteil, kommt es knüppeldick …“,
„… Sloterdijks Positivismus entpuppt sich als denunziatorisch …“,
„In der Tat könnte man in der Forcierung der Immunitätsmotive den Debattennachfolger der `Regeln für den Menschenpark´ entdecken. Einstweilen verwöhnt Sloterdijk seine Leser mit der Synthese von Schaumdeutung und Stammtisch.“
Lütkehaus unterliegt nun auch dem nachahmenden, gehorsamen Funktionärs-Anerkennungskampf und begibt sich auf das Niveau der zensurholistischen Hyliker-Atlethen hinab.
Kerstin Decker schreibt zu Sloterdijk am 17.5.04 in Der Tagesspiegel: „Der Oberverdächtige der deutschen Philosophie, Peter Sloterdijk, tritt als neobarocker Grossschriftsteller auf und das Unerhörte ereignet sich: die `Sphären´ sind mehrere Tausend äusserst lesbare, sogar unterhaltsame Seiten Philosophie. …
Sloterdijk verstösst mit seinem Sphärenprojekt gegen das Grundverbot der neueren Philosophie: Keine Ontologie! Also keine Seinslehre. Die alte Metaphysik ist tot. …
Die klassische Metaphysik wird in Philosophieseminaren landauf landab täglich neu erlegt, nur um die Leiche dann achtlos liegenzulassen. Die formalisierte Philosophie in ihren analytischen, kommunikations-theoretischen und sonstig konstruktivistischen Hauptströmungen kann mit der Toten nichts anfangen, aber sie bewacht sie gut. Sloterdijk bringt ihre Bedeutungskerne wieder zum sprechen. … Sloterdijk sagt, Philosophen, die erst 2000 Jahre tot sind, empfinde er als Zeitgenossen. Natürlich ist es eine Frage des Standpunkts und seiner Akustik, ob man die Stimmen der anderen hören kann oder nicht. Hermeneutiker, philosophische Textdeuter also, hören zwar auch immer Stimmen, aber nur solche aus alten Texten. Sloterdijk hört Textstimmen und Wirklichkeitsstimmen gleich dazu.“

Juni 2013: Broder nennt Sloterdijk „Terrorversteher“

Rolf Ekensheyde-Horst

Tabak und Alkohol – Ja oder Nein?

Tabak und Alkohol – Ja oder Nein?

Oder

„Alles in Maßen“

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„Nichts im Übermaß“

Orakel von Delphi

Attisch-rotfigurige Kylix des Kodros-Malers etwa 440-430 v. Chr. aus Vulci/Italien heute in der Antikensammlung Berlin

 

Mund-Hals-Krebs / Zungengrund-Karzinom

Ursachenelemente sind Stress des Seins und u.a. Tabak und Alkohol.
Mit Ungewissheiten leben alle Menschen, ob krank oder gesund angesichts der unzähligen gesundheitgefährdenden und todbringenden psychischen und physikalischen Faktoren in der Welt mit der Ungewissheit, wie lange sie überleben. Kafkas Erkenntnis trifft zu, dass man Angst haben müsste das Haus zu verlassen. Aber auch im Haus ist es nicht sicher.

NO SMOKING? NO TIPPLE?

Staatliches Abschrecken und Verbot von Tabak- und Alkohol-Genüssen oder Freiheit des individuellen Willens?
Staatliche Abschreckungs-Kampagne und Massregelei oder Aufklärung über Mund-Hals-Krebs und endlich staatliche Vorsorge?
Es gibt keine gesetzliche und spezielle Vorsorge für Mund-Hals-Krebs, wie es sie für Lunge, Leber, Darm, Prostata, Haut, Blut, Genital, Brust gibt!
Krebs-Todesursachen-Ranking: Mund-Hals-Krebs bei Männern 6. Platz, bei Frauen 16. Platz.
Aufmerksamkeit erregte Mund-Hals-Krebs durch die Erkrankung von Michael Douglas, Otto Sander, Jan Fedder und Jürgen Leinemann.

Reichtums- und Armuts-Rauchen und -Trinken?

Und überdies bezieht sich die für Deutschland angedachte staatliche Abschreckungs-Antiraucher-Kampagne – und die europäisch und weltweit laufende -, nur auf Zigaretten und Selbstdrehtabake und nimmt Zigarren, Zigarillos und Pfeifentabak aus.
Geht es bei Tabak-Genuss-Kulturen um Reichtum und Armut – Luxus-Tabake und Publikums-Tabake?,
auch seit Jahren mit ständigen Preiserhöhungen für Zigaretten und für Selbstdrehtabake?!

Freiheit und Maßhalten statt Abschreckung, Verbot, Gehorsam

„… alles Unbedingte gehört in die Pathologie“,
Friedrich Nietzsche, „Jenseits von Gut und Böse“
Autonomie und Willensfreiheit und „Nichts im Übermaß/Alles in Maßen“ lehrten bereits das Orakel von Delphi und antike Philosophen, dies war ihr Zeitgeist.
Tabak-Genuss und Alkohol-Genuss sind in Massen genossen Genüsse.
Übermass ist Sucht – bei allen psychischen, geistigen, stofflichen Bereichen.
„Erkenne dich selbst“: „Nichts im Übermaß/Alles in Maßen“ = „Du bist“, Orakel von Delphi, Sokrates, Platon, Aristoteles.

Kopf-Hals-Krebs / Mund-Rachen-Krebs

General der US-Armee im Sezessionskrieg und später Präsident der USA, Ulysses Grant, ist im 19. Jahrhundert an Zungengrund-Krebs gestorben – nicht ohne in der Zeit die ihm blieb seine umfangreiche Autobiografie zu schreiben, in der Hoffnung auf guten Buchverkauf, um seine Familie damit zu versorgen, da er sein Leben lang seine Einkommen ausgegeben hatte. Der hatte viel zu schreiben. Und nach ihm sind viele bekannte und insbesondere unzählige unbekannte Menschen an dieser Krebsart gestorben. Bekannte: Friedrich III. von Preussen starb wegen eines Tumors am Kehlkopf, Theodor Storm, der sich lange gesagt hatte: „Es ist nichts“, wie er schreibt (so ähnlich ich hinsichtlich der Schwellung an meinem Hals), Sigmund Freud, beim ersten Auftauchen nannte er seinen Krebs „das Ding“, gegen Ende seines Lebens schrieb er „mein liebes altes Carcinom“, vor einiger Zeit Humphrey Bogart, bevor er starb lebte er noch einmal kräftig, Aldous Haxley, der mit Krebs und nach dem Brand seines Hauses, bei dem seine Bibliothek und seine Manuskripte verbrannten, als Siebzigjähriger „noch einmal ganz von vorn anzufangen“ begann, Papst Johannes der 23., Heinrich von Brentano, dessen Todesursache von den Medien tabuisiert wurde, Sechzigerjahreverdrängungstradition, und George Harrison. Aber ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind unzählige Menschen geheilt worden. Erkrankungen von Mund-Rachen-Krebs-Variationen nehmen aktuell zu, weltweit, insbesondere bei Männern. Und da es kaum Aufklärungskommunikation gibt, wird auch weiter gestorben. Unlängst starb der Sänger der Beastie Boys, Adam Yauch und der Schauspieler Jack Klugmann, „Quincy“, er hatte seit 1989 Stimmbandkrebs. Geheilt wurden die Schauspieler Otto Sander, Jan Fedder und Michael Douglas und der Journalist Jürgen Leinemann, der sein Buch schrieb: „Das Leben ist der Ernstfall“. – (Christoph Schlingensief litt an Lungenkrebs, Wolfgang Herrndorf leidet an einem Hirntumor. Christoph Schlingensief gründete 2009 www.geschockte-patienten.org und er schrieb sein Buch: „So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein!“, Wolfgang Herrndorf schreibt www.wolfgang-herrndorf.de)

Ekstase: Anti-Raucher-Abschreckungs-Kampagne

„… alles Unbedingte gehört in die Pathologie“
Friedrich Nietzsche, „Jenseits von Gut und Böse“
Es wird mit Antiraucher-Kampagnen vor Rauchen gewarnt.
Und es wird damit gesellschaftlich gespalten und vor Rauchern gewarnt!
Rauchverbote und Antiraucherkampagnen und Diskriminierung von Rauchern und Raucherinnen inszenierten bereits Fanatiker wie Hitler, Franco und Mussolini wegen Volks-Reinheit und Volks-Gesundheit. Das ist keine Polemik, das ist historische Realität.
In Europa gibt es Abschreckungs-Kampagnen wie es in anderen Kontinenten üblich ist: Zigarettenpackungen mit Fotos kranker menschlicher Körperteile bedrucken, – ähnlich im magischen Zeitalter von Schamanen wegen anderer Anlässe praktiziert und heute noch bei schamanischen Kulturen. Ein archaischer Zauberer, Schamane interpretiert in sein Zauberhandwerkzeug das hinein und legt es für die ihn am Feuer im Kral umringenden Landsleute derart deutend aus, wie es seinen ekstatischen Zielen dienlich ist, er ist selber Teil, Weg und Ziel der Ekstase, wie es heute Medien, Wirtschaft, Politik, Showbusiness und die Shopping-Menschheit überhaupt ist. Wesentliche Rituale sind solche, bei denen ein Opfer, ein Sündenbock, ein Sühneopfer inszeniert wird, Einzelne oder kleine oder grosse Gruppen, ganze Gesellschaften, „Ausländer“, Homosexuelle, Juden, Muslime, Katholiken und andere religiöse und ethnische Individuen und Gruppen, Kinder, Frauen, Raucher, Alkoholtrinker, Fleischesser, Nichtfleischesser, Sexualaktive, Arme, Ausgebeutete, Kranke, Frauen die Abtreibung `begehen´, Sinti und Roma, Beeinträchtigte, KünstlerInnen etc. Sigmund Freud schreibt: „Derjenige, der zum erstenmal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation“. Daraus ist heute, wider besseren Wissens, bei Menschen, bei Medien, Wirtschaft, Politik „anbetende Destruktivität“, Erich Fromm, geworden. Nach zehntausenden Jahren wird von `den Eliten´ der Gesellschaften `geschimpft´, verdächtigt, gehetzt, denunziert, ausgegrenzt, verfolgt … Armut, Unbildung, Unrecht produziert.
In der Schwarzen-Magie wird ein Speer oder Stock gespitzt, oder ein spitzer Knochen oder Stachel eines Tieres genommen, und der Magier weist damit in einer rituellen Ekstase immer wieder mit Mimik und Gestik in die Richtung des Menschen oder einem feindlichen Stamm – z.B. Stamm der Raucher -, der bedroht oder getötet oder vor dem oder vor seinen Handlungen gewarnt, abgeschreckt werden soll. Dabei muss der Magier die dem entsprechende Leidenschaft darstellen, die Wut und den Hass auf den zu bedrohenden oder zu tötenden Menschen. Der dramatische Ausdruck von Emotionen des Magiers ist das Wesen dieser Ekstase.
Je nach Ritual werden Zaubersprüche, Bannflüche und Beschwörungen gesprochen, geschrieen oder auch in Schriftbilder oder Motivbilder aufgeschrieben.
Magie ist nicht nur in ihrer Verkörperung, sondern auch in ihrem Inhalt menschlich: Sie bezieht sich hauptsächlich auf menschliche Tätigkeiten und Zustände, Jagd, Bodenbestellung, Fischfang, Handel, Liebesspiel, Lebensangelegenheiten, Krankheit und Tod. Die Lebensangelegenheiten werden als das direkte Ergebnis von Beschwörung und Ritus verstanden. Sie ist ein Urbesitz des Menschen, der nur durch Überlieferung vermittelt werden kann und durch den sich die autonome schöpferische Kraft des Menschen bestätigt – in der gesamten atmosphärischen Spanne von Jubel-, Erfolgs-, Sieger- und Verlierer-Geschichten über Mitleids- und Angst-Geschichten, Spass- und Erbauungs-Geschichten bis hin zu Horror- und Gewalt-Geschichten – unsere heutige Mediengesellschaft.
Wesentlich an schamanichen Praktiken ist die Abwendung von jeder Art der Erkenntnis. Mystizismus, Riten, Religionen, Sitten und Moden, unbewusste und moralische Gefühle, so auch der Gehorsam sind manifester als Ideen, Meinungen, Prinzipien.
Tabakrauchen und Alkoholtrinken sind Genusskulturen, Lustkulturen. Die Befriedigung dieser Genusskulturen macht vorübergehend glücklich und selbstzufrieden. „Vorübergehend“ heisst hier: Alles was glücklich macht, macht vorübergehend glücklich. Glück ist nicht ewig. Alles in Maßen.
Abschreckung, Angstmache, Panikmache, Alarmismus, – Ekstase gegen diese Genusskulturen mittels Fotorealismus kranker Körperorgane ist schwächer als Lustbedürfnis. Lust ist stärker als Angst. Deswegen auch die dürftigen `Erfolge´ bei Kampagnen gegen AIDS und Alkoholismus und Glücksspiel und Fettleibigkeit etc.
Die so genannten „Ekel-Bilder“ werden von vielen Rauchern und von Alkoholtrinkern nicht als Bedrohung empfunden, sondern als lästig, störend bei der Lustbefriedigung.
Umgekehrt gewisse Nichtraucher – und Antialkoholiker – fühlen sich durch die – hemmungslose – Genuss-Lust bedroht und beschmutzt. Angst und Panik machen sich breit, Züchtigungs- und Reinigungs-Ekstasen brechen aus. Rauchen und Nichtrauchen und Trinken und Nichttrinken werden ideologisch-dogmatisch in „Unbedingtes“ eingeteilt: Sauber und Schmutzig, Anständig und Unanständig, Richtig und Falsch, Gut und Böse, Menschlich und Unmenschlich.
Antiseptische Hygiene-Ekstasen auch in städtischen Citys, auch als Säuberung von Bettlern. Eine der wichtigsten Aufklärungen Freuds war diejenige über den bürgerlichen Reinheitszwang und dessen Folgen.

AntiRauchKampagne: Diktatur der Fürsorge | Gesellschaft | ZEIT 
www.zeit.de › DIE ZEIT ArchivJahrgang: 2013Ausgabe: 01
03.01.2013 – Jeder hat auch die Freiheit, sich selbst zu schaden.

Panorama: AntiRaucherKampagnen: Schockbilder wirken nicht
www.badische-zeitung.de/…/schockbilder-wirken-nicht–68523292.h…
25.01.2013 – Schockbilder auf Zigarettenschachteln sind offenbar nicht geeignet, Rauchern ihre Sucht zu verleiden.

Warum die AntiRaucherKampagne Heuchelei ist – Die Welt
www.welt.dePolitik
27.02.2007 – Die Kampagne gegen Zigarettenqualm trägt hysterische Züge. Dahinter steckt Lustfeindlichkeit. Und die Suche nach klaren Feindbildern in

http://www.zeit.de/campus/2012/06/robert-pfaller-philosophie-genuss

Keine Vorsorge!

Es gibt keine gesetzliche und spezielle Vorsorge für Mund-Hals-Krebs, wie es sie für Lunge, Darm, Prostata, Haut, Blut, Brust, etc. gibt!
Warum nicht?
Das Gesundheitsministerium der Bundesregierung klärt nicht nennenswert auf, ebenso nicht die Deutsche Krebshilfe, Infoflyer, „Die blauen Ratgeber“, zum Thema sind in Krankenhäuser ausgelegt … zu spät … und man kann sie über die Webseite der Krebshilfe bestellen … wenn man ein Bewusstsein dafür hat, – ohne Aufklärung kein Bewusstsein. Nun betreibt die Deutsche Krebshilfe aktuell eine Anti-Raucher-Kampagne …
Auf meine schriftliche Anfrage ist das Bundesgesundheitsministerium ausschweifend schriftlich der Frage ausgewichen und hat auf die geplante Antiraucherkampagne hingewiesen, und die Deutsche Krebshilfe hat nicht geantwortet.

Man kann zum HNO-Arzt gehen mit dem Anliegen, sich auf Zungengrund-Carzinom und Rachen- und Kehlkopfkrebs, Stimmband-, Gaumen-Krebs etc. untersuchen zu lassen. Das setzt ein Bewusstsein über diese Krankheiten voraus. Und Bewusstsein setzt Aufklärung und Kommunikation darüber voraus. Die gibt es aber kaum. Obwohl Tabak und Alkohol als wesentliche Ursachen für Mund-Hals-Krebs gelten, wird hinsichtlich Tabak und Alkohol im öffentlichen Bewusstsein überwiegend Lungenkrebs kommuniziert; ansonsten Leberkrebs, Darm- und Prostatakrebs, für Frauen Brustkrebs (auch Männer können an Brustkrebs erkranken). Die gesetzliche Krebsvorsorge für Männer bezieht sich auf Prostata, Genital, Haut, Darm, bei Frauen Genital, Brust, Haut, Darm. An Mundhöhle-Rachen-Speiseröhre-Kehlkopf-Zungen-Gaumen-Stimmband-Krebs erkranken gegenwärtig in Deutschland jährlich ca. 20.000 Männer und 10.000 Frauen. Krebs-Todesursachen-Rancing bei Männern 6. Platz, bei Frauen 16. Platz, und weltweit erkranken Millionen Menschen und sterben Millionen Menschen.

Tabak und Alkohol können sich also nicht nur negativ auf Lunge und Leber auswirken, sondern auf Mund-Rachen, Kopf-Hals, Mundhöhle, Kehlkopf, Speiseröhre, Zunge, Lippen, Stimmbänder, Gaumen …
Also: mehr öffentliche Aufklärung für Bürger und für Hausärzte und bezahlte Vorsorge wegen Mund-Rachen-Krebs. Und zwar für alle Bürgerinnen und Bürger, Raucher und Nichtraucher, Trinker und Nichttrinker. Wie auch bei Lungenkrebs erkranken Raucher wie Nichtraucher an der Krankheit, und es bleiben Raucher und Nichtraucher von der Krankheit verschont. Ebenso verhält es sich mit Trinker und Nichttrinker.

Reichtums- und Armuts-Rauchen und -Trinken

Diese Antiraucher-Kampagnen weltweit und die für Europa angekündigte, bezieht sich überraschender Weise nur auf Zigaretten und auf Selbstdrehtabak und nimmt Zigarren, Zigarillos und Pfeifentabak aus:
„Die geplanten Vorschriften gelten zunächst für Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen. Ausgenommen sind Pfeifentabak, Zigarillos, Zigarren und bayerischer Schnupftabak“, General Anzeiger Bonn, 20.12.2012.
Geht es bei Tabak-Genuss-Kulturen um Reichtum und Armut – Luxus-Tabake und Publikums-Tabake?, auch seit Jahren mittels ständiger Preiserhöhungen?

„Laut „Stuttgarter Nachrichten“ will Schäuble nach der Bundestagswahl die Steuer auf Tabak-Feinschnitt für selbst gedrehte Zigaretten erhöhen. Die Erhöhung sei offenbar Teil des Sparpakets, das im Finanzministerium für die Zeit nach der Wahl geschnürt wurde, berichtet die Zeitung. Regierungskreise hätten bestätigt, das Ministerium habe den Unternehmen Reemtsma, Philip Morris und anderen Feinschnitt-Herstellern bereits die Pläne für die Steuererhöhung übermittelt und um Stellungnahme gebeten. Die Industrie solle bei einer marktschonenden Steueranhebung mitarbeiten“, Stern online 4.1.2013.

Verteuert werden sollen weiterhin die Tabakerzeugnisse, die für die unteren Einkommensschichten produziert werden, Selbstdrehtabake und Zigaretten.
In der Zigarettenkultur gibt es nur kleine Klassenunterschiede zwischen den billigen Publikumsmarken bei Discountern und den traditionellen Marken – wenngleich für Deutschlands Arme bedeutungsvoll -, von HB und Peter Stuyvesant bis Marlboro, und den teureren ägyptischen, arabischen Zigaretten, Marken wie Astor, Davidoff, Nil, Senoussi etc.

Bedeutende Preisunterschiede bestehen zwischen maschinengefertigten Publikums-Zigarren und -Zigarillos, Dannemann, Handelsgold etc. von A. André, Villiger etc., und Publikums-Pfeifentabak und Luxus-Zigarren und -Zigarillos und Luxus-Pfeifentabaken. Billigzigarren beginnen im Centbereich, die teuersten Zigarren liegen bei dreissig Euro, Ausnahmeeditionen bis einhundert und dreihundertfünfzig pro Stück. Raucher der Luxus-Zigarren aus Kuba und Karibik kostet der Genuss um fünfhundert bis drei-, vier-, fünftausend Euro pro Monat, je nach Anzahl gerauchter Zigarren am Tag.

Gleichzeitig, wie die Zigarettentabak-Kultur seit den Neunzehnhundertneunziger Jahren zunehmend in den Hintergrund gedrängt wurde, folgte eine Preiserhöhung und Steuererhöhung der anderen. Da Rauchen für untere Einkommensschichten zunehmend unerschwinglich wurde, produzierten die Tabakkonzerne Billigmarken für Zigaretten und für Selbstdrehtabak – HARTZ-4-Raucher. Gerhard Schröders Cohiba kostet um die 30 Euro, wenn er nur eine Zigarre am Tag rauchen würde, macht das monatlich soviel Geld aus, dass ein HARTZ-4-Empfänger zweieinhalb Monate davon überleben könnte.

Gleichzeitig etablierte bzw. profilierte sich also eine Zigarren-Herren-Genuss-Kultur, vorzugsweise in der Business-Luxus- und VIP-Szene. Den Rauchverboten in öffentlichen Räumen antwortete die Luxus-Kultur: Seit Jahren ist es verpönt, sich öffentlich beim Rauchen von Zigaretten zu zeigen, mit Zigarre hingegen scheint es Männern und Medien ein phallisches Bedürfnis zu sein. Die Zigarettentabak-Kultur wird seit den Neunzehnhundertneunziger Jahren zunehmend in den Hintergrund gedrängt, hingegen die Zigarren-Herren-Genuss-Kultur:

„Hier öffnet sich Ihnen eine Seite für den feinen Cigarrengenuss.
Cigarren und Cigarillos sind Genussmittel für Erwachsene.
Es ist allgemein bekannt, dass Rauchen ein Risikofaktor für die Entstehung von Krankheiten ist, und dass es schwer fallen kann, mit dem Rauchen aufzuhören.
Für die Benutzung dieser Seite müssen Sie das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Sind Sie über 18 Jahre alt?“

Mit diesem Text beginnt die Webseite von: 5THAVENUE Products Trading GmbH, Schwarzenbergstraße 3-7, 79761 Waldshut-Tiengen, Geschäftsführer: Heinrich Villiger
Und:
„Wer kennt das nicht? Man befindet sich in unbekannter Gegend und möchte eine Zigarre geniessen. Da das richtige Setting die halbe Miete des Genusses ist, sucht man nach einer geeigneten Lokalität. Leider nicht immer mit Erfolg.“
In Deutschland existieren tausende Zigarren-Lounges in Luxushotels, Restaurants, Clubs, Bars etc., wie auch europaweit und weltweit, wo man, meist Männer, Zigarren – auch Pfeife und, na ja, Zigarette – und Alkoholika geniessen kann,
z.B.:“Heinrich Villiger Luxus-Zigarren-Lounge:

„Einfach Genießen
Besuchen Sie uns in unsere Heinrich Villiger Zigarren-Lounge.
Genießen Sie unsere Weine, Rum, Whisky und suchen Sie sich in unserem begehbaren Humidor Ihre Zigarre aus. Gern beraten wir Sie auch bei Ihrer Auswahl, sowohl bei unserem Zigarrensortiment als auch bei Weinen und dem
Sortiment aus unserer kleinen Bar. 
Sehen Sie sich bei uns um und fühlen Sie sich wohl unter Freunden.
Hauptstr. 20 79809 Weilheim Deutschland“

Hallo Jungs!, und auch Ihr, die Minderheit zigarrenrauchender Mädels!

… Ihr leidenschaftlichen ZigarrenraucherInnen, vorzugsweise cubanische Zigarren … allen voran Cohiba, La Gloria Cubana, Trinidad, Montechristo, Bolivar, Romeo y Julieta, El Rey …

… Danny de Vito, Jean Paul Belmondo, Ralf Moeller, Guido Westerwelle, Werner Mang, Herbert Grönemeyer, Diego Maradona, Fritz Wepper, Arnold Schwarzenegger, Tony Marshall, Rudi Assauer, Sylvester Stallone, Udo Lindenberg, Liam Neeson, Bono, Al Pacino, Colin Farrell, Gerhard Schröder, Ben Becker, Gerard Depardieu, B. B. King, Bill Clinton, Peter Sloterdijk, John Malkovich, Otto Sander, Francis Ford Coppola, Robert DeNiro, Robert Duval, Pierce Brosnan, Jack Nicholson, Sean Penn, Jürgen Vogel, Kid Rock, Mickey Rourke, Leonardo Di Caprio, Helmut Dietel …

… und Ihr, die vielen nichtprominenten Zigarrenraucher von Luxusmarken weltweit …

… und Ihr, die vielen vielen vielen Raucher von Billigzigarren, „Fehlfarben“, Zigarren aus Sumatra, Karibik, Brasilien etc. …

… und ihr, die unzähligen Raucher von Selbstdrehzigaretten mit und ohne Filter, von Billigzigaretten, von Marken-Zigaretten und Luxus-Zigaretten mit und ohne Filter …

… Gregory Peck, Leonard Cohen, Madonna, Joe Jackson, Frnaziska van Almsick, Charles Aznavour, Jane Birkin, David Bowie, Eric Clapton, Kirk Douglas, Jane Fonda, Johan Cuyff, Antony Hopkins, Ringo Starr, Cesar Luis Menotti, Penelope Cruz, Alain Delon, Kate Moss, Jean Claude Juncker, Wynona Ryder, Justin Timberlake, Heinz Hoenig, Uma Thurman, Rita Hayworth, Mickey Rourke, Michelle Pfeiffer, Jennifer Lopez, Catherine Deneuve, Ulrich Tukur, Burt Reynolds, Salma Hajek, Liza Minelli, Jörg Wontorra, Gerard Depardieu, Wim Wenders, Heike Makatsch, Jonny Depp, Axel Prahl, Bob Dylan, Jasmin Tabatabei, Umberto Eco, Jürgen Vogel, Jutta Speidel, Julia Roberts, Joachim Löw, Hans-Magnus Enzensberger, Ornella Muti, Paul McCartney, Helge Schneider, Til Schweiger, Margarethe II. von Dänemark, Klaus J. Behrendt, Audry Hepburn, Erol Sander, John Malcovich, Brad Pitt, Marius Müller-Westernhagen, Hannelore Elsner, Hannes Jaennike, Keith Richards, Mia Farrow, Mick Jagger, Nicole Kidman, John Travolta, Ute Lemper, Jean Moreau, Sean Penn, Fiona Swarovski, Catheria Zeta Jones …

… und ihr die Zirarettenraucher in Memoriam Peter Ustinov, Salvatore Dali, Elvis Presley, Fred Astaire, Vaclav Havel, Gottfried Benn, Yves Montand, Burt Lancaster, Erich Kästner, Leonard Bernstein, Gustav Gründgens, Golda Meir, Heinrich Böll, Marlon Brando, Serge Gainsbourg, Max Frisch, John Lennon, Errol Flynn, James Stewart, Bette Davis, Romy Schneider, Carl Orff, Willy Brandt, Carl Zuckmayer, Dennis Hopper, Oscar Wilde, Hans Joachim Kuhlenkampf, Berthold Brecht, Virginia Woolf, Egon Erwin Kisch, Charles Bukowski, John Wayne, Dean Martin, Zarah Leander, Klaus Mann, Jean Paul Sartre, Franklin D. Roosevelt, John F. Kennedy, Richard Burton, Marchello Mastroianni, Albert Camus, Aristoteles Onassis, Coco Chanel, Marlene Dietrich, Friedrich Dürrenmatt, Cary Grant, O.W. Fischer, Kurt, Weill, Johannes Heesters, Curd Jürgens, Max Liebermann, Henry Miller, Pius XII., Yves Saint Laurent, Frank Sinatra, Sammy Davis jr. …

… und Zigarrenraucher in Memoriam Harald Juhnke, John F. Kennedy, Dennis Hopper, Hermann Hesse, Karl Marx, Ernst Lubitsch, Karl Valentin, Charles Chaplin, Bertold Brecht, Orson Welles, Al Capone, Thomas Mann, Winston Churchill, Edward G. Robinson, George Sand, Robert Schumann, Ernest Hemingway, Heiner Müller, Virginia Woolf, Martin Heidegger, Che Guevara, Fidel Castro, Alfred Hitchcock …

… Ihr, die Pfeifenraucher, Sherlock Holmes und Maigret und Nick Knatterton und Popeye und Mecki und Kapitän Haddock und Winnetou und Old Shatterhand, Tobias Moretti, Rüdiger Safranski, Norbert Blüm, Helmut Kohl, Günter Grass, Horst Lichter, Hans Joachim Fuchsberger …

… und ihr Pfeifenraucher in Memoriam Johann Sebastian Bach, Albert Einstein, Vincent van Gogh, Che Guevara, Loriot, Max Frisch, Josef Stalin, Karl Barth, Immanuel Kant, Paul Klee, Herbert Wehner, Gerald Ford, Bertrand Russell, Jean-Paul Sartre, Georges Simenon, Wilhelm Busch, Golo Mann, Siegfried Lenz, Ernst Bloch, Graham Chapman, Mark Twain, Arthur Conan Doyle, William Faulkner, Peter Brückner, Raymond Chandler, Jacques Derrida, Carl Gustav Jung, Otto Klemperer, Golo Mann …

… und Michael Douglas: weltweit haben die Medien über ihn und seine Krebserkrankung und Krebstherapie berichtet, durch seinen Kampf gegen den Kehlkopftumor ist Mund-Rachen-Krebs überhaupt erst einem breiteren Publikum bekannt geworden, – und auch Hausärzten!

Süchte? Ist Tabakrauchen Sucht?, – und Alkoholtrinken?

Wenn es im Übermass getan wird. In Maßen genossen ist es Genuss.
Sport ist nur Mord, Gesundheitsbeeinträchtigung, oder kann es sein, wenn er im Übermass getan wird. Ansonsten ist er gesunde Bewegung.
In Massen verwendet ist Kaffee- und Teetrinken, trinken von Bier, Wein, Spirituosen und Essen von Fleisch und von Süssigkeiten Genuss. Übermass kann Coffein-, Teein- und Alkoholsucht sowie Esssucht und Fettsucht oder umgekehrt Magersucht erzeugen.
Und Vergnügen im Übermass kann zu Glücksspielsucht, Fernsehsucht, Computersucht, Internetsucht, SMS-Sucht oder Kaufsucht, Konsumsucht, zu Partysucht etc. führen … auch zu Protzsucht, mit Fortbewegungsmitteln zu Geschwindigkeitssucht, zu Sonnenbräunungssucht und Sonnenstudiosucht, Fitnesssucht und Schminksucht und Bodystylingsucht … und dann Hygiene- und Sauberkeitssüchte wie Putzsucht für Wohnung, Auto, Waffen, Geräte und für Körper.
Und es gibt Eifersucht, Rachsucht, Todessehnsucht, Sensationssucht und Geltungssucht, Tobsucht und Verfolgungssucht und Beziehungssucht und Sexsucht … und es gibt Pöstchensucht, Machtsucht, Arbeitssucht und Selbstsucht, Herrschsucht, Aggressionssucht, Konkurrenzsucht und Streitsucht, Raffsucht und Verschwendungssucht … die womöglich schlimmsten Süchte der Gesellschaft.

Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko unserer Zeit, heißt es.

No smoking!, – und No Alkohol?

Was ist mit industriell produzierten Süssigkeiten, süsse Limonaden, Törtchen, Schokoriegel, Snacks, Eis etc. etc., was mit fetthaltigen und zuckerhaltigen und gesundheitsgefährdenden Fertigprodukten aller Art, was ist mit Medikamenten, und was ist mit Arbeitslosigkeit???
No Bier, Wein, Spirituosen?, No Fastfood?, No McDonalds, Currywurst, Bratwurst, Bockwurst, Döner?, No Fertiggerichte?, No Dr. Oetker, Nestlé, Maggi, Erasco, Sonnen-Bassermann, Knorr, Iglo etc., No Coca Cola und andere Zuckergetränke?, No Mars, Snickers und andere Zuckerriegel?, No Kaffee, Schwarz-Tee, Espresso etc.?, und No Autofahren, Fahrradfahren, Fußgänger?, No Medikamente?, No Fernsehen, No Glücksspiele, No Computer, No Shopping, No Bodydesign?, No HARTZ-4?, No Niedriglohn?, No Arbeitsstress? No Arbeitslosigkeit ? …

Da in der kapitalanbetenden Welt Mensch und Gesundheit in Kosten-Nutzen geführt wird,
werden gesellschaftliche Kosten von Krankheiten in etwa so beziffert, – obgleich Ursachen nicht wirklich nachweisbar sind, da der moderne Mensch permanent vielen krankmachenden Faktoren ausgesetzt ist:
Krankheiten durch Tabak ca. 25 Milliarden
Krankheiten durch Alkohol ca. 30 Milliarden
Krankheiten durch Fettlebigkeit ca. 20 Milliarden
Krankheiten durch Verkehrsunfälle ca. 30 Milliarden
Arbeitsunfähigkeit ca. 40 Milliarden
Rückenkrankheiten ca. 50 Milliarden
Psychische Erkrankungen, Stress ca. 30 Milliarden
Frühinvalidität ca. 10 Milliarden
Medikamentemissbrauch ca. 20 Milliarden
Unzureichende Integration von Zuwanderern ca. 20 Milliarden
Arbeitslosigkeit ca. 100 Milliarden

Weltgesundheitsorganisation:
„Gesundheit des Menschen ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“.

„Wage zu wissen“

Horaz/Kant
Freiheit und Masshalten und Aufklärung – statt Abschreckung, Verbot, Lust-Genuss-Feindlichkeit, Gehorsamsforderung.
Aufklärung und Wissensvermittlung – statt Angstmache, Panikmache, Alarmismus, Sündenbock-Opfer-Ekstase.
Vorsorgeangebote – statt Züchtigungsrituale, Dogma, Ideologie.

Autonomie und Willensfreiheit und „Nichts im Übermaß/Alles in Maßen“ geniessen und: „Du bist“.

Übermaß ist Sucht, alles in Maßen ist Kultur-Genuss, Genuss-Kultur.
Genuss in Maßen – statt Askese, Reinheitszwang, Unbedingtes, Absolutes, Extremes, Trotz, Abschreckung, Verfolgung.

Intelligentes Leben – statt unintelligente Todesflucht.
Aufklären statt spalten.

Wage zu wissen!

„Wage zu wissen!“
Vom Bildungsbürger
zum Bewusstseinsbürger

Vor fast zweieinhalbtausend Jahren sagte der Philosoph Sokrates zu dem jungen athenischen Politiker Alkibiades:
„Du leidest, mein Bester, an der schlimmsten Art des Nichtwissens. … Darum wirfst Du Dich jählings auf die Staatsgeschäfte, noch ohne jede Vorbildung dafür. Du bist aber nicht der Einzige, mit dem es so geht, mit fast allen hiesigen Staatsmännern steht es ebenso, und es gibt nur wenige Ausnahmen. … Darum, mein Teuester, folge mir und dem delphischen Spruche: Erkenne dich selbst“
(Platon, „Alkibiades der Erste“)

„Die Entstehung der Armut ist überhaupt eine Folge der bürgerlichen Gesellschaft, und sie ergibt sich im ganzen notwendig aus derselben …
Es häuft sich so Reichtum ohne Mass und Grenze an der einen und Not und Elend an der anderen Seite …
Die Vermehrung des Reichtums und der Armut hält gleichen Schritt … Mit der nhäufung der Reichtümer entsteht das andere Extrem, Armut, Not und Elend …
Nicht nur die äussere Not ist es, die auf dem Armen lastet, sondern es gesellt sich dazu auch moralische Degradation …
Diese beiden Seiten, Armut und Reichtum, machen so das Verderben der bürgerlichen Gesellschaft aus“
G.W.F. Hegel
„Vorlesungen über die Philosophie der Religion“

Bildungsbürger und Bewusstseinsbürger

Vor fast zweieinhalbtausend Jahren sagte der Philosoph Sokrates zu dem jungen athenischen Politiker Alkibiades: „Du leidest, mein Bester, an der schlimmsten Art des Nichtwissens. … Darum wirfst Du Dich jählings auf die Staatsgeschäfte, noch ohne jede Vorbildung dafür. Du bist aber nicht der Einzige, mit dem es so geht, mit fast allen hiesigen Staatsmännern steht es ebenso, und es gibt nur wenige Ausnahmen. … Darum, mein Teuester, folge mir und dem delphischen Spruche: Erkenne dich selbst“ (Platon, „Alkibiades der Erste“).

Seit dem frühdemokratischen Bürgertum Athens und dann Roms sind die Bürgerlichen Gesellschaften nach zweieinhalb Jahrtausenden ihrer Entwicklung an Grenzen geraten, welche Veränderungen der Verhältnisse und Selbstveränderung der Akteure und der Empfänger von Politik signalisieren. Akteure, welche aktiv am gesellschaftlichen und politischen Geschehen teilnehmen, „gestalten“ und „Verantwortung übernehmen“. Empfänger, Bürger, welche das egoistische und unbewusste Agieren der Akteure „ohne jede Vorbildung“ für „die Staatsgeschäfte“ zum Schaden anderer nicht mehr hinnehmen wollen. Das politische Bürgerleben in der modernen Demokratie beinhaltet konkret, dass Bürger gesellschaftliche Subjekte und Objekte sind: des Rechtswesens, als Gesetzestreue und als Kläger oder Beklagte, der Religionen, als Gläubige und Ungläubige, der Medien, als Publikum und als Kommentatoren (Internet), der Medizin, als Klient, der Wirtschaft, als Arbeiter, der Sozialbehörden, als Nichtarbeiter und unterbezahlter Arbeiter, der Freizeitindustrie, als Freizeiter und Tourist, der Markenartikler, als Konsumenten. Und der Bürger ist speziell mittels des Bildungswesens, welches sich durch alle genannten gesellschaftlichen Kategorien zieht, Bildung durch Eltern und Milieu, Schulen, Berufsleben, Medien, Bildungsbürger oder Infobürger der „Wissensgesellschaft“, je nach sozialer Herkunft. Jedoch mangelt es dem Bildungsbürger und dem Infobürger an Selbsterkenntnis, individueller wie kollektiver, der „schlimmsten Art des Nichtwissens“. Insbesondere der Bildungselite fehlt es so zum Bewusstseinsbürger zu werden. Der Bewusstseinsbürger ist es, über den Sokrates Alkibiades, der Staat und Menschen lenken will, aufklärt: der gebildete, politische selbstreflektierende Bewusstseinsbürger. Die Ekstasen um zu-Guttenberg und um Bundespräsident Wulff haben gezeigt, dass die Bildungselitler und Amtsinhaber Bewusstsein und Unbewusstsein haben und Ansätze von Selbsterkenntnis,  wenn auch widerwillig, inklusive Abwehrspektakel, Verleugnung, Verschiebung, und  dass sie keineswegs nur Amtzombies, seelenlose Wesen, sind. Demokratie ist u.a., wenn jeder sagen kann, was er will und nicht alles machen kann, was er will.

Zwei Wesensgründe sind dafür, dass Gesellschaften seit der Antike an Grenzen geraten und Veränderungen signalisieren. Produktion von übermässigem Reichtum für zu Wenige und übermässige Armut für zu Viele, und ebensolche ungleiche Verteilung von Bildung, Bildungsbürger und Infobürger, mangelnde Erziehung zu Erkenne-dich-selbst-Bewusstsein, zum Bewusstseinsbürger. Die bürgerliche  Erziehung hat eine Bildungs-Meinungs-Elite etabliert, welche die bürgerlichen Gesellschaften prägt und trägt. Sie gelten als höhere Bewusstseine, dass von Armen als niedere Bewusstseine. Und in eben diesen höheren Bewusstseinen sind die einen in ein Mass von Abwehr und Widerständen und andere in Selbstzweifel geraten, wie wohl nie zuvor. Und andererseits wächst ein Mass und eine Qualität von Kritik an den Bildungs-Meinungs-Eliten von den Geschädigten der Bürgerlichen Gesellschaften und denjenigen, die aus diesen heraus gedrängt sind, dem sich die Eliten nicht mehr zu entziehen vermögen. Weltweite Empörung der Bürger gegen ihre bürgerlichen Bildungs-Meinungs-Eliten, und in Diktaturen gegen ihre Gewaltherrscher, mit Empörung und Zorn, mit Wut, Mut und Hoffnung.

Warum haben seit ca. 600 vuZ. diese inhumanen Ungleichheiten ihren Lauf genommen, – obwohl damals, als die politischen Gruppen, Gesellschaft, die Wirtschaft und die Sittlichkeit in Athen zerrüttet waren, der athenische Gesetzgeber und einer der Sieben Weisen, Solon, der Gründer der athenischen Demokratie, gepriesen hatte, mit Wenigem glücklich zu sein, Neid, Geiz, Habgier, Übervorteilung zu verhindern, Tugend statt Überfluss zu leben, und er ermöglichte dem Volk geistige Bildung und handwerkliche Ausbildung, verbot die Schuldknechtschaft, kaufte die versklavten Bauern zurück, verbot den Export von Getreide um möglichen zukünftigen Hunger in der Bevölkerung vorzubeugen, und schliesslich tilgte Solon die allgemeinen Schulden der Kleinbauern und verkündete, zu grosser Besitz des Adels soll geteilt und die Pachtzahlungen aufgehoben werden. Und Solons Kollege, Thales von Milet, der als erster Philosoph gilt, antwortet in „Das Gastmahl der sieben Weisen“ des Geschichtsschreibers Plutarch auf die Frage, was der beste Staat sei: „Der weder allzu Reiche noch allzu Arme hat“. Soweit die ursprüngliche Bildungselite.

Und warum und in welcher Weise konnten sich diese inhumanen Ungleichheiten so lange halten?, – oder sind zweieinhalb Jahrtausende im Geschehen der Selbstbewusstseins-Menschheitsgeschichte kein langer Zeitraum?, ist die Antike `Gestern´? Was würden Solon heute tun und Thales heute antworten?

Beliebter als Selbstreflexion der Software Unbewusst/Bewusst ist die Hardware „Praxis“, Agieren, agieren von psychologischen Wiederholungszwängen bei Bürgerlichen und bei Linken, bei Reichen und auch bei Armen, bei Bildungseliten und bei Empörten, immer die gleichen Muster, individuell und in Gruppen.

Im Oktober 2011 assoziierten die Moderatorin Tina Mendelsohn und der Philosoph und Soziologe Oscar Negt in einem Gespräch in „Kulturzeit“ von 3SAT-TV zu den weltweiten Protesten die „Französische Revolution“, und dass diese „auch mal klein angefangen habe“. Vor der Französischen Revolution bestanden Finanzprobleme als Dauerzustand, Verteuerungen der Waren, Widerstand von Privilegierten gegen Veränderungen zu Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Aufklärung und Politisierung der Bewusstseine. Dann folgte schliesslich die berüchtigte „Schreckensherrschaft“ und darauf die Machtstabilisierung des reichen Grossbürgertums, des Adels, statt Selbstreflexion. Ähnliche Abläufe finden sich während und nach Revolutionen und – in anderer Weise – auch nach Kriegen im 20. und 21. Jahrhundert.

Das Subjekt, das Ich wehrt sich aktuell. Die Software, die Phantasie, das Denken des Individuums will die Verhältnisse politisch ändern. Sein äusseres Leben positiv verändern geht bereits einher mit dem Sichändern, kann jedoch unreflektiert bleiben, das Individuum selbst. Auf bewusste Selbstreflexion des Bewusstseins kommt es an, um sich der Herrenpolitik der Herren-Über-Ichs, seit Generationen von den Vätern auf die Söhne vererbt, innerlich zu widersetzen, auf lange Sicht, während und `nach´ Veränderungen des Aussen. ICH statt Gehorsam.

So geht es hier bürgerlich und links um Unbewusstes und Bewusstes, Unbildung und Bildung, die Selbstaneignung des Individuums und der Gruppen und nationalen und globalen Ensembles, um ihre Verdrängung von Langeweile und so genannter Depression mittels uralter Ekstasen, von Medien als Selbsterfahrungsopern wie „Gottesbeweise“ inszeniert, vom Bildungsbürger zum Bewusstseinsbürger, als der Sokrates auftrat, und es geht um den `ewigen´ Zustand von Reichtum und Armut, dem unterschiedlichen Elend in armen Ländern und in reichen Ländern, von der Altsteinzeit bis in die `heutige Jungsteinzeit´.

Tarnumhang“

Der Herausgeber der bürgerlich-konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Frank Schirrmacher, schreibt am 15.8.2011 unter Stichwort „Bürgerliche Werte“: „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat. Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der grössten Gegner zuzutreffen scheinen“.

Finanzmarktpolitik und Ökonomie, Ökologie und Atomkraft, Bildung und Erziehung, Sozialpolitik und Rechtspolitik, Realpolitik und Pragmatismus, überhaupt bürgerliche Politik wird nun auch auf der bürgerlichen Seite als das wahrgenommen, was sie immer war: Herrenpolitik, – und überwiegend nicht anders linke Politik. Hinter der sachlichen Ausübung von Herrenpolitik, der Praxis, steht das einzelne Subjekt und derart auch als Gruppenindividuum, die seelisch-geistige Person. Herrenpolitik setzt sich als Herren-Über-Ich seit Generationen fort, von den Vätern auf die Söhne. Und wenn `richtige´ Theorien, Wahrheiten, Realitäten, z. B. der Skandal der Armut, „Mord“, wie Jean Ziegler sagt, mit politischer Praxis parteilich-autoritär „bekämpft“ werden, bleibt auch die Bearbeitung von Wahrheiten Herrenpolitik, mit den entsprechenden Selbstverleugnungen, Widerständen und Abwehr, Grössenwahn und Verfolgungswahn, Lügen, Rollen, Masken … und Projektionen, und mit den entsprechenden Unlösungen.

Schirrmacher weiter: „Es geht darum, dass die Praxis dieser Politik wie in einem Echtzeitexperiment nicht nur belegt, dass die gegenwärtige `bürgerliche´ Politik falsch ist, sondern, viel erstaunlicher, dass die Annahmen ihrer grössten Gegner richtig sind“.

Schirrmacher erkennt falsche bürgerliche Politik, und schliesst kurz, dass die der Linken richtig ist, so, wie er und seine Bürgerkollegen kurzsichtig lange daran geglaubt und festgehalten haben, dass ihre bürgerlichen Herrenexistenzen das wahre Leben sei. Schirrmachers „bürgerlicher Werte“-Identität wackelt. Bewegt zitiert er den „erzkonservativen Charles Moore im Daily Telegraph“, welcher nach dreissig Jahren als Journalist an bürgerlicher Politik zweifelt, weil „linke Analysen“ sich als richtig erweisen: „Die Stärke der Analyse der Linken liegt darin, dass sie verstanden haben, wie die Mächtigen sich liberal-konservativer Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich ihre Vorteile zu sichern“.

Nicht nur sie, Linke sind darin ebenso gierig wie Bürgerliche, ob als Politiker, Kleinunternehmer, Angestellte oder `Freie´, – die ewigen Kleinbürger. Auch sie haben eine Sprache der Tarnung und ebensolche Praxis. Es sind die Tarnumhänge der Widerstände und Wiederholungszwänge gegen Selbsterkenntnis. Statt dessen wird „Praxis“ agiert.

Schirrmacher weiter: „,Globalisierung‘ zum Beispiel sollte ursprünglich nichts anderes bedeuten als weltweiter freier Handel. Jetzt heißt es, dass Banken die Gewinne internationalen Erfolgs an sich reißen und die Verluste auf jeden Steuerzahler in jeder Nation verteilen. Die Banken kommen nur noch ,nach Hause‘, wenn sie kein Geld mehr haben. Dann geben unsere Regierungen ihnen neues“.

Die Gier der Banken ist die Gier der Einzelnen und damit die Politik der Bürgerlichen: Christen, Liberale, Sozialdemokraten, Grüne, Linke mehr oder weniger.

Schirrmacher schliesst seinen Artikel: „Ein Bürgertum, das seine Werte und Lebensvorstellungen von den `gierigen Wenigen´ (Moore) missbraucht sieht, muss in sich selbst die Fähigkeit zu bürgerlicher Gesellschaftskritik wieder finden. Charles Moores Intervention zeigt, wie sie aussehen könnte“.

In sich zu gehen ist leichter gesagt als getan. Denn wer sich dreissig Jahre über die Menschheitsgeschichte belastende Realitäten irrt, irrt ursächlich, persönlich, ichhaft. Sich den Missbräuchen und Irrtümern des eigenen Bewusstseins und Gedächtnisses zu stellen, ist eine ichhafte Schwierigkeit ersten Ranges. Zwischen `uns´ stehen Widerstände, Abwehr, Ängste, Schuldgefühle, Grössenwahn, Verfolgungswahn, Lügen, Rollen, Masken … und Projektionen. Immerhin aber wird erkannt, dass man „in sich selbst die Fähigkeit zu bürgerlicher Gesellschaftskritik wieder finden“ muss. Und schon blitzen am Schluss des Artikels Widerstände und Abwehr auf: „… gierigen Wenigen“ (Moore), verschiebende Projektionen auf andere, als wäre Gier nicht ein menschlich immanenter Triebaffekt mit Phantasien und globaler Praxis, bürgerlich wie teilweise links. Deswegen wurde Peter Sloterdijks Vorschlag der „gebenden Hand“ hier wie dort empört unverstanden.

Nicht anders ergeht es uns, wenn wir ins kollektive Gedächtnis einsteigen: „Die Stärke der Analyse der Linken liegt darin, dass sie verstanden haben, wie die Mächtigen sich liberal-konservativer Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich ihre Vorteile zu sichern“ (haben Linke in ihrer Weise und für ihre Zwecke ebenfalls getan). Die kollektiven Gedächtnisse werden über Gehorsam durch Ideologien, Manipulationen, Lügen, durch Schuldgefühle und Grossängste und Grossgrössenwahne gespeist – und Projektionen. Widerstände und Abwehr werden mächtig aufgebauscht und gefüttert. Der „Tarnumhang“ ist eine individuelle und eben auch eine kollektiv-historische Entwicklung, insbesondere seit der Neuzeit. Die Neuzeit begann ihr 16. Jahrhundert damit, alles von Grund auf umzustossen um Besseres zu sollen und zu wollen, da die Menschheit noch nie in menschenwürdigen Verhältnissen gelebt hatte. Moral des Sollens als Form sozialer Vernunft, aufgrund mangelnder Eigengestaltung, Kultivierung der menschlichen Natur selbst, obwohl Selbstreflexion bereits von den antiken Griechen gefordert war. Also bildete sich seit der Antike historisch-genetisch Moral gemeinsam mit Vernunft als prozessuale. Der Mensch ist von Natur aus nicht schlecht oder gut, er ist a-moralisch – und auch egoistisch, gierig, – und altruistisch.

Moral heute kann sein, Armen ein besseres Leben durch den vorhandenen Überreichtum zu ermöglichen, weil Armut unmoralisch und unvernünftig ist, oder/und Armen ein besseres Leben zu ermöglichen, weil ansonsten Überreichtum und alle Verhältnisse umgeworfen werden könnten. Das erkenntnistheoretische Interesse an Moral ist politisch motiviert, weil die aktuelle Krise, der reale Zustand als Teil des Systems, schier unüberwindbar scheint. Vielleicht ist beides moralisch und vernünftig: vernünftiges Mitgefühl und vernünftiger Realitätssinn. Und beides könnte vernünftiges Recht sein, Erlernbar für das Bürgertum und für das Linkstum.

So könnte der „Tarnumhang“ kollektiv gelüftet werden. Kollektive Änderung jedoch, das Ändern der Verhältnisse, fällt, nach dem jungen linken Marx, mit dem Sichändern zusammen („Deutsche Ideologie“). „Du musst dein Leben ändern“, heisst es wegen Heine aktuell bei Peter Sloterdijk. Und: die Geschichte der geistigen Menschheit begann um 600 vuZ. mit „Erkenne dich selbst“. Es bildete sich die Demokratie in Griechenland. Gleichzeitig wirkte das damals weltberühmte, globale Orakel zu Delphi. Das Delphischen Orakel war ursprünglich der aus der Zeit der Frauengesellschaften stammenden weiblichen Urgottheit Gaia geweiht, und nun durch den Gott Apollon ersetzt worden, der den Übergang zu Männerherrschaft und Herrendenken symbolisierte. Jedoch weissagte das Orakel durch mehrere weibliche Medien, zu förderst durch das Medium Pythia, und zwar in Ekstase. Ausgelegt wurden ihre Sprüche durch männliche Apollopriester. Derart war das Orakel zum therapeutischen Grossmedium aufgestiegen. Und gleichzeitig paarte sich mit diesem sich zwischen Wunsch und Wirklichkeit der Ratsuchenden bewegenden Marketinginstrument der Beginn der Entwicklung des Bewusstseins, des philosophischen Denkens: am Eingang des Tempels hatte einer der Sieben Weisen – wahrscheinlich – Chilon von Sparta, oder Thales von Milet, der als erster Philosoph gilt, oder ein anderer, die Botschaft geschrieben: „Erkenne dich selbst“.

Ausgerechnet also am Eingang des Tempels des Orakels wurde diese Botschaft festgeschrieben, als Aufforderung, selbst zu denken, sich mit sich selbst auseinander zu setzen, den Balken im eigenen Auge, statt den Splitter im Auge des Anderen zu sehen, seine Seele zu gesunden, statt die Welt zu gewinnen, Selbsterfahrung als therapeutisches Lebens- und Überlebens-Training, als ständige, zum Leben gehörende, und nicht nur bei schwierigen Fragen und Problemen anzuwendende Übung des Geistes und der Seele.

Gesellschaftlich markiert „Erkenne dich selbst“ den Übergang von der Zeit der Ängste, Ekstasen und Mythen hin zur Zeit des Geistes, der Vernunft, der Selbstreflexion. Das Orakel war ein politisches Instrument zur Steuerung des Zeitgeistes und der Gesellschaften. Dies wird als der Beginn der geistigen und der seelischen historischen Geschichte verstanden. Mit dem Orakel und den Sieben Weisen flossen bisheriger Mythos und neuer Geist ineinander. Die ersten Philosophen nach den Sieben Weisen verstanden „Erkenne dich selbst“ im Sinne von „Erkenne, Mensch, dass du ein Mensch (und kein Gott) bist“. Selbsterkenntnis war für Sokrates das Wissen um die eigene Sterblichkeit und das Wissen um das Nichtwissen. Richtige Selbsterkenntnis hiess Besonnenheit und massvolles Verhalten, Selbstprüfung der individuellen Defizite, und wie Platon aufforderte: „Sorge um die Seele“. Sie, die Seele, ist in der „Illias“ bei Homer „eidolon“, das Abbild oder Schattenbild des Menschen.

Dies ist die Entdeckung des Selbstbewusstseins, die Erkenntnis der Seele, die für Platon göttlich und unsterblich ist. So ist der Mensch geistiges und göttliches Wesen. Und Aristoteles verpflichtet den Menschen zu richtiger Lebensführung. Die Neuplatoniker später verstanden „Erkenne dich selbst“ als Ermutigung zu Verinnerlichung und zu geistigem Aufstieg. Schon der erste Philosoph, Thales von Milet, hatte gefragt: Was ist der Mensch? Er richtete seinen Blick auch auf ein äusseres Ich, welches mit der Natur ausserhalb des Menschen und dem gesellschaftlichen Ensemble zusammen hängt. Und auf die Frage, was das Schwerste im Leben sei, antwortete Thales: Sich selbst erkennen. Schliesslich fragte Sokrates: Wer bin ich?, und er fügte hinzu: Ich weis, dass ich nicht weis, – was Immanuel Kant 2000 Jahre später enthusiastisch pries.

Aristoteles schrieb ein Lehrbuch „Über die Seele“, Platon entwickelte ein Schichtenmodell der Seele, mit Stufen des Bewusstseins, das Sigmund Freud über zweitausend Jahre später zu einem psychodynamischen Modell ausbaute. Die philosophische und psychologische Suche nach Wahrheit und Wesen des Menschen und der Welt, nach Ethik, Moral, dem Guten und dem Bösen, dem Schönen und dem Hässlichen, wie Menschen in Glück und Freiheit zusammen leben könnten, war in Bewegung. Dies bezog sich jedoch ausschliesslich auf die griechischen und später die römischen männlichen Bürger, nicht auf die Sklaven, nicht auf die armen Arbeiter, die „Menschenfüssler, und nicht auf die Frauen der Bürger, und nicht auf deren Kinder.

Bürgerliche und linke Bildungs-Meinungs-Eliten

Die psycho-intellektuelle Selbstreflexions-Kultur der bürgerlichen und der linken Bildungs-Eliten seit dem 2. Weltkrieg ist ursächlich in die subjektiven und kollektiven gesellschaftlichen Desaster verwickelt. Deswegen läuft es bei Licht betrachtet darauf hinaus, nicht nur die Verhältnisse zu ändern, vielmehr sich selbst zu erkennen, sich zu ändern und derart die Verhältnisse produktiv zu ändern, und sich im Ändern der Verhältnisse weiter zu verändern.

Es geht derart um die gegenwärtige Existenz-Ernstfall-Atmosphäre von Meinungs-Bildung, insbesondere bei Meinungs-Bildungs-Eliten, um den Spannungsbogen „Bürgerlicher Werte“ von: „Bild Dir Deine Meinung“ bis hin zu: „Wage zu wissen!“ („Dimidium facti, qui coepit, habet: sapere aude, incipe“, Horaz, Kant, Schiller), sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, statt in Unmündigkeit zu verharren.

Aktuell steht der höchste Mann im Staat Deutschland beispielhaft für: „Du leidest, mein Bester, an der schlimmsten Art des Nichtwissens. … Darum wirfst Du Dich jählings auf die Staatsgeschäfte, noch ohne jede Vorbildung dafür. Du bist aber nicht der Einzige, mit dem es so geht, mit fast allen hiesigen Staatsmännern steht es ebenso, und es gibt nur wenige Ausnahmen“. – Der `kleine´ Christian Wulff wurde von zwei Männern verlassen. Zuerst vom leiblichen Vater, Jurist, konservativer Katholik. Die Eltern trennten sich als er zwei Jahre alt war, die Mutter erzog ihn alleine. Während seiner Pubertät verliess der zweite Mann der Mutter, sein Stiefvater, sie und ihn. Von Vätern verlassen aufwachsend wird er als Schüler in die CDU eintreten, männlichen Umgang und Ersatzväter suchen (den konservativen katholischen Politiker Werner Remmers nennt er seinen „politischen Ziehvater“). Wulff legt Wert auf „Freunde“, sagte im Interview mit Deppendorf und Schanzen, dass es ihm wichtig sei bei Freunden zu übernachten und mit ihnen zusammen zu kochen und zu frühstücken. Der `kleine´ Christian vermisst immer noch die grossen Männer und sucht so die Nähe zu starken Freunden, will an die Grossen ran, die Reichen und Mächtigen, die, die im Licht stehen. Und er gehört zum CDU-Männerbund „Andenpakt“, von 1979 bis noch 2007.

Der Junge Christian übernahm die Pflege der an Multipler Sklerose erkrankten Mutter. Und er half bei der Erziehung der jüngeren Halbschwester; eine weitere jüngere Halbschwester hat er aus der neuen Partnerschaft seines Vaters. So wächst er überwiegend vaterlos in einem Frauenhaushalt auf, erzogen von der Mutter.

Wulff studiert nun Jura in der Stadt in der er geboren wurde und in der er dauerhaft lebt, Osnabrück. Nach dem Studium arbeitete er als Rechtsanwalt in einer Anwaltssozietät in Osnabrück.

Und hier in Osnabrück lernt Christian seine erste Frau Christiane kennen, mit der er später eine gemeinsame Tochter hat. Nach achtzehn Jahren Ehe in Osnabrück ändert Wulff mit Ende Fünfzig sein Leben: Wulff verlässt die Familie und liiert sich mit der jungen Bettina. Bettina Körner hatte ihr bisheriges Leben in Grossburgwedel  und Hannover als Pressereferentin verbracht. Nun beginnt für den melancholisch-phlegmatischen Charakter Christian Wulff mit der lebhaften sanguinen Bettina Wulff das wahre Leben, die wahre Anerkennung. Das Amt des Bundespräsidenten kommt da wie gerufen. Heraus aus der Provinz, hinein in die grosse Welt.  Ein Spiel, wenig Arbeit. Bereits das Amt des Ministerpräsidenten hatte in Niedersachsen und teilweise bundesweit ermöglicht, dass Christian Wulff und auch Bettina Wulff umworben wurden von denen, die in gewissem Licht stehen und ihrer Zeigelust nachgehen.

Die Bundespräsident-Ekstase – wie viele andere – haben gezeigt, dass die Bildungselitler und Amtsinhaber Bewusstsein und Unbewusstsein haben, keineswegs nur Amtzombies, seelenlose Wesen sind. Demokratie ist, wenn jeder alles sagen kann, was er will und nicht alles machen kann, was er will. Christian Wulff unterscheidet sich von vielen seiner Kollegen dadurch, dass er bewusst kaum destruktive, gar kriminelle Neigungen hat, wie seit Strauss zahlreiche Politiker. Wulffs unreifes Vergehen, insbesondere für den Berufungsberuf Politiker, dessen Ansinnen es ist, für die Leben der Bürger Entscheidungen zu treffen, ist die erworbene unbewusste Unwissenheit und „selbstverschuldete Unmündigkeit“.

Wenn Wulff also aus privaten Gründen vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten ist, dann somit inklusive seiner privaten „selbstverschuldete Unmündigkeit“, seiner mangelnden Selbstreflexion, mangelndem Wissen über sich selbst.

Über Wochen wurden seine Sünden veröffentlicht. Bei all seinem korrupten Agieren, er ist aktueller Sündenbock der in Umbruch befindlichen Gesellschaft. Wenn das mal gut geht.

„Wage zu wissen!“ entwickelte Kant aus dem berühmten Satz des Sokrates: „Ich weiss, dass ich nicht weiss“. Sokrates meint die Entwicklung der eigenen Erkenntnis, welche begreift, sofern man sich bemüht, dass Wissen meist vermeintliches ist, Scheinwissen, Meinung statt Wissen, und somit das Bewusstsein des Nichtwissens aufgeht. Und Sokrates´ Urahne Homer hatte im zweiten Gesang der Illias verkündet: „Kündet ihr Musen mir jetzt, die ihr hauset im hohen Olympos: / Göttinnen seid ihr, allgegenwärtig und alles erkennend: / Unser Wissen ist nichts, wir horchen allein dem Gerüchte“.

In der Praxis ist Entwicklung von Erkenntnissen über das eigene Bewusstsein des Nichtwissen allgemein und in der Bildungselite insbesondere unbeliebt, Verdrängungs- und Verleugnungs-Kultur macht sich niedertriebig breiter. Damit einher geht ein Verlust von Respekt vor dem anderen und Manieren des Umgangs. Kritikern wird mit Vorwürfen begegnet: sie unterdrücken die Meinungsfreiheit, seien undemokratisch, dies oder das wird man wohl noch sagen und tun dürfen …

Beliebter als die Software Selbstreflexion ist die Hardware Aktion. Was Empörung und Protest gegen autoritäre Verhältnisse betrifft: Ausserparlamentarischer Widerstand begann nach Gründung der Bundesrepublik wegen Einführung der Bundeswehr und Wiederbewaffnung. Es folgte die Anti-Atomwaffen-Protestbewegung und die der Kriegsdienstverweigerer, die Friedensbewegung, Frauenbewegung, Bewegung gegen die Notstandsgesetze; in den siebziger und achtziger Jahren dominierten Themen wie Ökologie und Atomkraftwerk und Atomwaffen, aus ausserparlamentarischen Bewegungen wurden teilweise parlamentarische. Die Software wurde hinten an gestellt.

Das Innen kann man nicht sehen und nicht anfassen. Das Unbewusste kann ich nicht sehen und nicht anfassen. Wenn ich geduldig hineinhorche, ist immer etwas zu finden. Das Unbewusste wird Unbewusstes genannt, weil es unbewusst ist. Meine Phantasien kann ich assoziativ leben. Erleben bedarf freischwebender Aufmerksamkeit, statt Verdrängung und Verschiebung und Verleugnung, und die eine oder andere Phantasie gelingt es anzuhalten, zu reflektieren und Ansätze von Sinn zu erreichen. Sehen und Anfassen kann ich die Vergegenständlichungen meiner Phantasien – und derer von anderen -, die als Projektionen auf Menschen und Dinge `greifbar´ werden. Daran kann ich mich festhalten, daran kann ich mich abreagieren, daran kann ich mir niedertriebig freien Lauf lassen, mich an anderen abreagieren. Naheliegend, dass eben menschliche Hardware beliebter ist als Software, – agieren statt reflektieren.

Unbeliebt: „Wage zu wissen!“

Eine grundsätzliche Kardinalerfahrung seit den 60er Jahren in so genannten linken Milieus, welche sich als Avantgarde verstehen, ist die Herrschaft des Unbewussten bei Linken. Ursache ist repressive Erziehung, durch welche Linke geprägt wurden, wie es überhaupt der Mehrheit der Kriegs-, Kriegsende- und Nachkriegskinder erging. Mittels autoritärer postnazistischer Erziehung wurden viele, vielleicht die meisten Jungen und Mädchen aller sozialer Schichten, nach Kriegsende erzieherisch verbal und körperlich gedemütigt statt bestätigt und anerkannt. Nicht wenige Kinder waren ungewollt und wurden erzieherisch verhindert. Diese gewalttätigen Eltern sind während der Nazi- und Kriegszeit der zwanziger, dreissiger und vierziger Jahre aufgewachsen, mussten ihrerseits beschädigte Kindheiten und Jugendzeiten hinnehmen und mit mangelnder und falscher Bildung sowohl des Geistes wie des Herzens aufwachsen, betrogen um ihre Kinder- und Jugendzeit, was zu gesteigerten Ängsten, gehorsamer Selbstverleugnung und Aggressionen führte.

Diese Jahre sind unwiederbringlich verloren. Möglichkeiten von Aufarbeitung der Beschädigungen wurden in den postnazistisch-demokratischen fünfziger und sechziger Jahren vorwiegend in Teilen der Geisteswelt thematisiert, in der Breite und Tiefe der Bevölkerung nicht befördert. im Gegenteil, Gehorsam, Pragmatismus und Kampf ums neue Dasein hiessen die Geister der Zeit. Trauer („Die Unfähigkeit zu trauern“, Alexander und Margarete Mitscherlich) um die Opfer und die Taten und um verlorene falsche Idealismen wichen einer materiellen Gestaltung des Lebens im Glauben an die Einheit von Konsum und demokratisch-bürgerliche Freiheit.

In der Generation der dreissiger und vierziger Jahre verankerte sich Schuld – mehr oder weniger unbewusst -, die sich in der zweiten Hälfte der vierziger und in den fünfziger Jahren durch Aufdeckung völkischer Taten bestätigte. Diese Schulderfahrungen wurden vorzugsweise mittels moralischer Härte und damit einhergehenden Autoritarismus und traditionellen Gehorsam rationalisiert. Die „Bonner Republik“ lebte bis Ende der sechziger Jahre eine Über-Moral des schlechten Gewissens, Kritik wurde häretisch empfunden und mit empörter Aggression aus dem Weg geräumt, natürliche Würde, Ehre und Stolz des Menschen mit wirtschaftlichem Erfolg, Karriere, Fleiss und Sauberkeit und Ordnung in Eins gesetzt, als Hyperidentität und „Tarnumhang“.

„Die Unfähigkeit zu trauern“ um die Opfer und wegen der Taten in den vierziger und dreissiger Jahren setzte Trotz-Destruktionen frei, die sich gegen die eigenen Kinder richtete, insbesondere die Söhne, – Töchter und Ehefrauen kamen auch dran, aber zweiter Klasse. Und aus unbewusster Selbstscham deswegen, wurde „erst Recht“ gegen Kritik der Kinder unterdrückt.

In „Was ist Aufklärung?“ schreibt Kant im Sinne des Anerkennungsbegriffs seines Kategorischen Imperativs: „Dass der bei weitem grösste Teil der Menschen (darunter das ganze schöne Geschlecht) den Schritt zur Mündigkeit, ausser dem dass er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte: dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben“.

So die bürgerlichen Milieus, aus dem viele Linke stammen. Die Kritik der Söhne und der Töchter an den Vätern, von Töchtern auch an Mütter, wurde also häretisch empfunden und mit empörter Aggression aus dem Weg geräumt. Weltweite ausserparlamentarische Bewegungen merkten auf. Weltweit reagierten die Staatsmänner mit Gewalt gegen Demonstranten, viele wurden von Staatsbeamten getötet. Es ging nun nicht mehr nur um persönliche Auseinandersetzungen zwischen Söhnen und Vätern, junger Generation und Elterngeneration, und es ging auch politisch nicht mehr ausschliesslich um Nationalsozialismus und um den Holocaust als politische Auseinandersetzung zwischen den Generationen, es ging jetzt bei den weltweiten ausserparlamentarischen Widerständen um gegenwartspolitische Themen, dominant um den Vietnamkrieg, welcher nach den weltweiten ausserparlamentarischen Friedensbewegungen zum Auslöser für internationalen Widerstand wurde. Der Vietnamkrieg wirkte gewissermassen als Wiedergänger mit bekanntem unmenschlichem Antlitz des Nazismus und des Vernichtungskriegs und des Holocaust im Sinne von Menschenvernichtung – es war, als hätten die Widerständler den 2. Weltkrieg vor Augen, als Wiedergeburt der Ahnen, der gefürchteten und verehrten Ahnen: Herrschaft über Menschen und Eroberung von Gebieten, Rassismus, Ideologie, Völkermord, Sadismus, Verachtung … Die damals gegenwärtigen Herren und Entscheidungsträger in Deutschland, die Meinungs-Bildungs-Elite unterstützten die Politik der USA, rationalisierten den Vietnamkrieg, wie sie immer noch Nazismus rationalisierte, verteidigten ihren Krieg und ihre Jugendideale. Verdrängungs- und Verleugnungs-Kultur statt Selbst-Reflexions-Kultur – „Das Zeitalter der Psychopathen“ und der Bürokraten („Verratene Liebe – Falsche Götter“, Arno Gruen) hat damals begonnen.

Und nach dieser ausserparlamentarischen emanzipativen Phase der sechziger Jahre imitierten Söhne in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren die von ihren preussisch-nazistischen Vätern erworbenen tiefenpsychologischen und charakterologischen Muster der Väter und trugen deren Maso-Untertanen-und-Sado-Unterwerfer-Leid nun mit, machten das Verinnerlichte persönlich und gesellschaftlich praktisch, als totalitaristische Therapiepolitgruppen, agierten und rationalisierten zwangsneurotisch, statt bewusst zu reflektieren, Selbstreflexion wurde Konterrevolution. Dieser Prozess zog sich über rund dreissig Jahre hin, bis 1998: Selbstauflösung der RAF, um in eine folgerichtig neurotisch-reaktionäre Qualität nun auf der Ebene der obersten Herrenmacht zu münden: die Rot-Grün-Regierung Schröder-Fischer.

Franz Böhm schreibt 1954 in seinem Geleitwort der Studie des Frankfurter Instituts für Sozialforschung über die öffentlichen und nichtöffentlichen Meinungen im Nachkriegsdeutschland: „Die Bekenner nicht-öffentlicher Meinungen sind alles andere als schüchtern und verschwiegen. Sie sind durchaus geneigt, einem diese Meinungen sogar höchst herausfordernd oder aber mit sanft bohrender Eindringlichkeit ins Gesicht zu sagen … Ein sehr großer Teil von ihnen hat … eine Denkweise, die ursprünglich keineswegs volkstümliche Lehren und Denkweisen waren, sondern die Denkweise von Renaissance-Höfen, Herren und Überlagerern, die sich den Teufel um individuelles Leid und um das Schicksal von Menschen kümmerten, die sich in den sozialen Sphären unterhalb der Regentenschicht herumtrieben. Hier ist in ganz grossem Umfang Herrendenken, und zwar schikanösestes und herzlosestes Herrendenken im Zuge der Jahrhunderte bei Müller und Schulze angelangt … Kanäle geben, auf denen die Meinungen der nicht-öffentlichen Meinung kursieren. Wahrscheinlich bestehen diese Kanäle in Familien-, Bahn- und Kollegengesprächen … Denn das Denken der Eltern prägt sich den Kindern unauslöschlich ein, und die am Tisch mit Nachdruck geäusserten Vorurteile der Väter haben im Ohr der Kinder den Klang ehrwürdiger Weisheiten …“.

Gerd Koenen datiert und bezeichnet den Zeitraum von 1967 bis 1978, beginnend mit dem 2. Juni 1967, der Erschiesssung von Benno Ohnesorg durch den Polizisten Kurras, bis zu den Selbstmorden der RAF-Führung der ersten Generation, Ulrike Meinhof, Gedrun Enslin, Andreas Baader 1977, als „Das rote Jahrzehnt“.

FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher schreibt am 15.8.2011 unter Stichwort „Bürgerliche Werte“ am Schluss seines eingangs zitierten Artikels: „Der geradezu verantwortungslose Umgang mit dem demographischen Wandel – der endgültige Abschied von Ludwig Erhards aufstiegswilligen Mehrheiten – macht in seiner gespenstischen Abgebrühtheit einfach nur noch sprachlos“.

Die „aufstiegswilligen Mehrheiten“ waren es damals deswegen, weil die Wirtschaft als „Wunder“ boomte, und es der Mehrheit sozial relativ gut ging, besser als vor dem Krieg. Neue Ideologie war nun Konsumgesellschaft, von der Gesellschaft des Geben und Opferbringen im Nationalsozialismus zur Gesellschaft der Belohnung, materielle Belohnungen, keine geistigen. Womöglich begann damals die Plünderung der Zukunft, das Heute, als eine Art Flucht vor der Schuld der Vergangenheit bereits u. a. mit der Erfindung des Kleinkredits, des Konsumkredits in den fünfziger Jahren, mittels dessen staatlicherseits das Wirtschaftswunder zu Lasten des Schulden- und Schuldtums der kleinen Leute, der Konsumenten eingeläutet wurde. Die Staatsschulden stiegen und Bürger wurden zu Schuldnern. Man lebte über seine Verhältnisse, obwohl die bürgerliche Elite predigte: „Man kann nur das ausgeben, was man hat“. Alex Möller, Finanzminister der Regierung Helmut Schmidt, nannte am 5.11.1975 in einer Rede vor dem Bundestag Adenauer, Erhard und Kiesinger die CDU-Schuldenmacher der Nation, von 1948 an, als Deutschland aufgrund der Währungsreform praktisch schuldenfrei war, bis 1969. Das war das Jahr, als dem Wirtschaftswunder die Luft ausging und nach offiziellen Angaben weit über eine halbe Million Menschen arbeitslos waren. Die Verschuldung betrug damals rund 50 Mrd. DM. Jedoch 1975 betrugen die Schulden rund 100 Mrd. DM und die Nettokreditaufnahme bereits 64 Mrd. DM, und sie sollte von nun ab ständig weiter steigen. Wegen der ausufernden Schuldenpolitik Helmut Schmidts, rund 350 Mrd. DM bis 1982, kündigte die FDP die Regierungsbeteiligung auf.

„Das rote Jahrzehnt“ ist ursprünglich ein autobiographischer Text von Arthur Koestler über den auf zehn Jahre angelegten „Nichtangriffspackt“ zwischen Stalin und Hitler. Schon aus diesem Grund ist die Deutung Koenens unglücklich gewählt. Und „rot“ waren die Ideologiesysteme der K-Gruppen: UdSSR, China, Kuba, DDR, der Ostblock überhaupt, aber nicht die APO, und die K-Gruppen hatten sich nur plump eingekleckert und verfärbt.

Die so genannte „68er“-APO entwickelte sich infolge der APOs der Friedensbewegung und der Frauenbewegung kurz nach Gründung der Bundesrepublik 1949 gegen die – terroristische – Drohung seitens des Adenauerstaates mit Wiederbewaffnung und Atombewaffnung, – weswegen Gustav Heinemann aus Protest von seinem Amt als Innenmenister zurücktrat. Des weiteren entwickelte sich die 68er-APO über zahlreiche andere soziale, sexuelle, rassische, religiöse, pädagogische, kulturelle ausserparlamentarische bürgerliche Protestgruppen der fünfziger und frühen sechziger Jahre. Diese Gruppen waren bereits APOs. Hinzu kam der Ausschluss des „Sozialistischen Deutschen Studentenbundes“ 1961 aus der SPD. Das war der direkten Beginn der autonomen und ausserparlamentarischen Studentenbewegung der sechziger Jahre, und der Empörisierung derselben wegen der postnazistisch-terroristischen Gewaltekstasen der Polizei gegen gewaltfreie Demonstranten und wegen der postnazistischen Hetze der Bildzeitung und anderer Medien sowie derer von öffentlichen Persönlichkeiten gegen die APO und gegen einzelne Personen. Und dann das Trauma: der terroristische Mordanschlag des Berliner Polizisten Kurras gegen den Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967.

Mit rücksichtsloser Ausnutzung seiner kleinstmöglichen Mehrheit schürte der Dogmatiker Adenauer seit 1949 Angst und Schrecken, unterdrückte und zwang Kritiker gegen seine Politik in die Ohnmacht, Gesinnungsrecht statt Dialog. Und tausende Gewerkschaftler, Kriegsdienstverweigerer, Mitglieder der KPD, Sozialdemokraten wurden mit legalen und erpresserischen Mitteln bekämpft und bürgerliche Existenzen zerstört.

Terror bedeutet durchaus nicht nur tötende Gewalt, wie das Wort heute verwendet wird. Terror bedeutet etymologisch und lateinisch an sich „Schrecken“, „Unterdrückung“, „rücksichtsloses Vorgehen“, „Einschüchterung“, „geistige Vergewaltigung“. Einer der Philosophen des Liberalismus und Bürgertums, Thomas Hobbes, sprach vom „Schrecken der Macht“ als legitime Funktion des Staates. Das beginnt Schirrmacher anzuzweifeln, das Herrendenken und -handeln, und damit die Bildungs-, bzw. Meinungs-Bildungs-Elite.

Der Terror denunziatorischer Gewalt und dann Körperlicher Gewalt wandte der Staat Adenauers und Erhardts gegen Kritiker und Demonstranten an, und dann Kiesinger/Brand 1966 bis 69, gipfelnd im terroristischen Mordanschlag gegen Benno Ohnesorg.

Wie auch immer die Art Herrschaftsmassnahmen denunziatorischer, körperlicher Gewalt und bürgerliche Existenzerstörung durch Adenauer bewertet werden mag, spätestens mit dem staatsterroristischen Mordanschlag auf Ohnesorg begann das Jahrdreissigt des Terrors der deutschen Nachkriegsgeschichte, vom 2. Juni 1967 bis 20. April 1998, als die RAF ihre Selbstauflösung bekannt gibt; wenn nicht bereits das „Petersburger Abkommen“ am 22. November 1949 als Akt des „Schreckens“, der „Unterdrückung“, des „rücksichtslosen Vorgehens“, der „Einschüchterung“ gewertet werden könnte: Ausgrenzung Ostdeutschlands und Osteuropas, Wiederbewaffnung, Plan einer europäischen Armee mit Beteiligung Deutschlands, Stilisierung und Projektion Ostdeutschlands und Osteuropas zum Feindbild, statt Aufarbeitung des eigenen Nazibewusstseins und -unbewusstseins im eigenen Land, welches sich bis heute über Väter und Söhne fortsetzt, – in bürgerlichen wie in linken Milieus.

Beide leiden an „Denkweise von Renaissance-Höfen“ und „Herrendenken“. Herrenpolitik von Meinungs-Bildungs-Eliten ist hier Thema, bzw. es ist Psyche und Geist, welche diese Herrenpolitik hervorbringen: das Herrenfantasieren des Herrendenkens. Und in der Beschäftigung mit Herrendenken zeigt sich, dass weder bürgerliche Politik noch linke Politik `recht haben´. Es geht nicht darum, dass „gespenstige Abgebrühtheit“ eine von „gierigen Wenigen“ ist und das „Bürgertum“ „missbraucht“ wird. Vielmehr ist es das Bürgertum selber, welches die Welt unzumutbar macht. Nicht viel anders das Linkstum: unbewusste, bei so manchen auch durchaus bewusste Selbstbestrafung und deswegen Racheprojektion gegen die anderen´.

„Wurde denn überhaupt Theorie gemacht?“

Die bürgerliche Bildungs-Elite und die ausserparlamentarische und parlamentarische Linke, – die Konsequenz: „§ 1968 BGB: Beerdigungskosten: Der Erbe trägt die Kosten der Beerdigung des Erblassers“.

Bereits seit 1970/71 stellte der Sozialpsychologe Peter Brückner unermüdlich jedem Linken, der es hören wollte und jenen Linken, die es nicht hören wollten, die meisten Linken wollten es nicht hören, seine Frage:

„Wurde denn überhaupt Theorie gemacht?“

Im Oktober 1967 wurde ein in „Kursbuch“ aus dem Vorjahr von Hans-Magnuns Enzensberger geführtes „Gespräch über die Zukunft“ mit führenden Theoretikern des SDS abgedruckt, Rudi Dutschke, Bernd Rabehl, Christian Semler, Thema und Ziel: eine freiere Zukunft mit freieren Menschen. Voraussetzung dafür sollen Aufhebung von Privateigentum und von Arbeitsteilung sein, `gerechte´ Produktionsverhältnisse. Die Veränderung der Hardware soll dann den Neuen Menschen schaffen, „Emanzipation aller menschlichen Sinne und Eigenschaften“ würden dann einkehren, schrieb Marx in „Philosophisch-Ökonomische-Manuskripte“.

Hatte Hegel die Begrifflichkeit als Entwicklung des philosophischen Denkens, also die Entwicklung des Bewusstseins, des Selbstbewusstseins und des Geistes und des Lebens überhaupt bis an die Grenze verdichtet, und über die Verhältnisse des allgemeinen Denkens und des gesunden Menschenverstandes gewarnt, so wendete der junge Marx die idealistische Ausgangslage und breitete Mythos und Ekstase auf dem Boden der Tatsachen des Seins aus, welches das Bewusstsein bestimmt: „Wenn der Mensch von den Umständen gebildet wird, so muss man die Umstände menschlich bilden“ (Aus dem. lit. Nachl. 11/“Die Heilige Familie“). Da der Mensch es ist, der die Verhältnisse bildet, setzt das voraus, das sich der Mensch selbst erkennt, ändert und menschlich bildet und dann auch die Verhältnisse. Und hinsichtlich Bewusstsein und Geist, der sich seit den Sieben Weisen entwickelte, um den sich-selbst-bewussten Neuen Menschen zu befördern: „Unser Wahlspruch muss also lauten: Reform des Bewusstseins, nicht durch Dogmen, sondern durch Analysierung des mystischen, sich selbst noch unklaren Bewusstseins“, der junge Marx an Ruge.

Software wird gemieden, obgleich die Software es war, welche in dieser emanzipativen Phase seit 1966 lebte, las und Phantasie machte. Diese Zeit der Ausserparlamentarischen Opposition, die Phase der Emanzipation, ging bereits 1969 zuende, und im März 1970 wurde der Dachverband des SDS aufgelöst sowie in der Folge die regionalen Verbände, und man begann „Praxis zu machen“, Organisation statt Emanzipation, Posten statt Opposition, Geschlossenheit statt Offenheit, Zwang, Gehorsam und Dogmatismus statt Selbstreflexion und Freiheit.

Die einen wollten Brückners Frage nicht hören, weil sie bestens Bescheid zu wissen gewiss waren. Denn unter Theorie verstanden sie ihr Verständnis von Marx oder Bakunin oder Lenin oder Stalin oder Mao etc etc., und sie agierten als K-Gruppen etc. Andere wollten es nicht hören, weil sie mit Theorie „nichts am Hut“ hatten. Praxis „aus dem Bauch“ heraus war ihr „Ding“, Theorien „Kopfwichserei“. Oder unter Theorie wurde verstanden lebensanleitende Schriften zu psychologischen, sexuellen, pädagogischen, esoterischen, naturverbundenen Lebensweisen etc. etc.

Brückner verwies mit seiner Frage, „Wurde denn überhaupt Theorie gemacht?“, an Selbstreflexion der Linken, nach und wegen des Zusammenbruchs der Gegenöffentlichkeit, der emanzipativen anti-autoritären Bewegung.

Also erschien entsprechend 1973 eine Broschüre von Brückner: „Kritik an der Linken“. Brückner schreibt darin: „… die Linke kann daher, als ein Produkt dieser Gesellschaft, einen Teil ihres Selbstverständnisses aus den Händen ihrer Feinde entgegennehmen, solange sie sich nicht selbstkritisch als ihr Produkt begreift. Sie agiert dann, was sie zu reflektieren hätte.“

Fußnote: „Mit dem Erlöschen der (Selbst-)Reflexion ist bürgerliche Herkunft dann bei Genossen nur noch in der Aktionsform, als seiner Quellen nicht bewusstes Handeln, nicht mehr als Wissen nachweisbar“.

Brückners Verständnis von Theorie war eines, das sich aus der Dialektik von Innen und Aussen, von psycho-intellektueller Selbst-Reflexion und Welt-Reflexion bildete, – Selbst-Welt-Reflexion, eben: „Wage zu wissen!“ (Und 1975 folge sein Buch: „Bewahre uns Gott vor irgendeiner Revolution – Die Ermordung des Staatsrats von Kotzebue durch den Studenten Sand“.)

Brückner wurde von weiten Teilen der damaligen Linken von gemieden und ignoriert bis aggressiv angegriffen und auch verleumdet oder ausgenutzt. Und er wurde von der Staatsgewalt und unlinken Medien gejagt und existenziell zermürbt, weil er öffentlich laut dachte, – „Es ist an der Zeit innere Monologe zu veröffentlichen“ -, was ist.

Hans Mayer schreibt im November 1984 in „Die Zeit“: „Peter Brückner: Leben und Denken – Selbstbefreiung in der normalisierten Welt“, beginnend Brückner zitierend: „`In Deutschland gibt es keine Umwälzung aller beklagenswerten Verhältnisse ohne tiefgreifende Veränderung von Innerlichkeit, Bedürfnis, zwischenmenschlichem Verkehr. Ohne Umwälzung also der Mentalität sehr großer Teile der Bevölkerung, die gewiß ihre historischen und materiellen Ursachen hat, die aber nun den Wechsel politischer Systeme mühelos übersteht´. Dies ist einmal als scharfe Absage zu verstehen an alles Gefuchtel mit der Vokabel „Revolution“. Es ist die Gegenthese zu allem Terrorismus. Außerdem spricht hier die Lebenserfahrung eines Deutschen in Deutschland und mit den Deutschen. Auch Peter Brückners Denken und Handeln gehört zur Geschichte des „Leidens an Deutschland“, um eine Formel des von Brückner verehrten Thomas Mann anklingen zu lassen. Erfahrenes Leiden an Deutschland: die Lebensgeschichte Brückners ist dafür exemplarisch“.

Peter Brückner ist Kriegsgeneration, 1922 geboren, war 1967 mit 45 Jahren deutlich älter als die Mehrheit der Ausserparlamentarischen-Bildungselite; und er war Professor und damit gleichsam bürgerliche Bildungselite – „trau keinem über dreissig“ -, als solcher eigentlich Aggressionsobjekt vieler Ausserparlamentarisch-Oppositioneller; und er schrieb und lebte Ungehorsam und persönliche Über-Ich-losigkeit, weil sich-selbst-erkennen erarbeitend; und seine gelebte und seine geschriebene psycho-intellektuelle Selbstreflexions-Kultur wurde wenig verstanden, weil sie darauf hinaus lief, sich zu erkennen und sich zu ändern.

Das machte ihn zum Übertragungs-Projektions-Subjekt, Verehrungs-Aggressions-Objekt ersten Ranges (Brückner war nicht „Freund und Unterstützer“ von Ulrike Meinhof, wie Gerd Koenen schreibt, er hat nur die auf der Flucht befindliche Gejagte nicht vor der Tür stehen lassen). „Wir können die Machtfrage nicht stellen“, war eine andere Botschaft die Peter Brückner jedem vorhielt, der es hören wollte und jenen, die es nicht hören wollten. Dazu gehörte auch Ulrike Meinhof. Da sie nicht hören wollte, geriet sie an Hitlers Wehrmachtsoffiziere Schmidt, Wischnewski, Maihofer, Herold, Strauss und den fanatischen Kettenhund Bölling.

Bereits 1972 sprach Brückner über Aufklärung, Moral, humane Umgangsweisen und Manieren! hinsichtlich zwischenmenschlicher Verkehrsformen der Linken, worüber er dann 1980 einen Artikel im Wagenbach-Verlag veröffentlichte. Es geht um Aufmerksamkeit, Rücksichtnahme, Mitgefühl im Umgang mit anderen und auf deren Gefühle, – die gescheiterte linke Bildungselite als Gegenöffentlichkeit gegen die bürgerliche Bildungselite, gleichviel die „transzendentale Obdachlosigkeit der bürgerlichen Welt“ (Georg Lukács, „Theorie des Romans“) (die Schirrmacher nun mulmig fühlt), wird von der `Avantgarde´ innerlich und im zwischenmenschlichen Umgang nachgeäfft, äusserlich rationalisiert, – „aussen hui, innen pfui“.

Pierre Bourdieu veröffentlichte kurz vor seinem Tod seine Abschlussvorlesung am Collége de France 2001: „Ein soziologischer Selbstversuch„,

„Es gibt viele Intellektuelle, die die Welt in 
Frage stellen, es gibt wenige, die die
intellektuelle Welt in Frage stellen“.

„Urphantasien“
– Bildungsbürgerelitler und Bewusstseinsbürger Peter Sloterdijk

1983, ein Jahr nach Brückners Tod, der Schock: einer aus den eigenen Reihen, Nachkriegsgeneration, 1947 geboren, 1983 also 36 Jahre alt, verblüfft linke und bürgerliche Öffentlichkeit mit der „Kritik der zynischen Vernunft“, Aufklärung im Kantischen Sinne hätte es nie gegeben!. Man schweigt betreten oder brüllt um sich, Neid und Konkurrenz statt Erkenntnisschmerzfreude, sinnt auf Rache, lauert auf eine Gelegenheit. 1998 endlich, der Knüller: Peter Sloterdijks Elmauer-Rede. Es geht hoch her …. ein Opernszenario ersten Ranges wird inszeniert, das ganz grosse Spektakel … Ausbruch der

„Uhrphantasien“

Das Eis war gebrochen, von nun an wurde Sloterdijk verfolgt, bis zur „Revolution der gebenden Hand“ und „Warum ich doch recht habe“, wenngleich er `sich nicht kriegen und festnageln liess´, nicht von Habermass, Asseuer and Friends, nicht von Mohr und Broder etc., nicht von Honneth, nicht von Feuilletonjournalisten und nicht von „Argument“-Autoren und Linksnet-Muff … unter den Haaren, bei denen es „um die Verlängerung und Perpetuierung der ursprünglichen mythischen Illusion“ (Girard) zu gehen scheint. Und um ein Urphantasien-Über-Ich zu zitieren: „… die Ekstase ist der Geist jedes Tages …“ („Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“); der junge Marx und die `Revolutionäre´.

Innere Monologe machte Sloterdijk in einem Gespräch mit Carlos Olivieira als „Selbstversuch“ öffentlich, und später als „Dialogische Untersuchungen – Die Sonne und der Tod“, mit Hans-Jürgen Heinrichs.

„Wenn Freud sich die Frage stellt, ob es beim Menschen etwas dem `Instinkt der Tiere´ Vergleichbares gebe, so findet er dieses Äquivalent nicht in den Trieben, sondern eben in den Urphantasien“, schreiben Jean Laplanche und J.-B. Pontalis in „Urphantasie, Phantasien über den Ursprung, Ursprünge der Phantasie“. Dieses „ursprüngliche Supplement“ (Jacques Derrida) „urspringt“ … „mittels des Szenariums eines Imaginären“ (Laplanche, Pontalis) über den Umweg nachträglicher „Repräsentanzen“ (Freud) als sprechender Mensch und erzählt den `Urbruch´ seiner Geschichte, die seine Gründung ausmacht.

„Regel:

1. Leiste dem Alarm sofort Folge.
2. Lege rasch Feuer.
3. Verbrenne alles.
4. Melde dich sofort zurück.
5. Stehe für den nächsten Alarm bereit.

Der Alarm ertönte.“
Ray Bradbury, „Fahrenheit 451“

Zum Jahreswechsel präsentierte Der Spiegel am 21.12.2002 einen Artikel von Reinhard Mohr und Hendryk M. Broder in der Abteilung „Kultur“, unter der Rubrik „Zeitgeist“, über Peter Sloterdijk mit dem Titel: „Herr der Blasen“.

Mohr/Broder spielen damit sowohl auf das aus drei Bände bestehende, mit ca. 2.500 Seiten umfängliche Werk „Sphären“ von Sloterdijk an, dessen erster Band den Titel „Blasen“ trägt, als auch auf jahrelange Vorwürfe gegen Sloterdijk, seine Philosophie, seine Sprache seien „Sprechblasen“, nämlich unverständlich.

In „Der Spiegel“ 2/2003 schreibt Harald Fauska als Leserbrief: „Ihre Redakteure spitzen ihren Bleistift nicht gegen die Mächtigen, sondern kritisieren den Kritiker. Ob man Sloterdijk mit Verleumdung, Schmähung und bewusstem Falschlesen gerecht wird, ist fraglich.“

Robin Kenius schreibt als Leserbrief über Sloterdijk: „… Seine Rede ist dunkel, die Sprache unverständlich“.

Anläßlich des „Alarmismus“ wegen der Elmauer-Rede von Sloterdijk 1999 zur Gentechnik, gesteht der Philosoph Ernst Tugendhat in der berühmten Ausgabe von „Die Zeit“ Nr. 39, vom 23.9.1999, „dass ich nicht verstanden habe, worum es dem Autor überhaupt geht. Was will er eigentlich? Und gibt es irgendetwas an diesem Aufsatz, was wir jetzt besser verstehen würden? Irgendetwas, das er geklärt hätte? Ich habe nichts gefunden“.

Und in der gleichen Ausgabe mahnt der Philosoph Manfred Frank: „Ist nicht gerade der Philosoph eine Antwort auf diese Herausforderung“ (gentechnisches Know-how) „schuldig?“

– Diese Frage würde Sokrates wohl wundern.

In der besagten Ausgabe Der Spiegel vom 21.12.2002 schreiben Reinhard Mohr und Hendryk M. Broder:

„… Denker spricht und schreibt: prätentiös, umständlich, verquast … megalomanem Wortausstoss …“

Nachdem Hegel seine Vorlesungen in Berlin angetreten hatte, schrieb der Philosoph und Rektor Schleiermacher schon nach ein paar Wochen: „… man muss sehen, wie er sich auf die Länge hält; Klagen über seine Unverständlichkeit werden freilich schon gehört …“  (auch Schiller wurde Unverständlichkeit wegen seiner „Ästhetische Briefe“ vorgeworfen).

Und Goethe schrieb in einem Brief an Graf von Reinhard: „… dieser wundersam scharf und fein denkende Mann ist seit geraumer Zeit Freund meiner physischen Ansichten … hat er sich so durchdringend geäussert, dass mir meine Arbeit wirklich durchsichtiger als vorher vorkommt …“.

Und in einem Brief an Staatsrat Christoph L. F. Schultz schreibt Goethe: „Eine besondere Freude jedoch, die mir in diesen Tagen geworden, darf ich nicht verschweigen. Ich erhielt einen Brief von Professor Hegel, der mir höchst wohltätig zustatten kam. Er bezog sich auf mein letztes naturwissenschaftliches Heft, besonders auf die entopischen Farben. Dieser merkwürdige geistreiche Mann hat, wie meine Chroagenesie überhaupt, so auch dieses Kapitel dergestalt penetriert, dass meine Arbeit mir nun selbst erst recht durchsichtig geworden.“

Und in einem Brief an Hofmeister von Knebel berichtet Goethe über ein Gespräch mit Hegel: „… denn was bei gedruckten Mitteilungen eines solchen Mannes uns unklar und abstrus erscheint, weil wir solches nicht unmittelbar unserem Bedürfnis aneignen können, das wird im lebendigen Gespräch alsobald unser Eigentum, weil wir gewahr werden, dass wir in den Grundgedanken und Gesinnungen mit ihm übereinstimmen und man also in beiderseitigem Entwickeln und Aufschliessen sich gar wohl annähern und vereinigen könne“.

Mensch und Tier

Mensch und Tier

Die Idee des Menschen in der europäischen Geschiche drückt sich in der Unterscheidung zum Tier aus. Mit seiner Unvernunft beweisen sie die Menschenwürde. Mit solcher Beharrlichkeit und Einstimmigkeit ist der Gegensatz von allen Vorvorderen des bürgerlichen Denkens, den alten Juden, Stoikern und Kirchenvätern, dann durchs Mittelalter und die Neuzeit hergebetet worden, daß er wie wenige Ideen zum Grundbestandteil der westlichen Anthropologie gehört. Auch heute ist er anerkannt.

Die Behavioristen haben ihn bloß scheinbar vergessen. Daß sie auf die Menschen dieselben Formeln und Resultate anwenden, die sie, entfesselt, in ihren scheußlichen physiologischen Laboratorien wehrlosen Tieren abzwingen, bekundet den Unterschied auf besonders abgefeimte Art. Der Schluß, den sie aus den verstümmelten Tierleibern ziehen, paßt nicht auf das Tier in Freiheit, sondern auf den Menschen heute. Er bekundet, indem er sich am Tier vergeht, daß er, und nur er in der ganzen Schöpfung, freiwillig so mechanisch, blind und automatisch funktioniert, wie die Zuckungen der gefesselten Opfer, die der Fachmann sich zunutze macht. Der Professor am Seziertisch definiert sie wissenschaftlich als Reflexe, der Mantiker am Altar hatte sie als Zeichen seiner Götter ausposaunt. Dem Menschen gehört die Vernunft, die unbarmherzig abläuft; das Tier, aus dem er den blutigen Schluß zieht, hat nur das unvernünftige Entsetzen, den Trieb zur Flucht, die ihm abgeschnitten ist.

Der Mangel an Vernunft hat keine Worte. Beredt ist ihr Besitz, der die offenbare Geschichte durchherrscht. Die ganze Erde legt für den „Ruhm“ des Menschen Zeugnis ab. In Krieg und Frieden, Arena und Schlachthaus, vom langsamen Tod des Elefanten, den primitive Menschenhorden auf Grund der ersten Planung überwältigten, bis zur lückenlosen Ausbeutung der Tierwelt heute, haben die unvernünftigen Geschöpfe stets “ Vernunft“ erfahren.

Max Horkheimer und Theodor Adorno
Dialektik der Aufklärung

Marketing

Die bürgerlich-industrielle Produktion von Armut und Unbildung und `Philosophie´ Marketing-Kommunikation

„… Trübheit dessen, was die Ekstase erzeugte … nicht der Begriff, sondern die Ekstase … soll die Haltung und fortleitende Ausbreitung des Reichtums der Substanz sein“

Hegel, „Phänomenologie des Geistes“

„… die Ekstase ist der Geist jedes Tages …“
Marx, „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“

Hunger und Armut ist der Urzustand der Menschheit,  Hunger und Armut haben die  Menschheitsgeschichte durchlaufen und nie aufgehört, wie Folter, wie Unterdrückung und wie Rache an Kindern, die Ärmsten der Armen. Hunger und Armut sind zum gesellschaftlich systematisierten Verwaltungsakt organisiert worden, wie daneben unsichere Einkommen. Die Armen leben zusätzlich, neben ihrer Armut, ihrer Isolation, zu Unpersonen gemacht, in dem ständigen Nichtwissen darüber, ob dieser Zustand je aufhören wird. Und die Menschen mit unsicheren Einkommen leben in der Angst der Armut anheim fallen zu können. Selbst Menschen mit gewissem Reichtum leben mehr oder weniger in der Angst verarmen zu können. Und dieser Zustand wird aufrecht erhalten, obwohl die Kapazität des Reichtums der Welt, die gesamte Menschheit problemlos und sogar die doppelte Anzahl von Menschen ernähren könnte. Die Besitzer und Verfügungsgewaltigen über Reichtümer müssten deswegen nicht wirklich ärmer werden. Wer meint, er müsse über mehr Geld und sonstigen Besitz verfügen, als ein Mensch im Leben, oder in mehreren Leben benötigt, mag glücklich damit werden, wenn er glücklich damit wird.
Baronin von Brandstetter sagte 2008 in einem RTL-TV-Interview, dass sie sich mit ihrem Vermögen von vierzig Millionen Euro „wie eine Sozialhilfeempfängerin“ fühle, angesichts der Preise der Yachten von um die einhundert Millionen Dollar bei einer Yachtausstellung in Monte Carlo. Ihre Sicht ist nachvollziehbar mit Blick auf Vermögen von hunderte Millionen und von Milliarden Dollar.
In der modernen Konsumismus-Gesellschaft bringt nur der den Verwaltern von Besitz und Kapital Gewinn, der Arbeit hat. Er produziert Mehrwert und konsumiert Waren. Tugendhaft ist nicht mehr nur der Besitzende, und auch nicht zusätzlich der Arbeitende. sondern insbesondere der Konsumierende, der Homo Konsumismus. Untugendhaft ist jetzt der Arbeitslose als Nichtkonsumierender.
Nicht nur Adam Smith, Hegel und Karl Marx haben vor rund 200 Jahren erkannt, dass der Kapitalismus nicht existieren kann, ohne Elend zu produzieren, dass einseitiger Reichtum vielseitigen Mangel schafft, sondern u. a. auch der englische Mathematiker und Ökonom John Maynard Keynes – der berühmte „Keynesianismus“, eines der Lieblingssystem von Demokratien -, welcher prophezeite, dass das System der modernen Marktwirtschaft grundsätzlich keine stabile Entwicklung garantiere.
Einerseits wurde nun als Voraussetzung für Selbstbewusstsein, Autonomie, Willensfreiheit, individuelle Selbstverwirklichung politische Freiheit gesehen, andererseits wurde Ausbeutung, extrem ungleiche Verteilung von Reichtum, Unterdrückung und Verschärfung des sozialen Verdachtmilieus perfektioniert.
Der Mitbegründer des europäischen Sozialismus Moses Hess in „Über die Not in unserer Gesellschaft und deren Abhülfe“: „Der Egoismus hat seinen Kreislauf vollendet, und diese Vollendung hat er in der Konkurrenz erreicht. In ihr hat der Egoismus seine klassische Gestalt erhalten.“ … „Die falsche Bildung aber, welche den Menschen zum gebildeten Raubtier macht, kann immer nur den Einen auf Kosten des Andern bereichern.“ … „Ja, wir glauben, dass die Menschen noch einen höhern Beruf haben, als sich gegenseitig auszubeuten.“ … „Klagt nicht die menschliche Natur an, wenn ihr Bosheit, Dummheit, Niederträchtigkeit, Unglück und jede Art von Elend in unserer Gesellschaft findet – klagt die unmenschlichen Verhältnisse an, die das beste, humanste, tätigste Geschöpf in Elend und Laster stürzen können.“
Der preussische Staatsphilosoph Hegel schrieb über Armut, u. a. in den „Vorlesungen über die Philosophie der Religion“: „Die Entstehung der Armut ist überhaupt eine Folge der bürgerlichen Gesellschaft, und sie ergibt sicht im ganzen notwendig aus derselben … Es häuft sich so Reichtum ohne Mass und Grenze an der einen und Not und Elend an der anderen Seite … Die Vermehrung des Reichtums und der Armut hält gleichen Schritt … Mit der Anhäufung der Reichtümer entsteht das andere Extrem, Armut, Not und Elend … Nicht nur die äussere Not ist es, die auf dem Armen lastet, sondern es gesellt sich dazu auch moralische Degradation … Diese beiden Seiten, Armut und Reichtum, machen so das Verderben der bürgerlichen Gesellschaft aus“.
Für Hegel ist Leben und Wirken Jesu exemplarisch für ein ethisch reines Leben im allgemeinen Leben. Die „schöne Religion“ ist Teil seiner zu sich selbst kommenden Geschichte der Philosophie, die Gedanken der Vergangenheit seit den Griechen über sich selbst zu reflektieren, als ein System der spekulativen „Metaphysik des Absoluten“. In der „Phänomenologie des Geistes“ wird die Bildung des menschlichen Wissens methodisch als Stufengang rekonstruiert: das individuelleBewusstsein, die individuelle Selbsterfahrung als Selbstbewusstsein an anderem Selbstbewusstsein, Vernunft, Geist, Religion als das Wesen und das Absolute Wissen als der Begriff, als die „begriffene Geschichte“.
Die Philosophie des subjektiven, objektiven und absoluten Geistes zeigt, wie der Geist aus seiner natürlichen Ursprünglichkeit in sich sich selber einkehrt. Im „subjektiven Geist“, was er als seiner selbst überhaupt ist und in Beziehung zu sich selbst, für sich lebt, in den Variationen seiner Sittlichkeit. Und im „objektiven Geist“ erreicht der Geist seine Freiheit als Notwendigkeit in diesen sittlichen Formen  der Familie, der bürgerlichen Gesellschaft, Staat und Recht.
Die natürlichen Stufen der Entwicklung sind jeweils besondere, einzelne. im „absoluten Geist“ hingegen sind die unteren Stufen nur Aspekte, Schritte der höheren Stufen: die Anschauung in der Kunst, die Vorstellung in der Religion und der Begriff in der Philosophie.
Im Staat sieht Hegel die Klassengegensätze in den Gesellschaften organisiert, weswegen er als „absolute Freiheit“ wirkt. Hegel versteht die Geschichtsphilosophie als vernünftige Entwicklung, in der der jeweilige Zeitgeist als „Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit“ wirkt. In den „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie“ erklärt Hegel sein eigenes System der abendländischen Philosophiegeschichte seit den Griechen als Synthese.
1807 schrieb Hegel in der Vorrede zur „Phänomenologie des Geistes“:
„Die wahre Gestalt, in welcher die Wahrheit existiert, kann allein das wissenschaftliche System derselben sein. …
… Das Schöne, Heilige, Ewige, die Religion und Liebe sind der Köder, der gefordert wird, um die Lust zum Anbeissen zu erwecken; nicht der Begriff, sondern die Ekstase, nicht die kalt fortschreitende Notwendigkeit der Sache, sondern die gärende Begeisterung soll die Haltung und fortleitende Ausbreitung des Reichtums der Substanz sein“.
Hatte Hegel die Begrifflichkeit als Entwicklung des philosophischen Denkens, also die Entwicklung des Bewusstseins, des Selbstbewusstseins und des Geistes und des Lebens überhaupt bis an die Grenze verdichtet, und über die  Verhältnisse des allgemeinen Denkens und gesunden Menschenverstandes gewarnt, so wendete Marx die idealistische Ausgangslage und breitete Mythos und Ekstase auf dem Boden der Tatsachen des Seins aus, welches das Bewusstsein bestimmt: „Wenn der Mensch von den Umständen gebildet wird, so muss man die Umstände menschlich bilden“ (Aus dem. lit. Nachl. 11).
Und hinsichtlich seiner Vordenker, die die Entwicklung des Denkens ausführten: „Die Philosophen haben die Welt verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern“, und: „Die Sinnlichkeit muss die Grundlage aller Wissenschaft sein“, denn es geht um „die Emanzipation aller menschlichen Sinne und Eigenschaften“.
Und hinsichtlich des Geistes, der sich seit den Sieben Weisen entwickelte, um den Neuen Menschen zu befördern: „Unser Wahlspruch muss also lauten: Reform des Bewusstseins, nicht durch Dogmen, sondern durch Analysierung des mystischen, sich selbst noch unklaren Bewusstseins (es wird sich dann zeigen, dass die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewusstsein besitzen muss, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, dass die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewusstsein besitzen muss, um sie wirklich zu besitzen„).
Marx erkannte den mystisch-rituellen und meta-religiösenFetischcharakter der Ware und sein Geheimnis“, und dass die Waren und deren Preise die Kriegswaffen ersetzen, und den Hass gegen andere Nationen und Völker in Handel und Geschäftemachen verwandeln, wie es Norbert Bolz in „Das konsumistische Manifest“ betont.
Peter Sloterdijk bemerkt dazu in  „Spähren III, Schäume“, dass die Kaufkraftbesitzer die „explizit gemachte menschliche Natur durch den Verzehr von Gegenständen, Zeichen und Lebenszeiten“ verwirklichen. „Der konsumistische way of life besitzt freilich den Nachteil, dass der Marktfrieden die Menschen nervlich unterfordert – ihnen fehlt das Ernstfallgefühl, dass die Befreiung von der Langeweile verspricht“.
Norbert Bolz hat in seinem Buch „Das konsumistischen Manifest“ den Konsumismus zum „Immunsystem der Weltgesellschaft“ erklärt, welcher gegen den religiösen Fundamentalismus mit seinem `Reichtum´ weltweit alle Menschen beglücken und so Frieden stiftet, obwohl wir wissen, dass der konsumistische Kapitalismus Armut schafft, und, wie also Marx schreibt: „Aller Mystizismus der Warenwelt, all der Zauber und Spuk, welcher Arbeitsprodukte auf Grundlage der Warenproduktion umnebelt, verschwindet daher sofort, sobald wir zu anderen Produktionsformen flüchten“. Und Marx und Engels schreiben in „Manifest der Kommunistischen Partei“: „In dem Masse, wie die Exploitation des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere aufgehoben. Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation fällt die feindliche Stellung der Nationen gegeneinander“.
Das Wesen des Friedens besteht nicht in verblendenden und verblendetem Konsumismus, sondern in Wohlstand für alle, Abschaffung von Armut. Nietzsche betont warnend: „Es gibt keinen gefährlicheren Irrtum, als die Folge mit der Ursache zu verwechseln: ich heisse ihn die eigentliche Verderbnis der Vernunft“, „Götzen-Dämmerung“, „Die vier grossen Irrtümer“. Die Aufhebung von Armut und Existenzkampf wäre das Immunsystem der Weltgesellschaft, der Reichtum, der weltweit alle Menschen entspannen und so Frieden stiften, und es wäre der friedliche Ernstfall der die Befreiung von der Langeweile vermag, die konsumistisch eine Langeweile ist, die auf den Tod wartet,  – oder diesen herbeiführt.

`Philosophie´ Marketing-Kommunikation

Sigmund Freud schrieb vor etwa 90 Jahren in „Massenpsychologie und Ich-Analyse“: „Selbst zu allen Extremen geneigt, wird die Masse auch nur durch übermäßige Reize erregt. Wer auf sie wirken will, bedarf keiner logischen Abmessung seiner Argumente, er muss in den kräftigsten Bildern malen, übertreiben und immer das Gleiche wiederholen“

Die amerikanische Literatur-Nobelpreisträgerin Toni Morrisson sagte in einem Interview, dass Präsident Bush nach dem 11. September in einer Ansprache an die US-Bürger verkündete, sie sollen wieder in die Läden gehen und shoppen. Morrisson: „Von dem Vielen, was er hätte sagen können, sagte er das. Wir sind als Bürger vernichtet, wir sind nur Konsumenten“.
Die Welt hat sich zu einem Supermarkt entwickelt. Die Verdrängung des antikapitalistischen Versorgungssystems durch den kapitalistischen Supermarkt hat die Welt zu Regal- und Verpackungs-Menues manifestiert, die Menschen zu Konsumismus-Subjekten-Objekten. Der Mensch ist zum Homo Ecstaticus-Konsumismus geworden.
Konsum ist ursprünglich totemistischer Verzehr, Einverleibung, Kommunion (Walter Benjamin schrieb bereits in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts vom „Kapitalismus als Religion“, andere Autoren von Geld und Religion, und der Gesellschaftsphilosoph Hermann Lübbe spricht von der „modernen Konsumökumene“.
Städte, Landschaften, Verkaufsgeschäfte, Zeitungen, TV, Internet sind zu Schau-fenster geworden. Kaufhäuser sind Konsum-Tempel und Einkaufpassagen heilige Katakomben, Gelegenheit für Schauen, Staunen, Begehren, Kaufen, Essen und Trinken, Unterhalten und Amüsieren, Ausruhen und Schlendern und stressig Hasten, – Andacht, Gebet, Absolution, Segen.
Länder, Regionen, Städte locken als Pilgerstädte mit dem heiligen Marken-Bezirk inmitten: NY, Milano, Paris, Berlin, Türkei, Florida, Bayern  („I like …“), – aus der Provinz und von weit her pilgern Menschen – nicht nach Rom oder Mekka – sondern in die großen heiligen Konsumgebiete, und dies steht auf Einkaufstüten und Sticker,  T-Shirts, etc.
Die öffentlichen Räume, die Plätze, die Marktplätze, Konsumbezirke, Konsumtempel, Landschaften sind mytische Kultorte, Zauberkreise, enttabuisierte mytische Spielplätze. Der Spielplatz, Platz um das Lagerfeuer, im Kral, Dorfplatz ist der Grund-Archetyp öffentlicher Räume und Privat-Haushalte – noch aus den Muttergesellschaften stammend. Die ganze Welt ist zum Spielplatz geworden: für globalen Handel mit Geld, Waren, Informationen, Menschen, Gefühlen, kommuniziert von Marketing-Kommunikation und TV-Shows und moderiert von Politik, als wären Menschen und Dinge nur ein immer währendes grandioses Spiel mit grossen Autos, Palästen, Pomp und Pracht, Helden und Bösewichte, Präsidenten und Denkmäler und Geld und Rituale, mit viel viel Spass, Narzismus und Egoismus.
Der höchst bedeutungsvolle Aspekt der Gewinnung des Feuers für die Menschheit und dessen Gebrauch in Magie und Riten, wird heute wiederholt auf der Ebene der Leuchtreklamen in öffentlichen Räumen, als Spots- und Laser-Shows und in Discos und als Lichtdesign in Restaurants, Bars und Verkaufsgeschäfte, Shopping-Center. Funkelnde, illuminierende Zeichen und Bilder in den Strassen, zeremonielle Geschichten aus Neon, Anstrahlen von Monumenten, Weihnachts-Zauber-Lichtspektakel, Silvester, Jahrmärkte, Feuerwerk, „Rotlichtviertel“.
Der Meeting Point des Lagerfeuers – Feuers auf dem heiligen Platz in der Mitte des archaischen Krals – der Familie und des Singles heute, ist, neben dem Herd für eine leibliche Grundversorgung und dem Kamin oder der Heizung für eine andere leibliche Grundversorgung, Fernsehapparat und Internet, die Paarbildung. TV und Internet sind das ekstatische Zauberfeuer auf dem Dorf-Spiel-Platz aus dem es sprüht und funkt, Bilder illuminieren, sie ziehen in Bann. Und der Obolus, der früher an den Hohepriester, Zauberer, Medizinmann, Schamanen, Magier gezahlt wurde, für seine Segen, Gesänge, Geschichten, Deutungen und Prophezeiungen die er im Feuer inszenierte und sah, zahlt man heute an die Organisationen für TV-Gebühren und an T-Online, für Musiksendungen, Filme, Infosendungen und Deutungs-Talks, -Kommentare und für die täglichen Prophezeiungen des Wetters. Und dies alles in ständigem Wechsel mit bunt sprühenden Werbe-Spot-Geschichten, – ein Festival-Wettbewerb der archaischen Feuer-Geschichten-Zauberer.
Entscheidend ist die innere Befriedigung. Dieses übersinnliche, nicht greifbare Geheimnis des „Inseins“ (Martin Heidegger), ist ähnlich wie ein tiefes religiöses Geheimnis. Marken sind Totem. Der Sinn des Totem ist die Benennung, der spirituelle Name, der Stammesname zu dem man gehört – Marken, Vereine, Produkte und Dienstleistungen, Stars, Politiker, Parteien und Nationen.

Der „Zukunftsberater“ und „Trendcoach“ Gerd Gerken schreibt in „Trendzeit – Die Zukunft überrascht sich selbst“, dass „immer mehr Werte“ entstehen, „die der Gesellschaft helfen, sich zu befreien von den eigenen Normen und Rollen. Das ist das, was ich den `kinetischen Wertewandel´ nenne. Der Kommunitarismus ist also ein Trend, der unserer Gesellschaft diejenigen neuen Werte vermittelt, die in der Lage sind, Vergangenheit und kulturelle Verpflichtungen aufzulösen. Dieser Trend erzeugt deshalb eine neuartige `Freiheit, Regeln zu sprengen´ (Eberhard Döring).
Parallel zu dieser Entwicklung in den USA und in Kanada hat sich in Deutschland eine ähnliche Idee entfaltet … die Idee des Optionalismus. Sie geht noch einen Schritt weiter. Sie belässt es nicht bei den neuen Werten der Freiheit, sondern prägt eine `Ideologie der Offenheit´.
Eine Säule dieser Gedanken ist der bereits beschriebene Trend zur Telematik. Für Flusser ist eine telematische Gesellschaft permanent bemüht, in der Schwebe zu sein. Damit trennt sich die Kultur von dem Modell der Gewissheit und geht zum Modell der Offenheit … Schweben ist der Zustand, an dem sich Offenheit und Freiheit vereinen.
Aus dieser Sicht ist der aktuelle Optionalismus eine Kultur-Strömung, die weitaus radikaler in unseren Alltag eingreifen wird als der aktuelle Wertewandel. Denn es ist eine wesentliche Achsenverlagerung vom Grundmuster der `Angst´ zu dem neuartigen Grundmuster der ´Ekstase´“ (Kursivsetzungen von Gerd Gerken).

Das vielmehr uralte Grundmuster Ekstase erzeugt nun keineswegs „Offenheit und Freiheit“. Gerken preist eine Art Behagen in der Natur, einen Naturzustand der Ekstase. Ein uralter unbewusster „Tarnumhang“.

Das Ur-Ich des Vatermordes, des Lynchmordes, der Seelenkern sind Rivalität, Neid- und Eifersuchts-Ekstasen. Dieser Ritus wird in der Fremdenfeindlichkeit, überhaupt in der Feindseligkeit wiederholt (als mimetischer, unbewusster Wiederholungszwang), indem der unbewusste Selbsthass auf den `Anderen´ projiziert wird. Der Sündenbock ist Opfer des Hasses und zugleich wird er auch Objekt der gefürchteten Verehrung. Unbewusste Ängste und Schuldgefühle machen sich breit und suchen Erleichterung und Bestätigung der Tat durch die nächste Verfolgungs-Lynch-Ekstase. Schliesslich wird Verfolgungs-Denunziations-Lynching zur Normalität, vom Ausnahmezustand zum Dauerzustand. Allseitige Ekstase ist der mystisch-spirituelle Stimulus als Substitut für begriffene Iche und Welt.
Der Philosoph Hobbes schrieb, eine Person gehöre entweder sich selbst oder einem anderen. David Hume nannte den Menschen eine „Gespensterer-scheinung“, der nach „Erlösung dürstende“ Mensch ist ständig gestört und in Angst. Das Subjekt ist zwischen seinem Ich und seinem Anderen zerrissen.
Nach Bataille und Klages zeigt sich Ekstase auch und gerade in durchschnittlichen und alltäglichen Prozessen der Selbsterfahrung. Menschliche Erfahrung ist bereits im ursprünglich Subjektiven als ekstatisches Phänomen zu erkennen.
Weil das Ich sich der Welt gegenüber nicht bewusst identiviziert, lebt (nicht erlebt), es sich und die Realität in einer Art überbelichteten Selbst- und Fremdwahrnehmung, die die vernünftige Erfahrung des Selbst und der Welt aufhebt, auflöst.
Ludwig Klages schrieb über Ekstase in dem monumentalen Werk „Der Geist als Widersacher der Seele“, und in seinem Buch „Vom kosmogonischen Eros“: „Was ist es, das sich in der Ekstase befreit? Wovon befreit es sich? Was gewinnt durch sein Freiwerden das sich Befreiende?“ Und weiter, dass sich nicht „der Geist des Menschen befreit, sondern die Seele; und sie befreit sich nicht, wie man wähnte, vom Leibe, sondern gerade vom Geiste!“
Klages zentrale These des Bewusstseins und seines Ich-Begriffs ist Ekstase als „Seelenentgeistung“, als „Seelenentselbstung“ -, „Tod des Ichs“.
Georges Batailles hat in mehreren Schriften Bewusstseinstheorien behandelte, Bataille: „Ich gehe von einer elementaren Tatsache aus: Der lebende Organismus erhält, dank des Kräftespiels auf der Erdoberfläche, grundsätzlich mehr Energie, als zur Erhaltung des Lebens notwendig ist. Die überschüssige Energie (der Reichtum) kann zum Wachstum eines Systems (zum Beispiel eines Organismus) verwendet werden. Wenn das System jedoch nicht mehr wachsen und der Energieüberschuss nicht gänzlich vom Wachstum absorbiert werden kann, muss er notwendig ohne Gewinn verlorengehen und verschwendet werden, willentlich oder nicht, in glorioser oder katastrophischer Form„… „Niemand kann im gleichen Augenblick Bewusstsein haben und die Erfahrung (der Ekstase) machen von der ich spreche. Meine Erfahrung ist im wesentlichen die einer Verneinung des Bewusstseins, sie ist das zunichte gemachte, um das Objekt beraubte Bewusstsein“ … „Zweideutigkeit der Ekstase“ … „verirrt sich das Subjekt, geht im Objekt unter, das sich seinerseits auflöst“ … „Es handelt sich darum, ins Innere einer auf die Diskontinuität gegründeten Welt soviel Kontinuität einzulassen, wie diese Welt ertragen kann“ … „wie unerhört schwer es den Menschen fällt, ein subjektives, souveränes Leben zu führen“.
Ekstasen im individuellen und kollektiven Seelenkern wirken sowohl aus archetypisch-atavistische Urphantasien, die womöglich aufgrund von „Versagungen“ als „Dramatisierung verdrängter Wünsche“ (Freud) mimetisch-rituell agieren, als auch aus aktuellen Sensationen `kinetisch´ global kommunikationiert und konsummikationiert werden (Konsumismus + Kommunikation = Konsummikation), im gesamten ekstatischen Spannungsbogen von Trance und Apathie über Schwärmerei bis hin zu Verzückung, Besessenheit, Delirium und Raserei.
Nationen, Kontinente, die Welt sind zu einer Ozeanisch-Kosmischen-Ekstasegemeinschaft geworden, ekstatisch arrangiert von einemVerbund“ (Oscar Negt, Alexander Kluge) von Medien-Politik-Wirtschaft-Kultur-Funktionär-Ekstatiker, der seinerseits Partikel der zivilisekstatischen Kreisläufe ist.
Jean Laplanche und J.-B. Pontalis schreiben in „Urphantasie, Phantasien über den Ursprung, Ursprünge der Phantasie“: „Wenn Freud sich die Frage stellt, ob es beim Menschen etwas dem `Instinkt der Tiere´ Vergleichbares gebe, so findet er dieses Äquivalent nicht in den Trieben, sondern eben in den Urphantasien.“
Anthropologisch-psychoanalytisch und evolutionsbiologisch, molekularbiologisch, genetisch, ethnologisch, etc., scheint es, dass der einzelne Mensch in seiner individuellen Entwicklung die Stammesgeschichte wiederholt, diese biologisch und in seinen unbewussten Phantasien durchläuft.
Die Entstehung des Denkens, Psychogenese, und des Ich-Bewusstseins, Noogenese, ist übergegangen in eine Zweideutigkeit zwischen traditioneller Vernunft und dem Einmünden des Denkens zu einer höheren Lebensform, „Konvergenz des Geistes“, wie Teilhard de Chardin es nennt.
Die wahre Seele ist die Gruppenseele, Weltseele in welcher der gesamte verfügbare Seelenstoff in Gruppenfunktionen aufgeht. Soziale Gruppen agieren wie Theatergruppen, Selbsterfahrungsgruppen. Die Mächtigeren arbeiten ihre verlorene Zweiheit in Einheit mit der Mutter (die ganze Welt ist die Mutter, Geza Róheim, bereits die Bauchmutter, atmos-phärisch-ontologisches Medium des Fetus) an den anderen als einverleibende `Personenverwechslung´ verzweifelt-manisch ab, indem sie diese zu Sündenböcken machen.
Peter Sloterdijk verweist in einem Gespräch mit Hans-Jürgen Heinrichs in „Die Sonne und der Tod“, darauf, dass zeitgenössische Intellektuelle und Schriftsteller „die Traumüberschüsse der eigenen Epoche und ihren Terror in sich spüren“ müssen, um etwas zu sagen zu haben: „Man redet in gewisser Weise mit einem Sprechauftrag des Staunens und des Schreckens oder, allgemeiner gesagt, der ekstatischen Potentiale der eigenen Zeit.“
Gilles Deleuze und Félix Guattari schreiben in „Was ist Philosophie?“, dass Philosophie nicht ist: „Kommunikation, die potentiell nur Meinungen bearbeitet, um `Konsens´ und nicht Begriffe zu schaffen. Die Idee eines abendländischen demokratischen Gesprächs zwischen Freunden hat niemals den geringsten Begriff erzeugt. … Die Philosophie betreibt keine Kontemplation, reflektiert nicht, kommuniziert nicht, obwohl sie Begriffe für diese Aktionen oder Passionen schaffen muss. Die Kontemplation, die Reflexion, die Kommunikation sind keine Disziplinen, sondern Maschinen zur Bildung von Universalien in allen Disziplinen.“
Gerd Gerkens „Verlagerung vom Grundmuster der `Angst´ zu dem neuartigen Grundmuster der ´Ekstase´“ offenbart sich nicht in „Offenheit und Freiheit“, vielmehr ist Marketing-Kommunikation selbst die Ekstase, die nicht weis wo ihr der Kopf steht.
Deleuze und Guattari weiter: „Von Prüfung zu Prüfung stiess die Philosophie auf immer unverschämtere, immer unheilvollere Rivalen … Schliessliche wurde der Tiefpunkt der Schmach erreicht, als die Informatik, das Marketing, das Design, die Werbung, alle Fachrichtungen der Kommunikation sich des Wortes Begriff, Konzept, selbst bemächtigten und sagten: Das ist unsere Sache, wir sind die Kreativen, wir sind die Konzeptmacher! Wir sind die Freunde des Begriffs, des Konzepts, wir bringen ihn in unsere Computer. Information und Kreativität, Konzept und Unternehmen: schon eine ausufernde Bibliographie … Das Marketing hat am Gedanken eines gewissen Bezugs von Begriff und Ereignis festgehalten: gerade hier aber ist der Begriff zur Gesamtheit der Präsentationen eines (historischen, wissenschaftlichen, künstlerischen, sexuellen, pragmatischen …) Produkts und das Ereignis die Zurschaustellung geworden, die verschiedene Präsentationen und den von ihr erwarteten `Ideenaustausch´ inszeniert. Die einzigen Ereignisse und Ausstellungen und die einzigen Begriffe Produkte, die man kaufen kann. Die allgemeine Bewegung, die die Kritik durch promotion ersetzte, hat ihre Wirkung auf die Philosophie nicht verfehlt. Das Trugbild, das Simulacrum, die Simulation einer Nudelpackung ist zum wahren Begriff, Konzept, geworden, und der An- und Darbieter des Produkts – Ware oder Kunstwerk – ist zum Philosophen, zur Begriffsperson oder zum Künstler geworden … schmerzlich zu erfahren, dass `Konzept´ eine Gesellschaft von Dienstleistungen und Informations-Engineering bezeichnet. Je mehr aber die Philosophie mit schamlosen und albernen Rivalen aneinandergerät … desto mehr fühlt sie sich zur Erfüllung der Aufgabe getrieben, nämlich Begriffe zu schaffen, die eher Meteoriten als Waren sind … So ist denn die Frage der Philosophie der singuläre Punkt, an dem sich Begriff und Schöpfung aufeinander beziehen.“
Massnahmen, bedrängt durch politischen Einflüsse der sozialen Bewegungen und der Gewerkschaften, gaben der Armut mildernde Umstände und implantierten diese als `Normalität´, ähnlich wie Folter, Todesstrafe, Strafe-muss-sein in der Erziehung, die Frau als Mensch zweiter Klasse. Michel Foucault führt aus, dass im 19. Jahrhundert die vier grossen Strategien der Macht manifestiert wurden: Sexualisierung des Kindes durch die Pädagogik, Regulierung des Bevölkerungs-wachstums in den Familien durch die Sozialwissenschaften, Hysterisierung der Frau durch die Medizin und Spezifizierung der „Abweichler“, Perversen durch die Psychiatrie.
Die älteste Strategie der Macht ist wohl die Organisation von Armut.

Offener Brief

Offener Brief

an

Bundesministerium für Gesundheit

Herr Bundesminister für Gesundheit Daniel Bahr
Erste Dienstsitz
Rochusstr. 1
53123 Bonn

und

Deutsche Krebshilfe e. V.
Hauptgeschäftsführer
Herr Gerd Nettekoven
Buschstr. 32
53113 Bonn

wegen mehr Aufklärung für Öffentlichkeit und für Haus-Ärzteschaft über und Vorsorge für

Mund-Hals-Tumore
Zungengrund-Karzinom
Mund-Rachen-Krebs
Kopf-Hals-Krebs
Mund-Hals-Krebs
Mundhöhlen- und Rachen-Krebs
Kehlkopf-Krebs
Speiseröhren-Krebs

Sehr geehrter Herr Minister Bahr,

sehr geehrter Herr Hauptgeschäftsführer Nettekoven,

General der US-Armee im Sezessionskrieg und später Präsident der USA, Ulysses Grant, ist im 19. Jahrhundert an Zungengrund-Krebs gestorben – nicht ohne in der Zeit die ihm blieb seine umfangreiche Autobiografie zu schreiben, in der Hoffnung auf guten Buchverkauf, um seine Familie damit zu versorgen, da er sein Leben lang seine Einkommen ausgegeben hatte. Der hatte viel zu schreiben. Und nach ihm sind viele bekannte und insbesondere unzählige unbekannte Menschen an dieser Krebsart und andere Mund-Hals-Tumore, Mund-Rachen-Krebs, Kopf-Hals-Krebs, Mund-Hals-Krebs, Mundhöhlen- und Rachen-Krebs, Kehlkopf-Krebs, Speiseröhren-Krebs gestorben. Bekannte Personen: Friedrich III. von Preussen litt vermutlich an dieser Krebsart, Theodor Storm, der sich lange gesagt hatte: „Es ist nichts“, wie er schreibt, Sigmund Freud, beim ersten Auftauchen nannte er seinen Krebs „das Ding“, gegen Ende seines Lebens schrieb er, „mein liebes altes Carcinom“, vor einiger Zeit Humphrey Bogart, bevor er starb lebte er noch einmal kräftig, Aldous Haxley, der mit Krebs und nach dem Brand seines Hauses, bei dem seine Bibliothek und seine Manuskripte verbrannten, als Siebzigjähriger „noch einmal ganz von vorn anzufangen“ begann, Papst Johannes der 23., Heinrich von Brentano, dessen Todesursache von den Medien tabuisiert wurde, Sechzigerjahreverdrängungstradition, und George Harrison. Aber ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind unzählige Menschen geheilt worden. Erkrankungen von Mund-Rachen-Krebs-Variationen nehmen aktuell zu, weltweit, insbesondere bei Männern. Unlängst starb der Sänger der Beastie Boys, Adam Yauch, geheilt wurden die Schauspieler Otto Sander und Michael Douglas, die Journalisten Mainhardt Graf Nayhauß und Jürgen Leinemann.

Leidenschaftliche Raucher, Zigarettenraucher, ohne Filter, Gitanes oder Gauloises, oder Eckstein oder Camel, oder Rot-Händle … etc., oder getarnt mit Filter, die Leichten …, und Ihr Zigarrenraucher, Geniesser, vorzugsweise cubanische Zigarren, allen voran Cohiba, La Gloria Cubana, Trinidad, Montechristo, Bolivar, Romeo y Julieta, El Rey …

… Danny de Vito, Jean Paul Belmondo, Ralf Moeller, Guido Westerwelle, Werner Mang, Herbert Grönemeyer, Diego Maradona, Fritz Wepper, Arnold Schwarzenegger, Tony Marshall, Sylvester Stallone, Axel Prahl. Udo Lindenberg, Liam Neeson, Bono, Daniel Barenboim, Al Pacino, Colin Farrell, Gerhard Schröder, Ben Becker, Gerard Depardieu, B. B. King, Heinz Hoenig, Bill Clinton, John Malkovich, Otto Sander, Francis Ford Coppola, Erol Sander, Robert DeNiro, Ulrich Tukur, Robert Duval, Jan Fedder, Bred Pitt, Pierce Brosnan, Horst Lichter, Marius-Müller Westernhagen, Jack Nicholson, Sean Penn, Jürgen Vogel, Kid Rock, Mickey Rourke,  Leonardo Di Caprio, Helmut Dietel … u.v.a.

… und die vielen vielen vielen nichtprominenten Raucher weltweit!!! …

(… und in Memoriam Harald Juhnke, John F. Kennedy, Dennis Hopper, Hermann Hesse, Karl Valentin, Charles Chaplin, Thomas Mann, Orson Welles, Al Capone, Winston Churchill, Henry Miller, Ernest Hemingway, Heiner Müller, Martin Heidegger, Heinrich Böll, Che Guevara, Alfred Hitchcock  …)

Und Michael Douglas: weltweit haben die Medien über ihn und seine Krebstherapie berichtet, durch seinen Kampf gegen den Kehlkopftumor ist Mund-Rachen-Krebs  überhaupt erst öffentlich relevant bekannt geworden.

Es gibt keine spezielle Vorsorge für Mund-Hals-Rachen-Zungengrund-Speiseröhren-Kehlkopf-Krebs, wie es sie für Lunge, Darm, Prostata, Haut, Blut, für Frauen Brust gibt. Man kann zum HNO-Arzt gehen mit dem speziellen Anliegen, sich auf Mund-Rachen- Krebs untersuchen zu lassen. Das aber setzt ein Bewusstsein über diese Krankheiten voraus. Und Bewusstsein setzt öffentliche Aufklärung und Kommunikation darüber voraus. Die gibt es aber kaum, weder für BürgerInnen noch für Haus-Ärzte. Obwohl Tabak und Alkohol als eine der Ursachen für Mund-Hals-Krebs gelten, wird hinsichtlich Tabak und Alkohol im öffentlichen und im ärztlichen Bewusstsein überwiegend Lungenkrebs und Leberkrebs kommuniziert. Die gesetzliche Krebsvorsorge für Männer bezieht sich auf Prostata, Genital, Haut, Darm, bei Frauen Genital, Brust, Haut, Darm. An Mundhöhle-Rachen-Speiseröhre-Kehlkopf-Zungen-Krebs erkranken laut Weltgesundheitsorganisation gegenwärtig weltweit Millionen Menschen und Millionen Menschen sterben daran. In Deutschland erkranken jährlich ca. 20.000 Männer, 10.000 Frauen, Krebs-Todesursachen-Rancing bei Männern 6. Platz, bei Frauen 16. Platz.

Sehr geehrter Herr Minister Bahr, sehr geehrter Herr Hauptgeschäftsführer Nettekoven, die Unterzeichner bitten darum, mehr öffentliche Aufklärung und Vorsorge für diese Krebsarten auf den Weg zu bringen.

Mit freundlichen Grüssen

Rog Horst

Zeitgeister

„Zeitgeister“

„Doch wir horchen allein dem Gerücht und wissen durchaus nichts“
vermutlich von Homer, Illias, 2. Gesang, 486, vermutlich um 800 v. Chr.

Philosophie der Neuzeit

In der Neuzeit entstanden Fragen wie: Denke ich, weil ich bin, oder bin ich, weil ich denke? Bestimmt das Sein das Bewusstsein oder das Bewusstsein das Sein?, Kapital und Arbeit?, – Descartes, Marx. Utopie und Hoffnung?, – Campanella, Morus, Bloch. Trieb oder Vernunft?, Aufklärung, Weltgeist, Wille, Moral,  – Kant, Hegel, Schopenhauer, Nietzsche. Bewusstsein, Unbewusstes, Entfremdung, Autonomie, Subjektivität und Objektivität, Idealismus und Materialismus, In-der-Welt-Sein und zur Freiheit verurteilt, Kritische Theorie, Prinzip Hoffnung, Sphären, – Freud, Heidegger, Adorno, Sartre, Lacan, Girard, Foucault, Lyotard, Baudrillard, Derrida, de Mause, Luhmann, Sloterdijk …

Zeitgeist und Neuer Mensch

Philosophie und Gegenwart

„… die moderne Welt ihrem Wesen nach eine Wiederholung der Antike auf der Höhe der  Modernität …“, Peter Sloterdijk.
Der Zeitgeist fühlt sich nicht wohl. Als gesunder Menschenverstand enthält er die Maximen seiner Zeit, in der alle Vorurteile seiner Zeit enthalten sind, und die Denkbestimmungen regieren ihn, ohne dass er ausreichend Bewusstsein, Reflexion darüber hat. Der Zeitgeist weiss nicht, wo ihm der Kopf steht, wie durch Medien täglich erfahrbar ist.
Das Wahre und das Falsche, das Gute und das Böse – Versuche zur Bildung des  Neuen Menschen in der Antike, im christlichen Mittelalter, in der Aufklärung, die philosophischen, psychologischen, sozial-revolutionären, kulturellen, politischen, militärischen, religiösen, bis hin zu den Versuchen vor und nach dem 2. Weltkrieg (von Sartre bis Sloterdijk), – Matriarchat und Patriarchat, Arbeit und Kapital, Angst und Hoffnung, Gehorsam und Autoritärer Charakter, Über-Ich und Macht, 68er-APO, Zynismus, Mediengesellschaft, Globalismus.
Vielleicht ist der Zeitgeist überhaupt nichts anderes als die Gestalt der Zukunftserwartungen einer Zeitgenossenschaft. Der Geist der Zeit, der Zeitgeist, wird in erster Linie durch die Zukunftserwartungen einer Gesellschaft in einer Epoche bestimmt“, Bazon Brock.

Globalismus von ca. 700 v. Chr. bis heute  – und das Prinzip Ekstase

Der Gott Apollon führte mit dem Orakel zu Delphi die globale medienpolit- ische Ekstase ein. welche in eine Art neo-spirituelle Dauer-Ekstase der globalen Moderne gemündet ist.

Angst und Hoffnung

Seit Jahrtausenden prägen Angst und Hoffnung die Zivilisationen und Kulturen, – mit den Folgen des Globalismus.
Angst ist so alt wie die Menschheit. Angst begleitet den Menschen von der Geburt bis zum Tod. In allen Zeiten lebten die Menschen mit Ängsten. In der globalisierten Welt heute haben sich Ängste bis zu Paniken gesteigert.
Was ist Angst? Woher kommt sie? Kann ich sie kontrollieren? Oder bin ich ihr ausgeliefert? Kann ich sie `los werden´? Oder kann ich sie produktiv nutzen?
Hoffnung ist ebenfalls so alt wie die Menschheit. Wie und was kann ich hoffen? Was ist konkrete Hoffnung und was Wunschdenken? Kann ich Angst in Hoffnung verändern?

Arbeit, Konsum, Medien

Die Welt hat sich zu einem Supermarkt entwickelt, der Mensch ist zum Homo Konsumismus geworden.
Der Konsumismus selber ist nicht mehr traditionelles Einkaufengehen, Shopping, Sich-informieren, Sich-unterhalten-lassen, Essen-gehen, Freizeit-leben, auf-Reisen-gehen, Ferien-machen, sondern Konsumieren ist Sinn-des-Lebens geworden, der eigentliche Konsum, die Verzückung ist nun das Konsum-Kommunikations-Ereignis.
Sowohl als Verbraucher wie auch als Produzenten, Distributoren, Dienstleister, oder mit welcher Tätigkeit auch immer zum gesellschaftlichen Umlauf beigetragen wird, sind wir Konsumenten und Verkäufer gleichzeitig, Konsum-Käufer, Konsum-Verkäufer, Konsum-Verkaufte, Konsum-Gekaufte. Das ganze Leben ist Konsum-Kommunikations-Marketing-Service geworden, und wir sind Lieferanten und Empfänger.

Philosophie des Glücks und der Lebenskunst

Wie können Menschen Glück und Glückseligkeit erlangen?
Das Streben nach Glück ist eine uralte Sehnsucht des Menschen. Und die Philosophie der Lebenskunst ist der Versuch Glück zu erlangen.
Von den antiken Philosophen wie Aristippos, Epikur, Diogenes, Platon, Aristoteles, Epiktet, Seneca und Marc Aurel, über Philosophen der Renaissance wie de Montaigne und della Mirandola, Philosophen der Neuzeit wie John Stuart Mill, Immanuel Kant, Schopenhauer, Nietzsche, Philosophen der Romantik wie Friedrich Schlegel, Ludwig Tieck und Novalis, bis zu Philosophen der Postmoderne wie Jean-Francois Lyotard, Michael Foucault, Peter Sloterdijk, u. a.
Und das Streben nach Glück ist Thema der Religionen und der Psychologie.

„Ich will der Mensch meines Lebens sein
… und nicht der komische Kauz, der mein Leben lebt“,

schrieb die Psychoanalytikerin Karen Horney in Ihrem Buch „Selbstanalyse“.
Das Gefühl, nicht so recht ich selbst zu sein, `gelebt zu werden´, statt mein Leben selbst zu bestimmen, – woher kommt dieses Gefühl? Und wie kann ich der Mensch meines Lebens werden?
Der erste antike Philosoph, Thales von Milet, fragte: „Was ist der Mensch?“ Und auf die Frage an ihn, was das Schwerste im Leben sei, antwortete Thales: „Sich selbst erkennen“.
Dieses „Erkenne Dich selbst“ stand über dem Tempel des Orakel von Delphi. Schliesslich fragte Sokrates: „Wer bin ich?“, und er fügte hinzu: „Ich weis, dass ich nichts weis“.
Die alten Ägypter hatten bereits den Begriff Depression verwendet. Platon entwickelte ein Schichtenmodell der Seele, Stufen des Bewusstseins, das Sigmund Freud über zwei tausend Jahre später zu einem psychodynamischen Modell ausbaute, Aristoteles schrieb ein Lehrbuch „Über die Seele“.
Einführung in Geschichte der Psychologie, Psychoanalyse, Psychotherapien, Selbstanalyse/erfahrung, – des Bewusstseins und des Selbstbewusstseins.

Philosophie, Psychologie der Liebe und der Paarbildung

Was ist Liebe? Liebe und Eros zwischen Menschen, Liebe zwischen Eltern und Kind, freundschaftliche Liebe, Liebe zu Göttern und zu Gott, Liebe zu Flora, Fauna, Erde, Wasser, Tiere, Liebe zu Künsten und Wissenschaft, zum Wahren, Guten, Schönen, zu Wunschbildern und zu Genüssen, zu Helden und Heldinnen, zu Arbeit und Hobby, und Liebe und Paarbildung mit der Puppe, dem Teddy, den Spielzeugen, und Paarbildungen mit dem Auto, dem Computer, dem Handy, der Fernbedienung, mit dem Sportclub, mit Idolen des Showbusiness, Liebe zu Krankheit,  zuKrieg, zu Tod, zu Geld, zu Triebe und zu Selbstliebe … Geschichte der Liebe vom Neolithikum bis zur Liebe in der Globalisierung.

Störenfried Til Schweiger lüftet den „Tarnumhang“

Ein Störenfried lüftet den „Tarnumhang“

Die Überbau-Ordnung
Ordnung, Ruhe, Frieden im Land werden staatlich organi-siert. Professionell von Politik, Parteien, Wissenschaft, Medi-en, Behörden, Institutionen, Organisationen, Verbänden etc., versehen mit Funktionärs-, Beamten-, Manager-Posten, Titeln und Scheintiteln etc.
So existieren und agieren staatliche Lebensbereiche, die eben genannten plus Religionen/Kirchen, Kulturen, Handel und Banken, Erziehung und Bildung, Altersgruppen und Geschlechter, Medizin und Recht, Arbeitsverhältnisse und Reichtum, Wohlstand und sozialer Mangel und Elend nebeneinander.

Die Sub-Ordnung
Und zur gesellschaftlichen Unterstützung agieren professio-nell ausserparlamentarische Gruppierungen, versehen mit Posten, Titeln etc.: NGO-Nichtregierungorganisationen, zertifizierte Organisationen, bundesweit und weltweit, Social-Business, Industrie-Stiftungen, Spenden-Organisation und Firmen- und Einzelspender etc., und erhalten so soziale Ruhe, Ordnung und Frieden im Land.

Die Basis
Und wie in der Menschheitsgeschichte üblich gibt es in der so genannten heutigen „Bürgergesellschaft“ oder „Zivilge-sellschaft“ Bürger und Bürgerinnen – „die Menschen draussen“, „die Menschen auf der Strasse“, „die Bevölke-rung“ -, welche Hegels „Herzklopfen für das Wohl der Menschheit“ empfinden und Barmherzigkeit, Mildtätigkeit, Wohlfahrt, Hilfsbereitschaft einzeln und in Gruppen ohne Bezahlung und ehrenamtlich tätigen, ohne Posten, Titel etc., und auch Geld und Sachen und Lebensmittel spenden, je nach Not und Zweck.

Die Störung
Und nun stört diese Ordnung und Ruhe und Frieden im Land ein finanziell unabhängiger Mann, Profi der Darstellenden Künste, Geschichtenerzähler mittels Kino- und TV-Filme, Filme für die er Drehbücher schreibt, Filme für die er Regie führt, Filme in denen er als Schauspieler auftritt, und auch Filme die er finanziert und produziert. Er hat eine erhebliche Anzahl Preise für seine Arbeiten erhalten, ist in seiner Branche der Erfolgreichste in Deutschland und auch in Hollywood als Schauspieler akzeptiert. Ein mutiger Volksheld.

Der wurde zum Störenfired. Til Schweiger mischt sich in das staatlich-gesellschaftliche Herrschaftsgefüge gesellschaftli-cher Eliten ein. Er will zur Behebung eines komplexen Man-gels einen deutlichen Beitrag leisten, den Staatseliten nicht beheben: er will, vernunfthaft und tugendhaft-christlich – „Die Füchse haben Gruben und die Vögel des Himmels Nester; der Sohn des Menschen dagegen hat nicht, wo er sein Haupt hinlegen kann“, Matthäus, 8, 20 -, er will zivilisierte Wohnungen für hunderte Flüchtlinge schaffen, und er sammelt Geldspenden bei prominenten Bürgern, ohne Charity-Gala, und er hat mit namhaften Freunden und Kollegen eine Stiftung gegründet.

Individuell organisiert ein Filmstar für Fremde, Vertriebene, Verfolgte, Flüchtlinge – diejenigen etwa 12 Millionen Flücht-linge und „Heimatvertriebene“ die nach dem 2. Weltkrieg aus den deutschen Ostgebieten in allen deutschen Bundesländern integriert wurden, nannte eine Teil der Deutschen u.a. „Flichtlinge“, die klauen, machen sich breit, fressen uns alles weg etc., behandelte sie als fremde Eindringlinge, obwohl diese Deutsche waren, soeben noch „ein Volk“ -, er organisiert also, wofür professionelle staatliche Ordnungsorgane zuständig sind, und für Nothilfe professionelle NGO-Nicht-Regierung-Organisationen. Der Unterhaltungskünstler greift damit in das Organisations-System ein, – und das als Amateur.

„Spott über Til Schweiger ist elitäre Volksverachtung. In der Herablassung über Til Schweigers emphatischen Einsatz für Flüchtlinge wird etwas Skandalöses sichtbar. Ist der Schauspieler etwa nicht gemeint, wenn mehr Bürgerbeteiligung gefordert wird?“, Thomas Schmid, „Die Welt“.

Til Schweiger stört, handelt ohne Politiker zu sein, oder ein bekannter, reicher Wirtschaftsmagnat, oder Inhaber eines wichtigen Amtes im Land, oder ausgewiesener Humanist, Philanthrop, oder bekannter Feuilleton-Professor, oder No-belpreisträger, oder Weltstar im klassischen Musikmetier, oder Abkömmling einer berühmten Politik- oder Wirtschafts-Dynastie, oder einer Adels-Dynastie (seit einhundert Jahren abgeschafft), er befindet sich nicht einmal in der vermeintli-chen Autorität hohen Alters. Er handelt ohne in der High-Siciety und bei deren Charity-Galas zu verkehren, ohne eine Establishment-Identifikationsfigur zu sein. Und darüber hinaus ist er Jeans- und T-Shirt-Träger … Und überhaupt: Hat er gedient? Und was erlauben Schweiger den `Bahnhof ohne Bahnsteigkarte´ zu betreten?!, „das ist ja Kommunismus“ (Ernst Lubitsch).

Der Sündenbock
Gewisse Fahrscheinlöser und Amtsinhaber allerdings versagen, – sie wollen nicht. Statt Freude über Til Schweigers Initiative und Unterstützung dafür – denn es geht eigentlich um die Ursache: Flüchtlinge!, nicht um PolitikerInnen -, wird er angegriffen, von Politik und Medien, in der Regel von männlichen, ein Männchen-Ritual. Und er wird beschimpft und bedroht von Bürgern per sozialer Kommunikationsmittel im Internet. Von den primitiven Urvölkern schreibt der Ethnologe Sir James Frazer: „Der Ritus imitiert sein Ziel“, wie menschliche Tätigkeiten und Zustände, Jagd, Bodenbestellung, Fischfang, Handel, Liebesspiel, Lebensangelegenheiten, Kampf, Krankheit und Tod etc. Solche Lebensangelegenheiten werden als das Ergebnis von Beschwörung und Ritus erlebt.

Ritus agiert auf einer vorkausalen Gefühlsebene der Analo-gie, ein Glaube, „dass das Abbild mit dem Urbild durch ge-heimnisvolle Kräfte verbunden“ sei, u.a. beabsichtigt durch gemahlte Bilder in Höhlen, das begehrte zu jagende, ge-fürchtete, verehrte Tier zu bannen, oder durch Imitationen, Zeichen, Symbole das Wetter, die Wettergötter (sind immer männlich), zu beeinflussen (TV-Wetterberichte), in rituellen Tänzen und Massengesängen andere anzuprangern, her-abzuwürdigen, weil z. B. um eine Frau konkurriert wird, oder als um den Sieg über den Feind zu beschwören (Medien, der rituelle Kommunikations-Mittelpunkt Kral mit Feuerplatz ist heute TV-Gerät und Computer mit Internet).

Der Ritus imitiert nicht mehr, er opfert tatsächlich, inszeniert Krisen und stilisiert Sühneopfer. Und die Konsumierung dieser Verfolgungsstorys heizt die Begierden an, hält sie am kochen und wirkt epidemisch als Dauerkonflikte. Leben wird aus Sicht von Verfolgern kommuniziert. Diese permanenten Rituale zelebrieren Helden-Geschichten und Sündenböcke-, Sühneopfer-Geschichten in der gesamten atmosphärischen Spanne von Jubel-, Erfolgs-, Sieger- und Verlierer-Geschichten über Mitleids- und Angst-Geschichten, Spass- und Erbauungs-Geschichten bis hin zu Horror-, Gewalt-, Verfolgungs-Geschichten.

Das Fieber der Verdächtigungen, Denunziationen, Verfol-gungen, Opferungen von zu Feindbildern und Sündenböcken stilisierten Menschen und Gruppen ist täglich zu vernehmen. Fremder, Konkurrent, Gegner, Aussenseiter, Störer bis hin zu Staatsfeind – Zweiteilung des Landes, der Welt, der Menschen in Gut und Böse, Richtig und Falsch.
„Wer mit sich unzufrieden ist, ist fortwährend bereit, sich da-für zu rächen: wir anderen werden seine Opfer sein … Wer sich selbst verachtet, achtet sich doch immer noch dabei als Verächter“, schreibt Friedrich Nietzsche in die „Die fröhliche Wissenschaft“. Vorgänge die sich in Parteien, Wirtschafts-etagen, bei Medien zunehmend verdichten, als hetzten sie wie getrieben auf einen Punkt zu. Hin und her zwischen Selbstachtung und Selbstverachtung schämt sich das Individuum, die Gruppe ambivalent zutiefst und rettet sich verdrängend in eine Haltung von Feindseligkeit. Gegen Etwas und insbesondere gegen Jemanden sein, rationalisiert als `heilige´ Meinung und „feste Überzeugung“, heisst die „abgöttische Andacht“ der Zeit, die „grösser als der Gott“ gemacht wird, wie Shakespeare in „Troilus und Cressida“ dichtet.

Das Böse, das Schlechte, das Falsche wird im Anderen ge-sehen, sowie im Reflex ein positives Bild von sich selbst konstruiert. Selbst als Feindseliger, als Rächer, Verfolger und Verurteiler, mehr noch, gerade dann, wächst die eigene selbstentfremdete Selbstachtung. Verkündet wird, der Ande-re wolle sich Nutzen verschaffen um seine bösen Absichten durchzusetzen. Deswegen müsse man sich selbst für das Schlimmste wappnen und wachsam sein. Die eigenen Auf-fassungen und Verhaltensweisen sind die Guten und Wah-ren, nützen dem Volk, der Demokratie, der Nation, dem Recht und dem Fortschritt, die des Anderen sind Gefahr und Bedrohung der Demokratie schlechthin. Das eigene Ma-nagement „erklärt“, „warnt“ (Franz Nuscheler) und diskutiert demokratisch Meinungen, das der Anderen „behauptet“, „droht“, ist meinungs- und demokratiefeindlich. Die eigene Gruppe ist durch zufällige Umstände oder gar feindliche, hinterhältige, die Regeln demokratischen Umgangs verletzende Angriffe vorübergehend in Schwierigkeiten und Negatives geraten, hingegen in der anderen Gruppe herrscht grundsätzlich das Schlechte und Falsche als Wesensmerkmal. „Projektive Identifikation, das hauptsächliche Kommunikationsmittel im Gruppenleben, ist das als erzwingbar fantasierte abstossen der geleugneten psychischen Anteile einer Psyche in eine andere“, Lloyd de Mausse, „Die psychogene Geschichtstheorie“.

Täglich werden Feindbilder geschürt und Sündenböcke an-geprangert. Natürlich wird die Feindseligkeit rationalisiert, als richtige Politik, richtige Meinung, richtige Ökonomie und korrekter Diskurs. Und je offensichtlicher sich das Eigennützige und Falsche an den Verkündigungen und Taten offenbart, desto feindseliger, ideologischer und dogmatischer wird darauf beharrt, christlich, sozial, liberal genannt. Fliegt die Angelegenheit auf, wird nach Rache getrachtet. Minderheiten, als Einzelne und als Gruppen, kommen dann am Schlechtesten weg.

„Medientexte sind Verfolgertexte“, sagt Jean Baudrillard, im doppelten Sinn aus und von eigenen Verfolgungsängsten. Diese permanenten Rituale zelebrieren Geschichten als: Intimitäts-Voyeurismus: plaudern aus dem Nähkästchen, spekulieren über das Nähkästchen, in den Tonalitäten süffisant, schlüpfrig, vulgär, bigott, obszön, kleinbürgerlich-doppelmoralisch; Klatsch-Tratsch-Verdacht: Beleidigung, Schmeichelei, in den Tonalitäten frotzelnd, schäkernd, sexistelnd; Denunziations-Gerücht: üble Nachrede, Gemeinheiten, Ermahnungen, Drohungen, Verurteilungen, in den Tonalitäten zynisch, hetzend, infam, verächtlich, selbstgerecht, höhnisch, hämisch.

In Deutschland waren dran Botho Strauss, Martin Walser, Günter Wallraff, Horst-Eberhard Richter, Peter Sloterdijk, Oskar Lafontaine, Gregor Gysi, Walter Jens, Peter Wapnewski, Elfriede Jelineck, Günter Grass, Heinrich Böll, Dieter Hildebrand, Siegfried Lenz, Horst Seehofer, Peter So-dann und auch Michael Moore sowie Minderheitengruppen und unprominente Menschen, die kurzzeitig bekannt wurden, dann Prominente aus Adel, Showbusiness, Sport, etc., Sibel Kekilli, „Tic-Tac-Toe“, Christoph Daum, Guildo Horn, Reinhold Messner, Otfried Fischer, Franziska van Almsick, Ute Lemper, Jürgen Kliensmann, Michael Jackson, Harald Juhnke und Frau, Klaus Jürgen Wussow und Frau, Katja Riemann, Mette Marit als eine Art babylonische Hetäre und viele andere …

Til Schweiger wird durch sein Engagement und seine cha-rakterliche Präsenz zur Figur des Begehrens, wie grundsätzlich bereits in seiner Eigenschaft als Künstler, und auf ihn werden Urängste und Urphantasien vor und über Fremde projiziert. Gewalt-Paniker und staatlich-gesellschaftliche Eliten geraten in Verfolgungs- und Versagungsängste und toben Hass- und Hohnanklagen („Anklagen sind Selbstanklagen“, Freud). Til Schweiger wird Identifikations-Objekt und Sündenbock. Er muss geopfert werden um die Krise zu bereinigen.
„Es ist ein menschliches Bedürfnis, sich der eigenen Gewalt und der eigenen Spannungen auf Sündenböcke zu entladen … In unserer Zeit wird der Mimetismus durch die augenblicklichen Kommunikationsmöglichkeiten und den Sensationshunger der Medien verstärkt. … Der Glaube an die natürliche Güte des Menschen endet, weil die Realität ihn immer enttäuscht, unweigerlich mit der Jagd nach Sündenböcken“ (René Girard, „Wenn all das beginnt“).

„Tarnumhang“
Der ehemalige Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Frank Schirrmacher, schreibt am 15.8.2011 unter Stichwort „Bürgerliche Werte“:
„Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat. Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der grössten Gegner zuzutreffen scheinen“.
Finanzmarktpolitik und Ökonomie, Ökologie und Atomkraft, Bildung und Erziehung, Sozialpolitik und Rechtspolitik, Realpolitik und Pragmatismus, überhaupt bürgerliche Politik wird nun auch auf der bürgerlichen Seite als das wahrgenommen, was sie immer war: Herrenpolitik (allerdings ist linke Politik nicht bedeutsam anders, in der Praxis; „In der Praxis muss der Mensch die Wahrheit, i.e. die Wirklichkeit und Macht, Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit des Denkens – das von der Praxis isoliert ist – ist eine rein scholastische Frage“, Karl Marx, „Thesen über Feuerbach“).
Schirrmacher weiter: „Es geht darum, dass die Praxis dieser Politik wie in einem Echtzeitexperiment nicht nur belegt, dass die gegenwärtige `bürgerliche´ Politik falsch ist, sondern, viel erstaunlicher, dass die Annahmen ihrer grössten Gegner richtig sind“.
„Bürgerlicher Werte“-Identität wackelt. Bewegt zitiert er den „erzkonservativen Charles Moore im Daily Telegraph“, wel-cher nach dreissig Jahren als Journalist an bürgerlicher Politik zweifelt, weil „linke Analysen“ sich als richtig erweisen: „Die Stärke der Analyse der Linken liegt darin, dass sie verstanden haben, wie die Mächtigen sich liberal-konservativer Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich ihre Vorteile zu sichern“.
Schirrmacher weiter: „,Globalisierung‘ zum Beispiel sollte ursprünglich nichts anderes bedeuten als weltweiter freier Handel. Jetzt heißt es, dass Banken die Gewinne internatio-nalen Erfolgs an sich reißen und die Verluste auf jeden Steuerzahler in jeder Nation verteilen. Die Banken kommen nur noch ,nach Hause‘, wenn sie kein Geld mehr haben. Dann geben unsere Regierungen ihnen neues“.
Schirrmacher schliesst seinen Artikel: „Ein Bürgertum, das seine Werte und Lebensvorstellungen von den `gierigen Wenigen´ (Moore) missbraucht sieht, muss in sich selbst die Fähigkeit zu bürgerlicher Gesellschaftskritik wieder finden. Charles Moores Intervention zeigt, wie sie aussehen könnte“.

Im 19. Jahrhundert wurde eine Völkerwanderung dadurch ausgelöst, dass Europa nicht mehr der traditionelle Herr der Welt war, sondern die USA hatten sich zu einem ebenbürti-gen, wenn nicht überlegenenen Konkurrenten entwickelt. So war 1848 das Jahr des Beginns von Auswanderungswellen in die USA. Sozial und gesellschaftlich unzufriedene und arme Bürger Deutschlands, hungernde Iren, arme Skandinavier, Russen, Polen, Italiener suchten in den USA ein besseres Leben. Für das europäische Establishment bedeutete die Flucht von Arbeitern, Arbeiterinnen, Hausfrauen, Hausmädchen und Handwerkern und Kaufleuten durchaus eine öko-nomische und politische und auch eine kulturelle Bedrohung für Europa.

Der Kolonialismus und Imperialismus hat die heute so ge-nannte „Dritte und Vierte Welt“, „Entwicklungsländer“, „Schwellenländer“ Jahrhunderte ausgebeutet und der mo-derne Globalismus nun die Völkerwanderungen ausgelöst, weil er die „Bitterkeit der Geschichte“ (Michel Foucault) nicht endlich beendet, ökonomische, ökologische Ausbeutung, Hunger, Armut, Verelendung, Kriege, Gewalt … obwohl alle Bedingungen und Reichtum für eine emanzipierte humane Gesellschaft vorhanden sind, wie es Max Horkheimer und Theodor Adorno bereits 1947 in ihrer Schrift „Dialektik der Aufklärung“ nach dem barbarischsten aller Kriege anmahn-ten, erfolglos, – und obwohl wir heute alles wissen und alles können. Michel Treguer: „Am Anfang unseres Gesprächs sagten Sie, es würde in den mächstigsten Ländern nur eini-ger bedeutender Menschen guten Willens bedürfen, um `die Menschheit wieder auf die richtige Bahn zu lenken´, um die Reichen dazu zu bewegen, die Armen zu ernähren, etc. Die Schwierigkeit besteht darin, den Mimetismus umzudrehen, ihn in den Dienst des Guten und nicht weiterhin in den des Bösen zu stellen: mehrere Menschen müssten sich gleichzeitig ändern, gleichzeitig gut und barmherzig werden …
René Girard: Es gäbe nichts Leichteres, wenn wir nur woll-ten: wir wollen aber nicht. Die Menschen mit ihrem konstan-ten Paradox, ihrer Unschuld und ihrer Schuld zu verstehen, läuft darauf hinaus, zu begreifen, dass wir alle für diesen Zustand verantwortlich sind, da wir, im Unterschied zu Christus, nicht daran sterben.“ (René Girard in einem Gespräch mit Michel Treguer, 1994, „Wenn all das beginnt …“).

Der industrielle Globalismus hat zu mehr Armut und Elend geführt obwohl die Kapazitäten der Industrienationen alle Menschen, sogar höhere Anzahl von Menschen ernähren, medizinisch versorgen, kleiden und mit Behausung versehen und bilden könnte – Bildung! -, sowie Möglichkeiten sozialer Kommunikation, Unterhaltung, kultureller Erbauung, an sportlicher und kreativer und musischer Betätigung, Bildung des Herzens und des Geistes, an Zuwendung, Anerkennung und an Würde, die gesetzlich als unantastbar gilt, ermöglichen. Und dem entsprechend mit Fremden, Flüchtlingen, Zuwanderern umgehen kann.

Der altmodische Til Schweiger
„Außerdem kann man mit dem Thema Flüchtlinge nun wirk-lich keine Werbung machen: Da hat jeder Angst, sich die Finger zu verbrennen. Schauen Sie sich doch nur die Politi-ker an! Klar wird da immer aufgerufen zu bürgerschaftlichen Engagement. Aber letztlich haben Leute wie etwa die ehren-amtlichen Helfer keine Stimme. Aber ich habe eine Stimme, mich hört man“, Til Schweiger.

„Til Schweiger will Flüchtlingen helfen. Das ist gut so. Er heißt sie nicht nur willkommen, er fordert nicht nur Staat und Parteien dazu auf, mehr für Flüchtlinge zu tun – er will mit dem von ihm unterstützten Bau eines Flüchtlingsheims selbst tätig werden. Das müsste in einem Land, zu dessen Weihebegriffen das Wort „Bürgergesellschaft“ gehört, eigentlich hochwillkommen sein. Doch Schweiger erntet vor allem Hass sowie Hohn und Spott. …
Man mag ja helfen wollen, aber wohin das Ganze laufen soll, das muss man dann schon den NGOs, Amnesty International und am Ende der Regierung und dem Staat überlassen.“, schreibt Thomas Schmid in „Die Welt“.

Til Schweiger engagiert sich, obwohl ihm bereits neulich ei-ner der unglücklichen Vertreter aus dem Milieu der Renais-sance-Höfe-Bildungselite bescheinigt hat, nicht befähigt und qualifiziert zu sein eine Meinung zu haben.

Paul Katzenberger, „Süddeutsche Zeitung“:
„Til Schweiger, Enthüller der Scheinheiligkeit
Im schimpfwortreichen Duell mit CSU-Generalsekretär Scheuer entlarvt der Schauspieler die hinterhältige Professi-onalität deutscher Politiker in der Flüchtlingsdebatte. …
… etwas entlarvt: Er demaskiert die Scheinheiligkeit, die sich im öffentlichen Diskurs ausgebreitet hat. … All die alerten, rhetorisch gewandten und stets zu 100 Prozent disponierten Taktiker, die in den Talkshows landauf und landab ihre Sa-che ohne jedes Herzblut vertreten.“

Im Unterschied zu „alerten, rhetorisch gewandten und stets zu 100 Prozent disponierten Taktiker“ fühlt sich Til Schweiger klassisch altmodisch verantwortlich und handelt praktisch, entschlossen, autonom, selbstbewusst, vernüftig. Damit verleiht er den altmodischen Begriffen „Freier-Wille“, „Tugend“ und „Pflicht“ Modernität.
Der Begriff „autonom“ steht für Willensfreiheit, Freier Wille. Während „alle Dinge müssen, ist der Mensch das Wesen, welches will“, schreibt Schiller in, „Über das Erhabene“.
Die erste historisch bekannte Reflexion über Wollen, Wille, Freier-Wille leistete der antiken Dichter Homer, welcher um etwa 700 vuZ. den Begriff „hekóon“ einführte, der soviel wie freiwillig, aus eigener Absicht, nach seiner Natur handelnd bedeutet. Der Philosoph Platon schreibt, dass der freiwillig Handelnde nichts Schlechtes tun kann, da der Begriff freiwillig keine relevante Unwissenheit voraussetzt, oder, wie sein Schüler Aristoteles ergänzt, auch keinen Zwang. Freiwillig ist freier Wille aufgrund von Wissen um dasjenige, wofür man freiwillig eintritt und handelt.

Der Atomist Demokrit entwickelt um 400 vuZ. über die indif-ferenten Triebe hinaus ein Sollen als gesellschaftlich zwi-schenmenschlich Wahres und Gutes, Einsicht in sittliche Gesinnung, und zwar unabhängig davon, ob es angenehm, erfreulich, fun und einträglich, profitabel ist oder nicht.
Sokrates dann setzte Freiheit als Begriff, in dem diese als das beste Tun gelten sollte. Der Mensch wurde bestimmt als freies Wesen, welches seine Entscheidungen für oder gegen sittliches Handeln selbstständig treffen kann, in dem er durch Selbstforschung – „Erkenne dich selbst“ – und Selbstbeherrschung zur Autonomie gelangt. Jedoch ist es nicht das Wissen des Menschen, welches zur Wahl des Wahren führt, sondern vielmehr das Wissen um das Nichtwissen, „denn unser Wissen ist Stückwerk“, Bibel, 1. Korinther, „Halbbildung ist ihr Geist, der misslungener Identifikation“, Theodor Adorno.

Das altgriechische Wort „autónomos“ führte um 450 vuZ. der Dichter Sophokles ein. Autonomie charakterisiert im gesellschaftlichen Zusammenleben höchste sittliche Freiheit, Selbstständigkeit, Willensfreiheit.
Das Wahre, das Gute, Freiheit, Selbstbewusstsein, Ethik, Tugenden, das Wissen wurden zu gesellschaftspolitischen Idealen zwecks Zusammenlebenkönnen (Aristoteles) der Menschen.
Etymologisch stammt der Begriff Wissen von und bedeutet erblicken, sehen, erkennen, ich weiss, bewusst, weise, Ge-stalt, Urbild und Gewissen.
Der Begriff „Gewissen“ stammt von griechisch „syneidêsis“ und bedeutet ein verstärktes Wissen und Bewusstsein, nämlich „Mit-Wissen“.
Die antiken Griechen lehrten, dass es für jedes sittlich schlechte Verhalten gegenüber Göttern und Menschen einen „Zeugen“, den inneren „Mitwisser“ gäbe. Und Sinn dieses Wissens, Bewusstseins, Mitwissens ist Verantwortung.

Immanuel Kant trennt Freiheit in psychologische Freiheit, die abhängig ist von inneren Zwängen und niedrigen Affekten, und in transzendentale Freiheit, welche dem Menschen selbständiges Handeln ermöglicht, und schliesslich praktische Freiheit, das moralische Gesetz, welches notwendig einen freien Willen setzt, als autonome Selbstgesetzgebung: Vernunft und Verantwortung.
„Zur inneren Freiheit werden zwei Stücke erfordert: seiner selbst in einem gegebenen Falle Meister und über sich selbst Herr zu sein, d. i. seine Affekte zu zähmen und seine Leidenschaften zu beherrschen“, Immanuel Kant, „Die Metaphysik der Sitten“, §539; 1797.
„Das praktische Gesetz ist die Gesetzmäßigkeit, die herr-schen würde, wenn bei allen vernünftigen Wesen die Ver-nunft die volle Gewalt über den Willen hätte, und nicht unsere Neigungen.“ … „Der gute Wille ist allein durch das Wollen gut.“ Immanuel Kant, „Was ist Aufklärung?“.

René Descartes hatte die Selbstständigkeit des Denkens als Selbstgewissheit konstatiert: Ich denke, also bin ich.
Blaise Pascal lehrte, dass der Gebrauch des Verstands nur mit einer „Logik des Herzens“ möglich wäre.
Für G. W. Leibniz war die Vernunft grösser als die Sinne. Dem Reichen schrieb er mehr Möglichkeiten zum freien Handeln zu, als dem Armen.
Adam Smith erklärte zu Tugenden: Klugheit, Gerechtigkeit und Güte. Mitmenschlichkeit, Sympathie ist seine sittliche Grundlage, derart für einen wirtschaftlichen Markt mit einer Harmonie zwischen Produktion, Lohn, Preis, Konsum.
J. G. Fichte verstand Freiheit als Bewusstsein selbst und als Grundsatz, wovon sich Sein und Naturgesetze ableiten und die Sittengesetze.
Auch F. W. J. Schelling war der Auffassung, dass Freiheit den Naturgesetzen Wirksamkeit gebe, und dass Freiheit das Gute oder das Böse ermögliche.

„Es ist verfassungsfeindlich, zum Mord aufzurufen, zu Brandanschlägen, das ist verfassungsfeindlich! Und wo ist das Mitglied unserer Regierung, der sich hinstellt und sagt: Nein, dafür werdet ihr bestraft!“, Til Schweiger in Talk-Show „Menschen bei Maischberger“.

Der Mensch versucht stets seine Umwelt zu kontrollieren um seine unbewussten archaischen Ängste zu mildern und sich sicher zu fühlen; auch Inhaber von politischen, wirtschaftlichen u.a. Machtpositionen! Je bekannter Umwelt und Menschentypen, desto sicherer das Befinden, das sozusagen eigene Volk ist ein sicherer Kral. Bereits ein einzelner Fremder wird misstrauisch, d.i. ängstlich beäugt, hunderte und tausende lösen Panik aus.
Ein Teil der Bürger empfindet Fremde in ewigen Wiederho-lungszwängen grundsätzlich als Angst-Gegner, nicht ein-schätzbar, Unsicherheit und Gefahr. Um Flüchtlinge wird sich gekümmert, auch wenn mangelhaft, sie bekommen Unterkunft, Nahrung, Sachen etc., von Staat, NGOs, Ehrenamtlichen Hilfen … sie bekommen Zuwendung und Anerkennung.
Individuen und Gruppierungen plus psychopathische Fanatiker die unter traumatischen Anerkennungs-Versagungsängsten leiden und niedertriebige Rationalisie-rungen in schriftlicher Gewalt in Sozialen-Medien und in Gewalt-Demonstrationen und Gewalt-Anschlägen gegen Sachen, Leib und Leben in öffentlichen Räumen umsetzen: Fremdenangst rationalisiert in Fremdenhass und umgesetzt in Gewalt ist Substitut für Angstpanik um sich selbst, abge-wehrte Todesangst davor, dass Fremde das eigene Sein einnehmen könnten, den Paniker auslöschen und ersetzen. Mit der Energie dieses Urangst-Verfolgungswahns mit negativer Übertragung und Projektion mittels archaischer Affekte Hass, Neid, Konkurrenz, Eifersucht, Misstrauen, Verleumdung etc. verfolgen sie Fremde, tun das, was sie fürchten. Folgerichtig bezichtigen sie diejenigen, die Fremde, Flüchtlinge unterstützen als „Volksverräter“. Entsprechende intellektuelle und theoretische Fremden- und „Rassen“-Rationalisierungen sind spätestens seit dem 19. Jahrhundert verbreitet und insbesondere im Deutschland der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts politische Ideologie und Praxis geworden. (Mit dieser intellektuellen Absurdität und „Impotenz des Herzens“ (Erich Fromm) hängt zusammen, dass die Führungsfiguren um Hitler und zu förderst unübertroffen der selbst abgrundtief lächerlich wirken und sind, trotz des Grauens, vor dem man verzweifelt).

Gesellschaftlich werden diese Ängste und die Paniker ge-ächtet und ausgegrenzt – in der Rockszene gerne „rechte Schweine“ genannt. Diese individuelle und gesellschaftspolitische Wunde kann nicht behandelt werden, wenn sie ausgegrenzt und abgewehrt wird, sie verschlimmert sich und wird epidemisch. Als Generalmassnahme Gewalttäter „mit aller Härte des Gesetzes bestrafen“, „einsperren“ ist zwingend notwendig, darf aber nicht alles sein, da nur einsperren noch nie Aufklärung und Erkenntnisse und gesellschaftliche Verbesserungen eingebracht hat.
Ob man es nun wahrhaben will oder nicht.
Um Flüchtlinge wird sich also gekümmert. Und so empfinden es Teile der Bürger, von Enttäuschten, Armen, Ungebildeten, Pegida-Bürgern, bis zu militant gewordenen rechten Fanatikern, Kriminellen, Verirrte, Verblendete, psychisch Gestörte, überwiegend aufgrund von Un- und Falschbildung und sozialer und psychofamilierer Traumata, – in den untersten Schichten wie in den mittleren und Oberschichten! („… das Denken der Eltern prägt sich den Kindern unauslöschlich ein, und die am Tisch mit Nachdruck geäusserten Vorurteile der Väter haben im Ohr der Kinder den Klang ehrwürdiger Weisheiten …“, Franz Böhm, 1954, „Geleitwort der Studie des Frankfurter Instituts für Sozialforschung über die öffentlichen und nichtöffentlichen Meinungen im Nachkriegsdeutschland“). Letztere, Bildungsbürgertum, Bildungselite, Kapitalelite ha-ben das 20. Jahrhundert gemacht, nicht „Pack“, „Pöbel“, „Mob“, „Gesindel“. Mit derartigen Starkreden, herabsetzende Bezeichnungen für das einfache Volk!, eben „die Menschen draussen“, „die Menschen auf der Strasse“, wegen unkultivierten, asozialen, kriminelle Verhaltensweisen – auch das ist Denunziation statt Aufklärung – ist kein Staat zu machen.

„Gabriel war auch bei den Pegida-Leuten in Dresden, das kam nicht überall gut an.
Wieso eigentlich? Mein Kumpel Xavier Naidoo war in der Presse plötzlich ein Nazi, weil er mit diesen Leuten diskutie-ren wollte“, Til Schweiger.

Darüber hinaus sind es Begriffe aus der Zeit des Mittelalters, des politischen Absolutismus, mit staatlicher Wirtschaftsteuerung, zum Zwecke der Herabsetzung des einfachen Volkes.
„Pack“, „Gesindel“, „Pöbel“ stammt von Gepäck, Bündel das im Tross mitgeführt wird – was nun gerade zu den Flüchtigen passen würde und nicht zu den Sesshaften im Land. Und die Trossmannschaft waren die Gepäckträger der kämpfenden Soldaten in den Armeen, und sie galten als minderwertig, ähnlich wie heute Gepäckträger, Sherpas, „Assis“ etc.
Und „Mob“ bezeichnet den „Pöbel“ aus dem 18. Jahrhundert im englischen: „aufgebrachte, aufgewiegelte! Volksmenge, mobil, verselbständigt“. Elias Canetti schreibt in „Masse und Macht“, dass der Verlust der Individualität in der Masse als befreiend erlebt wird, die Menschen „ihre Verschiedenheiten loswerden und sich als gleiche fühlen“. Jetzt ist man wer, das „helle und dunkle Deutschland“ (auch keine aufklärende und verbessernde Begrifflichkeit, eher an die dunkelsten Zeiten Deutschlands erinnernd, als „Humanität mit Füssen“ getreten wurde, Hegel).
Solche Bezeichnungen sind auch eine Art „Tarnumhang“, verschleiern den realen Kern und damit Lösungsmöglichkeiten.
Das Bildungsbürgertum hat Kriege des 20. Jahrhunderts und Elend und Armut produziert, und mit der europäischen Politik seit den 50er Jahren die heutigen Flüchtlinge, nicht Ti Schweiger und seine Fan-Schichten, und auch nicht die Facebook-Hasser und nicht einmal die Gewalttäter mit Brandstiftung und Mordanschlägen.

„Aggressionen waren zu der Zeit, als wir in Höhlen lebten vermutlich ein Vorteil. Wir brauchten sie, um mehr Nahrung zu bekommen, um unser Territorium zu verteidigen oder mehr Partner zu gewinnen, mit denen wir uns fortpflanzen konnten. Doch jetzt drohen unsere Aggressionen uns alle zu zerstören. Wir müssen unsere Aggressionen durch Mitgefühl ersetzten“, sagte unlängst der Physiker Stephen Hawking.
Das gilt für alle `Seiten´.
Neben künstlerischen Kommunikationsweisen haben Men-schen eine Generalkommunikationsweise um – demokratisch – zu kommunizieren, Sprache, und die Sprache ist das Bewusstsein, die Bildung.
Til Schweiger lebt und bildet Sprache als Schauspieler, Synchronsprecher und als Drehbuchschreiber, und als „mündiger Bürger“, der „kein Blatt vor den Mund nimmt“. Und er handelt. Für Flüchtlinge. Und im Sinne der vielen Ehrenamtlichen, mit Stimme, aber ohne bedeutsame Wahrnehmung derselben.

30. August 2015